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Seite 34

‘s Blatt‘l

Dezember 2018

Chronik

Heute ist es keine Seltenheit mehr,

dass jemand für längere Zeit seine

Heimat verlässt und sich aufmacht,

um andere Länder zu erkunden. Und

wenn jemand nach langer Zeit wieder

heimkehrt, so ist es selbstverständ-

lich, dass es sehr viel zu erzählen

gibt und hunderte von Fotos werden

gezeigt und so kann die Zeit in der

Fremde daheim im Kreis von Familie

und Freunden immer wieder als schö-

ne Erinnerung ablaufen.

Alois Plattner hat fünf Jahre in der

Fremde verbracht, doch war es alles

andere als Urlaub oder Erkundung.

Krieg, Hunger, Morden, Sterben und

Gefangenschaft waren seine Erleb-

nisse, die er im Dezember 1948 mit

nach Hause zum Plattner gebracht

hat.

Der Krieg brachte fast in jede Fami-

lie viel Leid und auch die Nachkriegs-

jahre waren von Entbehrung gezeich-

net. Viele seiner Bekannten hatten

auch ein schweres Los zu tragen und

so hat der Plattner Lois einfach seine

verlorene Jugend hingenommen. Er

hat die Fotos, Briefe und Dokumente

aus jener Zeit in eine Mappe gelegt.

Das Sterben und das Leid wurde zwi-

schen zahlreichen Kartons im Erin-

nerungsalbum abgelegt und der Lois

hat sein Leben mit 22 Jahren wieder

in die Hand genommen – als Hirte

im Michelbachtal und als Holzknecht.

1960 heiratete er Theresia Wibmer

vom Pedarnighof in Göriach. Einige

Jahre war die Familie beim Krämer in

Schlaiten einquartiert, der zum Platt-

ner gehörte. Es folgte die Waldauf-

seherausbildung in Rotholz, der Bau

eines Eigenheimes in Tristach und die

Übersiedelung dorthin und eine jahr-

zehntelange Tätigkeit als Stadtförster

in Lienz.

Seine lange zurückliegenden Erleb-

nisse im ehemaligen Jugoslawien be-

hielt er für sich. 60 Jahre sind seit der

Heimkehr aus der Kriegsgefangen-

schaft vergangen. Aus diesem Anlass

haben wir den Plattner Lois gebeten

uns etwas über diese schreckliche

Zeit zu erzählen. Vor einigen Wochen

hat der Lois im vollen Gemeindesaal

seine Erlebnisse erzählt und wahr-

scheinlich hatten dabei viele Zuhö-

rer mit ihren Emotionen zu kämpfen.

Martina Holzer, Redakteurin beim

Osttiroler Boten hat das Interview mit

den Lois geführt und die Geschichte

im Osttiroler Bote - Ausgaben 45 u.

46/2018 veröffentlicht.

Die Gräuel des Krieges

kehrten beim Plattner schon früh ein.

Anton, der um 3 Jahre ältere Bruder

von Alois Plattner war ein ganz nor-

males Kind. Als junger Bub steckte

er im Winter zum Abkühlen seinen

Kopf ins eiskalte Wasser im Trog vor

dem Haus. Ein Schlaganfall und eine

schwere psychische Beeinträchtigung

waren die Folge. Anton hatte aber

seinen Platz in der Geborgenheit der

Familie – bis zum Kriege. Er wurde

nach Klagenfurt „abtransportiert“ mit

dem Versprechen, dass man solchen

Menschen nur dort helfen könne.

Plattner Lois - Krieg/Hungermarsch/Gefangenschaft und Heimkehr - 1943 bis 1948

Auch nach den vielen Jahrzehnten fiel es Alois Plattner nicht leicht, das Fotoalbum

mit Leopold Gantschnig aufzuschlagen und die Erlebnisse dieser grauenhaften Zeit

zu schildern.

Die Familie Plattner traf das Schicksal immer wieder. Erst mit der Ermordung vom

jungen Anton im Dezember 1942, dann mit der Hinrichtung seines Onkels Lorenz im

März 1943 und schließlich mit dem Tod der kleinen Maria im Mai 1943.