VP 2015 05 - page 34

CHRONIK
PUSTERTALER VOLLTREFFER
MAI/JUNI 2015
34
Und welche Probleme hatten
die Eltern mit den Kindern?
Mair:
„Die meisten der be-
treuten Eltern waren mit den
Verhaltensweisen der Jugendli-
chen schlicht überfordert. Teil-
weise legten diese aufgrund
schwerwiegender psychologi-
scher Probleme Verhaltenswei-
sen an den Tag, die eine zeit-
weilige Unterbringung von
Kindern in einer Betreuungs-
stätte notwendig machten. Die
Erziehungsressourcen der El-
tern waren durchwegs sehr be-
grenzt, wobei manche Eltern
auch die Hilfe von Therapeuten
beanspruchen mussten.“
Wie viele Meldungen von
Schulverweigerern gingen im
Vorjahr ein?
Mair:
„19. Sie kamen von
den Mittel- und Oberschulen
des Pustertales, die zudem die
Staatsanwaltschaft beim Ju-
gendgericht in Bozen über die
Situation informierten. Die vor
zwei Jahren unterzeichnete Ver-
einbarung zwischen dem
Schulamt, dem Jugendgericht
und den Sozialsprengeln zur
Unterstützung der Familien von
Schulverweigerern hat die Kon-
taktaufnahme mit den Betroffe-
nen und deren Begleitung maß-
geblich verbessert.“
Wie schaut es mit dem Can-
nabiskonsum bei den Jugend-
lichen aus?
Mair:
„Bei den 161 begleite-
ten Jugendlichen im Alter von
15 bis 18 Jahren ist ein Anstieg
an Cannabiskonsum zu ver-
zeichnen. Der Konsum des
Rauschmittels nahm bei meh-
reren jungen Menschen sucht-
ähnliche Verhaltensweisen an.
Die Zusammenarbeit mit dem
zuständigen Dienst des Sani-
tätsbetriebes war hilfreich.“
Wie viele Kinder wurden in
Pflegefamilien gegeben?
Mair:
„Im vergangenen Jahr
wurden 16 Kinder in Pflege-
familien aufgenommen. Davon
waren zehn Kinder in Vollzeit-
pflege untergebracht und sechs
Kinder in Teilzeitpflege. Die
Eltern der Kinder in Pflege hat-
ten damit die Möglichkeit sich
auf eine persönliche neue Le-
bensorientierung einzulassen.“
Von der „Sozialpädagogi-
schen Grundbetreuung“ wur-
den im Vorjahr auch 528 Er-
wachsene begleitet und unter-
Herr Mair, wo gibt es im Pus-
tertal überall „Sozialpädagogi-
sche Grundbetreuung“?
Mair:
„Sie geht von den So-
zialsprengeln Bruneck-Umge-
bung, Tauferer-Ahrntal, Hoch-
pustertal und Gadertal aus.
Man berät und unterstützt Fa-
milien und Alleinerziehende
mit Kindern und Jugendlichen
sowie Erwachsene, die sich in
einer persönlichen oder fami-
liären Notsituation befinden.“
Was waren die Hauptpro-
bleme der Kinder und Jugend-
lichen?
Mair:
„Besonders stark be-
einträchtigt wurde das Heran-
wachsen der Kinder durch teils
heftige Konflikte innerhalb der
Familie, insbesondere zwischen
den Eltern. Den Betroffenen
setzten die zunehmenden finan-
ziellen Engpässe, die Gewaltaus-
brüche zwischen den Familien-
mitgliedern und das brüchige
Beziehungsgefüge arg zu. Die
Eltern kontaktierten den Fach-
dienst meist erst bei akuten
Familienproblemen. Obwohl
fast alle betreuten Familien viel-
schichtige Sozialproblematiken
aufwiesen, versuchte etwa jedes
dritte Elternteil aktiv seine
Familiensituation zu verbessern.
Dabei konnte er eine Vielzahl er-
zieherischer Angebote des Fach-
dienstes in Anspruch nehmen.“
An die 500 Kinder und Jugendliche und über 500 Erwachsene aus dem
Pustertal mussten wegen großer Schwierigkeiten von der „Sozialpädagogi-
schen Grundbetreuung“ im Vorjahr begleitet werden. Gebhard Mair, Direk-
tor der Sozialdienste Pustertal, erklärt im „PVT“-Interview die Gründe.
Familiensituation
der Kinder
Kinder verheirateter
Eltern: 198
Kinder getrennter/
geschiedener Eltern: 177
Kinder von zusammen-
lebenden Eltern: 49
Kinder alleinerziehender
Eltern: 50
Halb-/Vollweisen: 21
Gebhard Mair, Direktor der
Sozialdienste Pustertal.
Über 1.000 Pustertaler
brauchten dringend Hilfe
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