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100 Jahre ist es her,
seitdem der Gebirgs-
krieg begann und
das kleine Bergdorf
Kartitsch mitten ins
Kriegsgeschehen ver-
setzte. Deshalb beginnt
die Gemeinde Kartitsch
mit einer Ausstellung,
die am 29. Mai eröffnet
wird, nun mit Maß-
nahmen zur Erinnerung
und zur Bewusstseins-
bildung.
Der Erste Weltkrieg offen-
barte auch in Kartitsch bzw. am
Karnischen Kamm all seine
schrecklichen Facetten. „Er
prägte das Schicksal des Dorfes
Kartitsch maßgeblich in allen
Lebensbereichen“, erzählt Bür-
germeister Josef Außerlechner.
Der Kriegseintritt Italiens und
die Eröffnung der Front am
Karnischen Kamm versetzten
Kartitsch, das nun im unmittel-
baren Kriegsgebiet lag, ab 1915
noch mehr als zuvor in einen
Ausnahmezustand.“
Militär war überall
Das Dorf wurde vom Militär
vollkommen in Beschlag ge-
nommen und der Lebensalltag
der Bevölkerung von dessen
Präsenz und der Nähe zur
Front bestimmt. Außerlechner:
„Die Schau soll den Menschen
von heute den Krieg am Berg,
vor allem aber auch den Krieg
im Tal vor Augen führen. Im
Tiroler Gailtal waren damals an
die 6.000 Soldaten stationiert.
Hinzu kamen noch bis zu 600
russische und serbische Kriegs-
gefangene.“ Deshalb wollen
heutzutage die Menschen im
Ort den Wahnsinn, den ihre
Vorfahren dort erleben muss-
ten, nie mehr wieder vergessen
und Maßnahmen zur Erinne-
rung setzen.
„Pro Patria“
Der Startschuss für die groß-
angelegte Vision erfolgt mit
der Ausstellungseröffnung „Pro
Patria – Kartitsch 1914 bis
1918“ am 29. Mai im Kartit-
scher Gemeindesaal. 320 Expo-
nate werden ausgestellt. „Die
Schau beschäftigt sich mit den
dauerhaften Zäsuren, die die
Kriegsjahre in Kartitsch und
Umgebung hinterlassen haben“,
informiert Gemeindeamtsleiter
Anton Goller. Im Fokus stehen
das Leben der Bevölkerung, die
Nähe zur Karnischen Front und
die allumfassende Militarisie-
rung eines kleinen Bergdorfes.
Anhand von Einzelschicksalen
aus dem Dorf, Fotografien und
Exponaten (Handgranate, Fern-
gläser, Hundeschlitten, Schul-
hefte etc.), die großteils aus Fa-
miliebesitz stammen, werden
der Einfluss der Kriegsereig-
nisse auf das tägliche Leben,
der Tagesablauf der Dorfbe-
wohner aller Altersstufen sowie
die Nachwirkungen und Hinter-
lassenschaften des Krieges bis
in die Gegenwart gezeigt.
Vom Gemeindesaal bis
zum Dorfplatz
„Wir haben für die Ausstellung
den Gemeindesaal völlig verbaut.
Mit altem Holz gestalteten
wir unter anderem eine Hütte
und Bergkulissen“, informiert
Gemeindeamtsleiter Goller. Es
gibt auch eine 4 x 1,80 m große
Übersichtskarte, auf der alle
vom Militär benutzten Gebäude,
Straßen, Seilbahnen etc. markiert
sind (Tassenbach bis Leiten).
Auch im Freien spielt der
Erste Weltkrieg eine große
Rolle. Unter anderem auf dem
Dorfplatz und auf dem Krieger-
friedhof. Die Ausstellung „Leid
und Tod“ mit vielen Bildern
aus Kartitsch in der Zeit des
Ersten Weltkrieges wird ebenso
zu sehen sein. Vor der Auf-
bahrungshalle werden die
Sterbebilder aller 46 Gefallenen
des Ortes gezeigt. „Der jüngste
war bei seinem Tod 15 Jahre
alt. Er war Standschütze am
Karnischen Kamm, starb am
9. Juli 1915 (Filmoor) und hieß
Josef Egger (‚Oberniggler’).“
Geführte Wanderungen zu
den Stellungen am Karnischen
Kamm und Vorträge runden das
Gedenkprogramm ab.
CHRONIK
PUSTERTALER VOLLTREFFER
MAI/JUNI 2015
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Aufgrund der hohen Opferzahlen mussten rasch Särge angefertigt werden.
V. l.: Buchautor Ludwig Wiedemayr, Baggerfahrer Markus Jeller, Historiker Martin Kofler, Bgm.
Josef Außerlechner.
Kartitsch kämpft ge
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