ZEITGESCHICHTE
PUSTERTALER VOLLTREFFER
SEPTEMBER/OKTOBER 2018
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Brenner. Dort übernahm uns
das Deutsche Rote Kreuz.“ In
Innsbruck wurde Schwember-
ger gemustert. „Doch ich war
zu klein und deshalb nicht taug-
lich.“ Da die Stadt heillos mit
Auswanderern überfüllt und
deshalb kein Platz war, schickte
man die Familie weiter nach
Kennelbach (Bezirk Bregenz,
Vorarlberg). „Aber wir waren
bei den dortigen Einheimi-
schen natürlich nicht willkom-
men, weil sie selbst nichts hat-
ten.“ Im Gasthof Krone kam
die Familie unter.
1942
Die Mutter schaffte es nach
einem halben Jahr – im Herbst
1942 – mit ihren Kindern nach
Lienz weiterreisen zu dürfen. „In
der Schlossgasse erhielten wir
eine Gemeindewohnung, und ich
wurde gleich wieder gemustert.
Aber erneut stellte man Untaug-
lichkeit fest. Zu meinem großen
Pech“, schmunzelt Schwember-
ger. Der Vater war schon lange im
Kriegsdienst auf der Inselgruppe
Lofoten in Norwegen, wo er
Kriegsgefangene bewachte, die
gerade den Atlantikwall errichte-
ten. Der Sohn wollte dann bei
einem Schuhmacher in Lienz ar-
beiten. „Aber ich sollte nach Ab-
faltersbach zu einem Nazi und
Ortsgruppenleiter.“ Doch der
junge Mann wollte zum Schuh-
händler Falkner nach Lienz, weil
der Betrieb näherlag. Er ging mit
dem Anliegen aufs Arbeitsamt.
„Dort drohte mir der Leiter aber
sofort mit dem KZ Dachau,
wenn ich nicht augenblicklich
wieder nach Abfaltersbach fahre.
Was Dachau wirklich war, wusste
ich nicht einmal.“ Der Chef des
Betriebes Falkner hatte nicht die
„richtige Gesinnung“, weil er
kein Hitler-Anhänger war.
„Wie es der Teufel
haben will“
Als der Vater kurz vom Kriegs-
dienst Urlaub machte, brachte er
ein Paket von jemandem für eine
Person in Lienz mit. „Wie es der
Teufel haben will, war das Paket
für den Arbeitsamt-Leiter be-
stimmt. Der Vater marschierte
dort mit seiner Uniform und Hit-
lerbinde auf, grüßte mit ‚Heil
Hitler‘, überreichte dem Leiter
das Paket und stellte mich als sei-
nen Sohn vor. Das wirkte Wun-
doch es kamen so viele Bom-
benflüchtlinge aus Deutsch-
land, dass es gar keinen Platz
gab.“ Als der Vater nach St. Lo-
renzen zurückwollte, ließ man
ihn nicht mehr. „Deshalb trafen
wir uns mit ihm öfters am
Grenzübergang in Arnbach.“ Er
musste allerdings bald einrük-
ken. Und es dauerte nicht
lange, dann erreichte die Mutter
die Nachricht: Sie müsse mit
ihren Kindern innerhalb von 24
Stunden Südtirol verlassen.
Wehrpflichtig
„Ich war gerade fast mit der
Schuhmacherlehre fertig und
bereits wehrpflichtig. Und da
bereits viele Soldaten gefallen
waren, brauchte man dringend
Nachschub. Deshalb holte man
sich die jungen Burschen, deren
Eltern für Deutschland optiert
hatten.“ In der Früh standen
zwei Carabinieri vor der Tür.
„Sie brachten uns auf den
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Im Gasthof Krone in Kennelbach (Vorarlberg) kam Schwemberger, damals ein Jugendlicher, mit
seiner Mutter und den jüngeren Brüdern nach der Auswanderung aus Südtirol unter.