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Die Sonnseiten
Nummer 60 - August 2018
Nachrufe
Liebe zur Natur wurde ihr
schon in die Wiege gelegt.
Im Hause „Franzl“ legte man
großen Wert auf Religiosität,
Tradition, Zusammenhalt und
Achtsamkeit vor der Natur.
Mit ihren Geschwistern half
sie schon früh im Haushalt
und auf dem Feld mit. Es
wurde Korn angebaut, in der
Mühle gemahlen und eigenes
Brot gebacken. Die Bauernfa-
milie war Selbstversorger.
Beim „Lecktragen“ in die
Gaimberger Alm lernte Oma
unseren Opa, den Gasser
Tone, kennen. Im Mai 1949
holte er die Oma, als „Franzl
Nannele“ bekannt, vor den
Traualtar. Geheiratet wurde
im Marienwallfahrtsort Ab-
sam.
Das kleine, schmucke Haus
beim „Gasser“ in der Wart-
schensiedlung war von nun
an Omas Lebensmittelpunkt.
Mit Opa und dem Urgroß-
vater bewirtschaftete sie
den kleinen Bauernhof. Sie
schenkte neun Kindern das
Leben, mit Überzeugung,
dass Gott das so gewollt hat.
So blicken die „Gasser Kin-
der“ auf eine wunderschöne
Kindheit zurück: nicht im
Überfluss aufgewachsen, je-
doch mit viel Herzenswär-
me, Freiheit, Wertschätzung,
Rücksichtnahme, eben mit
dem guten Gefühl, geliebt
zu sein. Oma verbrachte mit
unserem Opa viele Sommer
als leidenschaftliche Senne-
rin auf den verschiedensten
Almen: Gaimberger Alm,
Unterhuber Alm, Wellalm,
Tüchlalm und Lackneralm
in Kärnten und auf der Thur-
ner Alm. Wenn es irgendwie
möglich war, scheute Oma
keine Entfernungen, um wäh-
rend der Almzeit zu Fuß eine
Sonntagsmesse zu besuchen.
So ging sie regelmäßig von
der Thurner Alm bis zum St.
Michaelskirchl auf dem Zet-
tersfeld zur Messfeier.
Oma galt als eine große Ver-
ehrerin der Gottesmutter. So
war der „Hohe Frauentag“ am
15. August ein Pflichttermin,
um einen „Frauenbuschen“
mit vielzähligen Kräutern aus
Gottes Natur weihen zu las-
sen. Immer schon mit der Na-
tur verbunden, war sie ja eine
wahre Kräuterkennerin. Auch
suchte Oma gerne besondere
Kirchenbauten auf, um die
Vielfalt der schönen Gottes-
häuser kennenzulernen.
Sie legte viel Wert auf eine
gediegene Traditionspflege.
Da sie gerne Bäuerin war,
trug sie mit Überzeugung und
Freude
Trachtenkleidung,
bei deren Auswahl sich ihr
guter Geschmack zeigte. Die
Festtagstracht, das „Bäuri-
sche G’wand“ mit Bänderhut,
wurde bei Prozessionen mit
Würde getragen. Eigentlich
kennen wir unsere Oma fast
nur in Trachten- und Dirndl-
kleid, was ihr überaus gut
stand.
Eine große Stärke unserer
Oma war ihre positive Le-
benseinstellung. Der tägli-
che Spruch lautete: „Olles
in Gott´s Nom‘n!“ Gefügt in
Gottes Willen nahm sie auch
den Unfalltod des 19-jährigen
(ältesten) Sohnes ergeben an
und reifte somit wohl in ih-
rem religiösen Leben.
Vor 20 Jahren begann ihr
Augenleiden. Omas Sehkraft
wurde immer schwächer.
Sie bewahrte trotzdem ihren
Lebensmut und suchte neue
Wege, um damit gut um-
gehen zu können und ihre
Pläne nicht einschränken zu
müssen. Fast jeden Donners-
tag fuhr sie mit dem Taxi zur
Klosterkirche. Sie feierte dort
die Hl. Messe und gönnte sich
anschließend einen Kaffee
und ein Stück Kuchen. Beim
Überqueren der Straße ver-
traute sie auf ihren Schutzen-
gel und auf den Blindenstock.
Viel Zeit und Zuwendung
schenkte sie alten Leuten im
Altenheim. Bekannt war sie
auch auf dem Bauernmarkt.
Sie kaufte gerne regionale
Produkte.
Oma hatte ein großes Herz.
Ihre acht Kinder, Schwieger-
kinder, 17 Enkel und sieben
Urenkel hieß sie in ihrem
Haus liebevoll willkommen.
Sie hatte ein offenes Ohr für
alle, zeigte immer Interesse
durch das Nachfragen, wie es
jedem einzelnen geht. Gast-
freundschaft wurde großge-
schrieben.
Omas tiefe Religiosität zeigte
sich auch im Besuchen vieler
Wallfahrtsorte. Ein prägendes
Erlebnis war die Reise nach
Israel - „ins Heilige Land“.
Weitere Pilgerreisen führten
sie nach Rom, Lourdes, Pa-
dua und Medjugorje. Begeis-
tert nahm sie auch Primizfei-
ern wahr und ganz besonders
lag ihr die „Fatimawallfahrt“
nach Thurn am Herzen. Sie
war sehr oft dabei.
Wahrscheinlich hat sie sich
dort immer wieder die Kraft
geholt, bis ins hohe Alter das
Leben mit Freude, Zufrie-
denheit und Dankbarkeit zu
genießen.
Im letzten halben Jahr musste
Oma gänzlich auf die Teil-
nahme am öffentlichen Le-
ben verzichten. Sie ging in
ihrer Krankheit durch Höhen
und Tiefen. Für die herzli-
che Pflege durch ihre Kinder,
Schwiegerkinder und der lie-
ben Krankenschwestern vom
Sozialsprengel war Oma sehr
dankbar. Mit einem Schmun-
zeln sagte sie überzeugt: „Ich
wohne in einem „****Ster-
nehotel in der Wartschensied-
lung“.
Nach einem längeren Kran-
kenhausaufenthalt war Oma
das Geschenk und die Freude
gewährt, daheim in ihrer Stu-
be im Beisein ihrer Familie
zu Gott heimgehen zu dürfen.
Liebe Oma, du bleibst immer
in unseren Herzen.“
Mit fast älplerisch anmuten-
den Weisen der Bläsergruppe
der Musikkapelle Gaimberg
und dem gesungenen „Wan-
derstab“ des „Halleluja-Paul“
(„Paul, dei Wondlung isch
oanfoch gewaltig“ - so eine
wiederholte
Feststellung
des Nannele in Paul Kell-
ners Messfeiern!) endete das
Abschiednehmen an diesem
schönen Maientag von einer
beeindruckenden Bauersfrau,
die wusste, wo ihr Platz war
und den sie vorbildhaft im
gottgegebenen Sinne aus-
füllte. Und so mancher - nun
leere - Platz wird die Erinne-
rung an das „Gasser Nanne-
le“ wach halten und zu einem
stillen Gebet einladen!
Neugierig beäugt!
Fotos: Elisabeth Lukasser