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10/2017
Missionsärztliche Schwestern 50 Jahre in Athiopien
Sr. Erna Stocker-Waldhuber war von Beginn an dabei - Interview
Vor 50 Jahren, 1967, begannen die Missionsärztlichen
Schwestern ( MMS) ihr Engagement in Äthiopien in einem
Dorfkrankenhaus, in Attat. Schwester Erna Stocker-
Waldhuber (von „Burger“ in Thole) und Schwester Wal-
burga Küpper, die beide lange Jahre in Äthiopien gelebt
haben waren eingeladen das Jubiläum mitzufeiern
.
Schwester Erna, Du warst eine der ersten Schwestern in
Äthiopien vor 50 Jahren. Wie war die Anfangszeit dort?
Als wir (drei Krankenschwestern, zwei davon mit Hebammen-
Ausbildung) 1967 in Äthiopien ankamen wussten wir nur -
die Diözese von Addis Abeba hat uns, den Missionsärztlichen
Schwestern, ein leeres Steingebäude - etwa 130 km Südwest-
lich der Hauptstadt - zur Verfügung gestellt, das wir benützen
könnten, um eine Krankenstation zu errichten. Aber wie das
geschehen sollte (?) mussten wir auf später verschieben…
Wichtig war es nun uns mit Kultur und Sprache des Landes
vertraut zu machen.
Das Dorf „Attat“ – unsere zukünftiger Arbeitsstätte, konnte
nur auf einer schlecht befahrbaren Schotter-Straße erreicht
werden. Die Menschen – eine arme Bevölkerung- waren ohne
jede ärztliche Betreuung, viele Kinder waren unterernährt und
starben bevor das 1. Lebensjahr erreicht war. Das nächste
Krankenhaus war über 100 km entfernt und für viele kranken
Menschen unerreichbar! – Für uns ein Grund etwas für diese
Menschen zu tun, auch wenn der Anfang sehr bescheiden
war. Die Menschen waren uns für jede kleine Hilfe dankbar.
Alles was wir am Anfang zur Verfügung hatten, waren unsere
eigenen Hände, viel Mut und das Vertrauen, dass Gott uns auf
diesem Experiment begleiten wird – nicht zuletzt das Verspre-
chen von Misereor uns beim Aus-/und Umbau des Hauses
behilflich zu sein, welches aus ein paar leeren Räumen eines
verlassenen Knabenseminars bestand. Wir fanden aus der
Umgebung bald einige junge Männer und Frauen ohne viel
Vorbildung, die wir für die anstehenden Aufgaben anlernten,
wozu wir all unsere Geduld aufbringen mussten. Mit Mühe
fanden wir auch einige, die uns als Dolmetscher halfen, um
mit den verschiedenen Stämmen und Sprachen zu arbeiten.
Schwester Walburga: Wie lange warst Du in Äthiopien und
was war Deine Aufgabe?
Meine erste Ausreise war 1972. Dann war ich etwa 25 Jahre
dort. In meinem Einsatz in Attat war meine Aufgabe zuerst im
stationären Dienst, dann hauptsächlich im Öffentlichen
Gesundheitsdienst, vor allem Dorfarbeit. 1980-1992 war ich in
Addis Abeba in der staatlichen Krankenpflegeschule als Lehr-
schwester für Geburtshilfe angestellt. Von 2005- 2010 arbeite-
te ich mit als Pastoral Assistentin in der Addis Abeba Diözese.
Wie habt ihr Euch gefühlt, als ihr nach so vielen Jahren
Äthiopien wiedersaht? Vermutlich hat sich viel geändert…
Die Gefühle? – Überraschung / Freude darüber am Anfang mit
dabei gewesen zu sein….kann ich nach so vielen Jahren
schwer beschreiben. Im Anfang war der Besuch einer Schule
in dieser Region nur nach einem stundenlangen Fußmarsch zu
erreichen, daher für viele nicht möglich. So war es eine große
Freude, gut ausgebildetes Personal zu sehen, wie sie die Kran-
ken kompetent versorgen. Besonders beeindruckt war ich,
noch Mitarbeiter-/ und Mitarbeiterinnen der ersten Stunde
anzutreffen und von der Ausbildung ihrer Kinder sogar in ver-
schiedenen medizinischen Berufen zu hören – für die Eltern
oft eine große Herausforderung. Ja wir waren freudig über-
rascht über die Veränderungen. In der Nähe gibt es jetzt eine
Universität, mit ungefähr 10.000 Studenten. Die Beteiligung
der Bevölkerung zur Verbesserung ihrer Lebensqualität ist
offensichtlich. Das Krankenhaus ist erweitert mit neuen
Räumlichkeiten, die mehr Möglichkeiten und Erleichterungen
für das Arbeiten mit der großen Patientenzahl von fern und
nah ermöglichen. Unsere einheimischen Mitschwestern teilen
mit uns die Verantwortung.
Was liebt ihr in Äthiopien?
Äthiopien ist ein Land mit vielen Gesichtern Sprachen und
Kulturen, nach einiger Zeit wird auch ein solches Land „All-
tag“. Ich habe mich sehr schnell mit dem Land und den Men-
schen angefreundet und war froh in Äthiopien angekommen
zu sein.
Es ist auch eine große Freude mitzuerleben wenn z.B eine
Frau nach einer schweren aber endlich gelungenen Geburt, mit
ihrem neugeborenem Kind von der ganzen Familie abgeholt
und nach Hause begleitet wird, oder wenn schwerkranken
Patienten die von weither mit primitiven Tragen angeschleppt
wurden, geholfen werden konnte. Ihre Dankbarkeit war mir -
ja uns allen Ansporn und Freude zugleich.
Ein Wunsch für die Mission der MMS in Äthiopien?
Dass die Schwestern im Einsatz gesund bleiben. Dass immer
wieder einheimische MMS und aus anderen Ländern zu uns
kommen und sich mit dieser Mission für das Wohl von Müt-
tern und Kindern einsetzen. Dass die Menschen in dieser
Region, Arme und Reiche, sich weiter mit einsetzen zum eige-
nen und gemeinsamen Wohlergehen. Dass sie ihre Einfach-
heit, Freude und Offenheit behalten trotz der „Fortschritte“.
Auszug aus einem Interview mit den Missionsärztlichen Schwestern
Erna Stocker-Waldhuber und Walburga Küpper, nach Ihrem Besuch
in Äthiopien im Juni 2017.
Informationen über die Missionsärztlichen Schwestern :
http://www.missionsaerztliche-schwestern.org http://www.attat-hospital.deSchwester Erna Stocker-Waldhuber (rechts) mit dem Bischof von
Embedir.