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habe, tirolische Untertanen, Bürger der

Stadt Lienz, Männer aus dem Landgericht

Lienz und dem Gericht Virgen.

29

Interes-

sant ist die Aussage des Hans Racker aus

Gruben im Landgericht Lienz, denn sie be-

ruhte nicht auf Hörensagen sondern auf

selbst Erlebtem: Er sei als Knabe auf dem

Weg nach Kals gewesen,

„da ist ain

volckh herab gangen unnd gfarn mit ainem

wagen, hat er gfragt, was das sey, hat im

ain alter man gsagt, dye von Matray fuern

ain diep herab, sye muessen in andwurtten

ans Dueppächl, und der pfleger von

Matray ist selbs dapey gewesen, unnd da

sye zum pachl kummen seyn, haben sye in

dadurch gestossen unnd denen von Luenz

geantwurt, die haben in herab gefurt unnd

gehenngt“.

30

Auf Grundlage der Kundschaften oder

Zeugenaussagen vertrat die Regierung

in Innsbruck 1521 folgenden Standpunkt:

Die Hochgerichtsbarkeit im Gericht Win-

disch-Matrei und ebenso im Gericht

Lengberg stand seit alters den Grafen von

Görz zu, ebenso geboten sie dort über die

Flüsse und Wälder. Beide Gerichte

besaßen niemals Stock und Galgen, also

keine Hinrichtungsstätte. Malefizpersonen

oder Verbrecher, die auf Matreier Gebiet

gefangen genommen worden waren,

mussten unterhalb der Kienburg am soge-

nannten Diebsbach dem görzischen Rich-

ter ausgeliefert werden. In Lienz wurden

sie vor Gericht gestellt und hingerichtet.

Das gleiche galt für das Gericht Lengberg.

Auf Matreier und Lengberger Gebiet ließ

Graf Leonhard von Görz durch seinen

Lienzer Bergrichter Bergwerke und Wäl-

der verleihen, ohne dass die salzburgischen

Pfleger und Richter Einspruch erhoben. Zu

Zeiten der Türkengefahr leisteten die

Matreier und Lengberger Untertanen dem

Aufgebot Graf Leonhards Folge und leis-

teten militärischen Zuzug bis zur Lienzer

Klause.

31

Salzburg war völlig anderer Auffassung,

wie sie die Salzburger Regierung 1527 in

einer „Vorstellung“ zusammenfasste. Ein-

leitend wurde in einem historischen Exkurs

dargelegt, dass Salzburg seit jeher alle

Hoheitsrechte im Gericht Windisch-Matrei

besessen habe: Das Hochstift verfügt seit

alters in der Herrschaft Matrei über die

Hochgerichtsbarkeit, denn in Matrei saß

man über Verbrechen zu Gericht und nahm

Hinrichtungen vor. Nie wurde ein Übeltäter

nach Lienz überstellt, erst zu Kaiser Maxi-

milians Lebzeiten forderte der Anwalt der

Herrschaft Lienz Hans Nußdorfer, Delin-

quenten an das Landgericht Lienz zu über-

stellen. Auf Matreier Territorium Bergwerke

und Wälder zu verleihen steht ausschließ-

lich dem Pfleger und Bergrichter von Matrei

zu. Erst in jüngster Zeit unterstehe sich der

Lienzer Bergrichter Paul Aigner hier derar-

tige Verleihungen vorzunehmen.

32

OSTTIROLER

NUMMER 5/2019

8

HEIMATBLÄTTER

Anmerkungen:

1 Zur Geschichte der Grafen von Lechsgemünd im All-

gemeinen siehe: Artikel „Lechsgemünd-Graisbach,

Grafen von“ von Doris P

FISTER

im Historischen Lexi-

kon Bayerns

(https://www.historisches

-lexikon-bayerns.

de/Lexikon/Lechsgem%C3%BCnd-Graisbach,_Gra-

fen_von. Zuletzt besucht am 10.01.2019). Zur Ge-

schichte der Grafen von Lechsgemünd in Zusammen-

hang mit Matrei und Lengberg siehe, sofern nicht an-

ders zitiert, Wilfried B

EIMROHR

, Weißenstein (Matrei),

Geschichte, in: Tiroler Burgenbuch, IX. Band (Puster-

tal), Bozen-Innsbruck-Wien 2003, S. 496-498.

2 Es handelt sich dabei um die Neuenburg. Diese brix-

nerische Burg, die im Bereich des aufgelassenen Bades

Leopoldsruh zu orten ist, musste auf Druck der Grafen

von Görz bereits Ende des 13. Jahrhunderts aufgelassen

werden.

3 Doris P

FISTER

, Donauwörth. Der ehemalige Landkreis

(Historischer Atlas von Bayern, Teil Schwaben Reihe I,

Heft 17), München 2008, S. 36, 39ff.

4 Georg S

CHWARZ

, Vilsbiburg. Die Entwicklung der Herr-

schaftsformen im niederbayerischen Raum zwischen

Isar und Rott (Historischer Atlas von Bayern, Teil Alt-

bayern 37). München 1976, S. 104ff., 316.

5 Geschichte Salzburgs. Stadt und Land, hg. von Heinz

D

OPSCH

und Hans S

PATZENEGGER

, Bd. I/I, Salzburg

1981, S. 341f.

6 Herbert K

LEIN

, Salzburg, ein unvollendeter Paßstaat, in:

Die Alpen in der europäischen Geschichte des Mittel-

alters (Vorträge und Forschungen 10), Konstanz-Stutt-

gart 1961/62, S. 284.

