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CHRONIK

PUSTERTALER VOLLTREFFER

SEPTEMBER/OKTOBER 2018

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Wut, Hass, Enttäuschung,

Ohnmacht, Unrecht, Verzweif-

lung, Identitätsverlust – das ver-

spürten die einstigen Bewohner

des ehemaligen Dorfes Altgraun

als die Pläne des Montecatini-

Konzerns, vor denen sie sich

immer gefürchtet und bereits vor

dem Zweiten Weltkrieg gehört

hatten, zur Realität wurden. Mit

einem großen Staudamm sollten

Reschen- und Mittersee auf

1.497 m gestaut werden. Für den

Reschensee bedeutete dies eine

Erhöhung des Wasserspiegels

um 22, für den Mittersee um 27

Meter. Damit würde man die

Orte Graun vollständig und Re-

schen teils aufgeben müssen. Die

Enteignungen im „nationalen

Interesse zur Stärkung der natio-

nalen Industrie“ hatten bereits

1940/41 unter der faschistischen

Regierung stattgefunden und die

Entschädigungen waren niedrig.

Ein Recht auf Realersatz gab es

nicht. 1940 wurde mit den ersten

Bauarbeiten begonnen, die nach

der Besetzung Südtirols seitens

der deutschen Wehrmacht wie-

der zum Stillstand kamen. Die

Bevölkerung atmete auf, doch

nach Kriegsende baute man wei-

ter. Der Protest der Bürger ver-

mochte das Projekt nicht mehr

zu stoppen.

7.000 Arbeiter aus

Süditalien

Im März 1947 wurden die

Einwohner von Montecatini-

Das „Patschahaus“, aus dem

das „Schworz Trinele“ nicht

weichen wollte, steht imWasser.

Dorfansicht mit dem Dorfplatz, Ansicht gegen Norden.

Am 13. und 14. Oktober wird im Filmtreff Kaltern die traurige Geschichte des

Dorfes Altgraun, das in den 1950er-Jahren in den Fluten versank, als Dokumen-

tarfilm „Das versunkene Dorf“ gezeigt. Das Entreißen der Heimat zugunsten der

Stromindustrie blieb und bleibt für damals Betroffene immer ein Trauma.

Die Herzen der Menschen