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Die Sonnseiten
Nummer 60 - August 2018
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er 62 - April 2019
...doch mit des Geschickes Mächten ist kein ewger
Bund zu flechten und das Unglück schreitet schnell...
An diese Verse von Fried-
rich Schiller mögen manche
gedacht haben, als sich am
Abend des 19. Jänner 2019
die Nachricht vom Lawinen-
tod des „Ackerer Hermann“
Herrn Hermann Neumair ver-
breitete und tiefe Betroffen-
heit und Trauer auslöste.
Seit dem Begräbnis von Alt.-
Bgm. Peter Duregger 1991
habe unser Friedhof keine so
große Menschenmenge mehr
gesehen, wie am Freitag, den
25. Jänner, als es galt, von
Hermann Neumair Abschied
zu nehmen. Bergkameraden
aus nah und fern, Mitglieder
der „Alpenraute“, Arbeitskol-
legen, Freunde und Nachbarn
- der Trauerfamilie tief ver-
bundene Menschen - gaben in
aufrichtiger Teilnahme dem
Hermann das letzte Geleit. In
berührender Weise gewährte
seine Tochter Katrin zu Be-
ginn des Trauergottesdienstes
einen Einblick in das Leben
ihres Vaters:
„
Mein Papa Hermann wurde
1951 in Gaimberg am Ackerer-
hof geboren. Den Großteil
seiner Kindheit, elf Sommer
lang, verbrachte er mit seiner
Großmutter als Hirtenjunge
im Debanttal, inmitten der
Dreitausender der Schober-
gruppe. Mit 14 Jahren stieg
er mit seiner Tischlerlehre ins
Berufsleben ein. Bei der Ab-
leistung seines Präsenzdiens-
tes als Hochgebirgsjäger kam
er 1970 erstmals in Kontakt
mit dem „Dolomitenfels“. Im
Jahre 1972 erfolgte ein beruf-
licher Umstieg, vom Tischler
zum gerüstlosen Kirchturm-
restaurator bei seinem „On-
kel“, (dem Ehemann seiner
Tante Maria!) dem „Blasl
Sepp“. Unter ihm - als beruf-
lichen wie bergsteigerischen
Lehrmeister - arbeitete er
zehn Jahre lang als Kirch-
turmdecker. Die Entwicklung
als Bergsteiger nahm so ihren
Lauf. Vor allem Papas Zeit
in Südtirol und seine dort
gewonnenen Freunde präg-
ten ihn sehr. Verschiedenste
Touren in den heimischen
„Lienzer- und Südtiroler Do-
lomiten“ bildeten wohl die
Grundlage für höher gesteck-
te Ziele im fernen Kaukasus-
und Himalaya-Gebirge.
1981 verschlug es ihn letzt-
endlich in das Vermessungs-
amt Lienz, 25 Arbeitsjahre
verbrachte er dort als Ver-
messungstechniker.
Seine Frau Waltraud Sieber
lernte er 1982 kennen. Die
Liebe zu ihr und ihrer Toch-
ter Carmen wurde ein Jahr
später durch die Hochzeit
besiegelt. Zwei weitere Kin-
der - Daniel und Katrin - ver-
vollständigten die Familie in
unserem Heim in Untergaim-
berg. Letztes Jahr feierten
Papa Hermann und Mama
Waltraud den 35. Jahrestag
ihrer glücklichen Ehe.
Der Familie zuliebe legte
mein Papa in den 80er Jahren
eine Pause vom Extremberg-
steigen ein. Er widmete seine
Zeit fortan der Gemeindepo-
litik und der Vereinsarbeit
als Obmann der Gaimberger
Sportunion. Es sollte viele
Jahre dauern, bis er seine
große Leidenschaft, das „Hö-
henbergsteigen“, wieder auf-
nehmen konnte. Leider blieb
ihm dabei der Gipfelsieg über
die angestrebten Achttausen-
der Gipfel verwehrt. Schwe-
ren Herzens akzeptierte er es,
dass „die Götter nicht gestört
werden wollten.“
2012 startete Hermann ver-
dient in den Ruhestand - doch
Ruhe herrschte bei ihm den-
noch nur selten. Seine Beine
konnte er nie ruhig halten.
Er bestieg weiterhin seine
geliebten heimischen Berge,
reiste mit seinen Kindern ans
andere Ende der Welt oder
half bei unterschiedlichsten
Bauprojekten mit. Aufop-
fernd kümmerte er sich zu-
dem gemeinsam mit seiner
Frau Waltraud jahrelang um
seine pflegebedürftige Mutter
Balbina bis zu deren Tod im
Juli letzten Jahres. Vor allem
aber nahm er seine Rolle als
fürsorglicher Ehemann und
liebevoller Papa sehr ernst.“
Dekan Dr. Franz Troyer zele-
brierte mit Vikar Stefan Bod-
ner den Trauergottesdienst,
passend umrahmt durch die
Musikgruppe „Hornflakes“.
Neben den Abschiedsklängen
der Musikkapelle Gaimberg
beendete die Melodie „
Ale-
gría“
(spanisch /bedeutet
Freude/leichter
fröhlicher
Gesang)
die Feierlichkei-
ten an der Urnenanlage des
war er Mitglied der Eisen-
bahner Stadtkapelle Lienz),
gehörte unserer Musikkapelle
durch 25 Jahre hindurch an.
In den Jahren von 1973-1998
oblagen ihm auch verschie-
dene Funktionen, wie Stab-
führer und Kapellmeister-Stv.
Als Tubist und Posaunist gab
er sein Wissen und Können
gerne und gekonnt an Jüngere
weiter. Eine besondere Freu-
de sah er im Umstand, dass
zeitweise drei seiner Söhne
ebenfalls die Musikkapelle
durch ihre Musikalität instru-
mental bereicherten. Für das
beispielhafte
Engagement
im örtlichen Vereinswesen
sage ich an dieser Stelle ein
aufrichtiges „Vergelts Gott“!
Und so ist es als ein klares
Bekenntnis des Respektes
und der Dankbarkeit zu se-
hen, wenn sich der Klangkör-
per nun mit dem „Guten Ka-
meraden“ verabschiedet.
Seiner Familie, seinen Weg-
gefährten und Freunden, Mit-
arbeitern und allen, die den
Verstorbenen geschätzt haben
und nun vermissen, bleibt die
lebendige Erinnerung und die
tröstliche Gewissheit, dass
wir dem Heimgegangenen
ein ehrendes Gedenken be-
wahren.
Lieber Heinrich -
ruhe in Frieden!“
Eine große Trauergemeinde
gab dem Verstorbenen die
letzte Ehre. Dekan Dr. Franz
Troyer leitete das Kondukt,
den Gottesdienst umrahmte
der Männerchor Matrei un-
ter der Leitung von Christof
Karré. Er ließ die Anwesen-
den auch recht berührend
am Lebenslauf seines Vaters
teilhaben, es ist dies ein Bild
eines lebendigen Familien-
lebens aus den vergangenen
Jahrzehnten und verdient es,
in einem eigenen Beitrag in
den nächsten „Sonnseiten“
erzählt zu werden.
† 19.01.2019
Hermann Neumair
Foto: privat