VP 2015 05 - page 20

PORTRAIT
PUSTERTALER VOLLTREFFER
MAI/JUNI 2015
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halt einige Zeit bis die Kinder
das Vertrauen haben, dass sie
jetzt dableiben können. Sie
waren ja zuvor auf ein bis drei
Stationen – unter anderem bei
Krisenpflegeeltern.“
Wechselnde
Bezugspersonen
Die Kinder können es laut
Waldner auch schwer aushal-
ten, wenn einmal Elternkontakt
da ist, dann wieder nicht. „Das
bringt die Kinder komplett
durcheinander, und es kommt
dann negativ Erlebtes im Kind
wieder hoch, oft auch in der
Pubertät. Wir schauen dann,
dass wir ihnen mittels Therapie
über die besonders schwierigen
Zeiten helfen können.“
„Man weiß zwar, was die
Kinder vor der Zeit im Kinder-
dorf oftmals Schlimmes mitge-
macht haben. Aber man darf
ihre Geschichte niemals zur ei-
genen machen, ansonsten ent-
wickelt sich Hass auf die El-
tern.“ Es gibt auch Supervision.
„Wenn sehr große Probleme
bestehen, ist auch unser Chef,
Guido Fuss, da“, erklärt Jo-
hanna Waldner, die es sehr
schön findet, wenn die Eltern
sich so weit stabilisieren, dass
die Kinder wieder zu ihnen zu-
rückkehren können.
Lange Begleitung
So durfte ein Geschwister-
paar im vorigen Jahr wieder
heim zu seinen Eltern nach
Klagenfurt. „Nach neun Jahren
bei mir bzw. in unserer Familie.
Aber es besteht weiterhin ein
guter Kontakt zu ihnen. Die
beiden waren zu Weihnachten
bei uns, und die Kinder schrei-
ben sich gegenseitig.“ Doch
etwa von Nebosja weiß Jo-
hanna, dass er bleiben wird. „Er
wird im Übrigen im heurigen
Sommer auf dem elterlichen
Hofner-Hof in Maria Luggau
mithelfen, den mein Bruder
Hans führt. Ihm taugt die Arbeit
Bei Johanna Waldner hat
man das Gefühl, dass sie in
ihrem Leben „angekommen“
ist, den Sinn ihres Lebens in
ihrer Berufung als Kinderdorf-
mutter fand. „Ja, diese Arbeit
wurde zu meinem Lebensmit-
telpunkt. Ich bin Tag und Nacht
da – fast das ganze Jahr. All
meine privaten Sachen sind
auch in der Wohnung“, erzählt
Waldner, die derzeit sechs
Kinder im Alter von vier bis
13 Jahren im SOS-Kinderdorf
Nußdorf-Debant umsorgt. Die
Zuneigung, die besonders die
kleinen Kinder brauchen, ver-
mag die 54-Jährige ihnen
sehr wohl zu geben. „Ich lebe
meinen Job wie eine Mama.
Und die Kinder sehen das auch
so. Sie sind gerne hier.“ Die
Familie im Kinderdorf sei ihr
Zuhause geworden. „Es dauert
„Ich bereue keine Sekunde“
Johanna Waldner (54) aus Maria Luggau ist SOS-Kinderdorfmutter. Sie be-
reut keine Sekunde, dass sie diesen herausfordernden Weg einschlug. Im
Jahr 2005 startete sie mit fünf Kindern.
Daheim in der „Luggaue“ mit Mutter Maria (†) und Schwester Eva.
Johanna Waldner
ist mit großer
Leidenschaft
SOS-Kinderdorf-
mutter.
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