Juli 2018
‘s Blattl
Seite 29
Chronik
Am Morgen des 12. März 1938
marschierten die deutschen Truppen
in Österreich ein und wurden von der
Bevölkerung jubelnd begrüßt. All-
gemein reagierte die überwiegende
Mehrheit mit offener Zustimmung bis
Passivität.
Die Begeisterung hatte dabei die
unterschiedlichsten Ursachen, die
etwa von der Hoffnung nach wirt-
schaftlicher Besserstellung bis zur
nun endlich erfüllten „Heimholung ins
Reich“ samt Ende des „verhassten“
Ständestaates reichte. Der Jubel der
Bevölkerung führte insgesamt auch
zum Entschluss Hitlers, die Vereini-
gung Österreichs mit Deutschland
sofort durchzuführen. Darüber sollte
am 10. April eine Volksabstimmung
als nachträgliche Legitimation durch-
geführt werden.
„Bist du mit der am 13. März 1938
vollzogenen Wiedervereinigung Ös-
terreichs mit dem Deutschen Reich
einverstanden und stimmst Du für die
Liste unseres Führers Adolf Hitler?“
Die Wahlbeteiligung betrug in ganz
Österreich 99,71 %. In Tirol lauteten
99,3 % der abgegebenen gültigen
Stimmen auf „Ja“, österreichweit wa-
ren es 99,73 %.
In Osttirol lauteten 98,68 % der ab-
gegebenen gültigen Stimmen auf „Ja“,
von den Wahlberechtigten waren es
98,14 %. In unserem Bezirk stimmten
am 10. April 1938 von 19.002 Wahl-
berechtigten 250 mit „Nein“ und 104
Stimmen waren ungültig.
In Osttirol gab es 22 Gemeinden, in
denen zu 100 % mit „Ja“ votiert wur-
de, andererseits wiesen besonders
Inner- und Außervillgraten, aber auch
Obertilliach und Abfaltersbach eine
hohe Anzahl an Nein- und ungültigen
Stimmen auf.
Eindeutiger Spitzenreiter war Inner-
villgraten, wo sich von 483 Stimm-
berechtigten 356 für „Ja“ aber 89 für
„Nein“ entschieden hatten und 36
Stimmzettel ungültig gewesen wa-
ren. Dieser Anteil an Ja-Stimmen mit
73,7 % stellte den niedrigsten Wert in
ganz Österreich dar.
In unserer Gemeinde wurden 166
Stimmen abgegeben, davon votierten
162 mit „Ja“ und 4 Stimmen waren un-
gültig.
Einmarsch der deutschen Truppen und Volksabstimmung im Jahre 1938
In den Wochen zwischen dem Einmarsch und der Volksabstimmung wurde mit massivem medialen Einsatz
die Zustimmung zum Anschluss aufrecht erhalten. Die fanatischen Anhänger blieben es, jene die Verände-
rung wollten wurden von der Begeisterung angesteckt und die Regimekritischen wurden durch staatlichen
Terror gezielt verfolgt.
Diese Volksschüler hatten weder mit der am 13. März 1938 vollzogenen Wiederver-
einigung, noch mit der am 10. April 1938 durchgeführten Volksabstimmung etwas zu
tun. - Volksschüler in Göriach mit Lehrerin Cartellieri Beatrix im Juni 1938
1. Reihe v.l.: Wibmer Theresia - Pedarnig, Gantschnig Pauline - Gant, Bichler Anna
- Gridling, unbekannt und Plattner Maria - Plattner;
2. Reihe v.l.: Volksschullehrerin Cartellieri Beatrix, unbekannt, Bichler Genoveva -
Gridling und Gantschnig Notburga - Gant;
3. Reihe v.l.: Lercher Florian - Untertschellnig, Plattner Josef - Plattner, Wibmer Pe-
ter - Pedarnig, Bichler Johann - Gridling und Panzl Peter - beim Außergonig;
Heute eher undenkbar, die Schüler beim Klassenfoto einer Gefahr auszusetzen.
Die Daten stammen z.T. aus dem Buch
von Dr. Martin Kofler „Osttirol im Dritten
Reich 1938-1945 „