Previous Page  52 / 60 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 52 / 60 Next Page
Page Background

52

52

Die Sonnseiten

Nummer 60 - August 2018

Nachrufe

i

i n

Nummer 62 - April

9

„Die Gossacher Lene“...

„...diese Frau ist keine Person,

sondern eine Institution“ (Zi-

tat P. Günther Allmenroeder

SJ), als er von der „Lene“

ein Paar ihrer beliebten So-

cken überreicht bekam. Man

mag sich gerne an die Jahre

erinnern, wo die „Gossacher

Leute“ Josef und Helene

Tscharnig im Sommer Sonn-

tag für Sonntag den Gottes-

dienst im St. Michaelskirchl

am Zettersfeld besucht haben.

Und man denkt dankbar und

gerne zurück an so manche

Erzählungen, geboren aus

Lebenserfahrungen, Erleben

und Meistern von Freude und

Leid in schwieriger Zeit. Es

war ein durchaus lehrreicher

und interessanter Abschnitt in

den vergangenen Jahrzehnten

um die „Wachtlechner Mat-

hilde“, die „Gossacher Lene“,

die „Woanig Lene“ und die

„Grießmann Gretl“, die sich

nach dem Gottesdienst öfters

zum Mittagessen im „Kol-

ping-Jugendheim“

zusam-

menfanden. Dabei fiel auch

das erwähnte Zitat des lang-

jährigen „Zettersfeldpfarrers“

P. Allmenroeder. Er meinte

damit die Bedeutung, die ei-

ner Bäuerin und Mutter von

10 Kindern im gesellschaftli-

chen Bereich, der dem

Wohl

und Nutzen des Einzelnen

oder der Allgemeinheit dient,

zusteht. Und nun hat sich am

30. Jänner 2019 ihr Lebens-

kreis geschlossen. Am Licht-

meßtag, dem 2. Feber nahm

eine überaus große Trauerge-

meinde Abschied von Helene

Tscharnig.

Ihre Enkelin Helene Fleißner-

Rieger ließ die Anwesenden

an einem inhaltsreichen Le-

ben teilhaben: „Unsere Oma,

Helene Tscharnig, geb. Koll-

nig, wurde am 15. Juli 1928

am „Zeinerhof“ in Ober-

nussdorf als drittes von acht

Kindern geboren. Schon früh

erlebte sie Abschied und Ver-

lust. Den Tod zweier Brüder

im Säuglingsalter, aus dem

Zweiten Weltkrieg kehrte der

älteste Bruder nicht mehr

zurück, einen Bruder ver-

lor sie durch eine schwere

Krankheit. Einen weiteren

schweren Schicksalsschlag

im Alter von sechs Jahren

hatte sie durch den Tod ihres

Vaters zu verkraften. Durch

die zusätzliche Krankheit der

Mutter musste sie 1934 ins

Elternhaus ihrer Mutter zum

„Opperer“ nach Oberlienz

übersiedeln, wo sie die ersten

zwei Volksschuljahre besuch-

te und dort ihre Hl. Erstkom-

munion feierte. Die restlichen

Schuljahre verbrachte sie in

der Volksschule im Debant-

tal, sie lebte dort am „Ober-

wainighof“ und half bei den

täglichen Arbeiten in Haus

und Hof mit.

Nach dem Besuch der Haus-

haltungsschule im Mölltal

kehrte sie wieder auf den

„Zeinerhof“ zurück und über-

nahm diesen nach dem Tod

ihrer Mutter. In dieser Zeit

lernte sie den „Gossacher-

bauer“, Josef Tscharnig aus

Gaimberg, kennen, heiratete

ihn wenig später und bewirt-

schaftete gemeinsam mit ihm

die zwei Bergbauernhöfe.

Mit großer Liebe versorgte

sie als Bäuerin das ihr an-

vertraute Vieh, den Garten

und die Blumen. Die Ehe mit

Josef war mit 10 Kindern ge-

segnet. Unter dem Tod zweier

Buben wenige Monate nach

der Geburt hat sie sehr gelit-

ten. Doch viel Freude durfte

sie später mit ihren 25 Enkeln

und 17 Urenkeln erleben.

Nachdem die beiden Höfe in

die Hände des ältesten und

jüngsten Sohnes übergeben

wurden, konnte sie mit un-

serem Opa viele Sommer auf

der „Zeineralm“ genießen. In

dieser Zeit besuchten sie auch

oft und gerne die sonntägli-

che Messe im Michaelskirchl

am Zettersfeld. Dort, auf den

Hochalmwiesen, verbrachte

sie auch viele Tage „beim

Schwarzbeer‘n- und Grant‘n

klauben“. Sie hatte auch viel

Freude am Sammeln der

Bergkräuter und Blumen zum

Binden der „Frauenbuschn“,

darin war sie der bäuerlichen

Dorfgemeinschaft eine tra-

gende Stütze und wertvolle

Hilfe. Ihre wohl größte Lei-

denschaft war das Spinnen

der Schafwolle, davon strick-

te sie viele Trachtenjanker

und Socken.

Mit ihrem Ehemann Josef

durfte sie im Jahr 2000 die

Goldene Hochzeit feiern.

Anfang des Jahres 2007 Jah-

re ging ihr unser Opa im Tod

voraus. Vor zwei Jahren starb

auch ihr jüngster Sohn Alois

Das Ehepaar Helene und Josef Tscharnig genoss viele Som-

mer auf der „Zeineralm“.

Das Spinnen mit Schafwolle war die größte Leidenschaft von

der „Gossacher Lene“.

Fotos: privat