7 August von J

AKSCH

, Geschichte Kärntens bis 1335,

2. Band, Klagenfurt 1929, S. 13f.

8 Monumenta historica ducatus Carinthiae (MDC); Band

VI, Klagenfurt 1958, Nr. 2529; Franz M

ARTIN

, Die Re-

16 Peter A

NREITER

/Christian C

HAPMAN

/Gerhard R

AMPL

,

Die Gemeindenamen Tirols. Herkunft und Bedeutung

(Veröffentlichungen des Tiroler Landesarchivs 17).

Innsbruck 2009, S. 446f.

17 L. H

ÜBNER

, Beschreibung des Erzstiftes und Reichs-

fürstenthums Salzburg in Hinsicht auf Topographie und

Statistik. Bd. 3, Salzburg 1796, S. 699f., 702, 706f.

18 H

ÜBNER

, Salzburg (wie Anm. 17), S. 702 und 707.

19 Georg M

UTSCHLECHNER

, Aus der Bergbaugeschichte

von Matrei in Osttirol. Das Berggericht Windisch-Ma-

trei und seine Bergbaue, in: Veröffentlichungen des Ti-

roler Landesmuseums Ferdinandeum 69 (1989), S. 107.

20 Heinrich S

IEGEL

/Karl T

OMASCHEK

(Hg.): Die Salzbur-

ger Taidinge (Österreichische Weistümer 1), Wien

1870, S. 306f.

21 S

TOLZ

, Landesbeschreibung (wie Anm. 15), S. 710.

22 Tirolische Weistümer, Band 4/2 (Österreichische

Weistümer 5), Innsbruck 1891, S. 785-788.

23 Salzburger Taidinge (wie Anm. 20), S. 306.

24 Salzburger Taidinge (wie Anm. 20), S. 304f.

25 Tiroler Landesarchiv (TLA): Repertorium 10 (Görzer

Archivinventar), fol. 1144.

26 Eine Abschrift der mit 29. September 1409 datierten

Urkunde liegt ein im TLA: Ältere Grenzakten 34/1. Das

Marktarchiv Matrei in Osttirol besitzt eine beglaubigte

Abschrift dieser Urkunde aus dem Jahre 1514.

27 TLA: Handschrift 3562.

28 TLA: Ältere Grenzakten 34/5.

29 Die Zeugenaussagen oder Kundschaften von 1518 siehe

Urkunden I/2171 bis I/2174 sowie Ältere Grenzakten

34/1; die Zeugenaussagen von 1521: Handschriften

3851 sowie Ältere Grenzakten 34/15 (alle TLA).

30 TLA: Ältere Grenzakten 35/15.

31 TLA: Ältere Grenzakten 35/5.

32 TLA: Ältere Grenzakten 35/5.

Wappenstein des Salzburger Dompropstes

Balthasar von Lamberg, 1539, im ehema-

ligen, zwischen 1530 und 1539 errichteten

Gerichtsgebäude in Matrei i. O.

Foto: Bernhard Oberschneider

Wappen mit Doppeladler und Kruzifix und

Wappen des Ulrich Zoller und seiner Gat-

tin Susanna Schmittner von 1571 am ehe-

maligen Ansitz der Familie Lasser von

Zollheim, Haus Hintermarkt Nr. 6 in Ma-

trei i. O. – Mehrere Mitglieder der Familie

Lasser bekleideten das Amt des Pflegers

der salzburgischen Herrschaft Windisch-

Matrei.

Foto: Bernhard Oberschneider

gesten der Erzbischöfe und des Domkapitels von Salz-

burg 1247-1343, Bd. I, Salzburg 1928, Nr. 166; J

AKSCH

,

Geschichte Kärntens (wie Anm. 7), S. 14f.

9 J

AKSCH

, Geschichte Kärntens (wie Anm. 7), S. 87f.

10 MDC VI, Nr. 210; MDC VII; Nr. 1; Hermann W

IES

-

FLECKER

, Die Regesten der Grafen von Tirol und Görz,

Herzoge von Kärnten: Die Regesten Meinhards II. (I.)

(Publikationen des Instituts für Österreichische Ge-

schichtsforschung IV/1/2/1), Innsbruck 1952, Nr. 7 und

746.

11 Salzburger Urkundenbuch (SUB), Band IV, Salzburg

1933, Nr. 167.

12 SUB IV (wie Anm. 11), Nr. 218.

13 SUB IV (wie Anm. 11), Nr. 249.

14 M

ARTIN

, Regesten (wie Anm. 8), I/ Nr. 913.

15 Otto S

TOLZ

, Politisch-historische Landesbeschreibung

von Südtirol. Innsbruck 1937-1939, S. 697f. und 709f.

IMPRESSUM DER OHBL.:

Redaktion: Univ.-Doz. Dr. Meinrad Pizzinini.

Für den Inhalt der Beiträge sind die Autoren

verantwortlich.

Anschrift des Autors dieser Nummer: HR Dr.

Wilfried Beimrohr, Direktor des Tiroler Landes-

archivs a. D., A-6063 Rum, Korngasse 8;

E-Mail:

w.beimrohr@gmail.com.

Manuskripte für die „Osttiroler Heimat-

blätter“ sind einzusenden an die Redaktion des

„Osttiroler Bote“ oder an Dr. Meinrad Pizzinini,

A-6176 Völs, Albertistraße 2 a; E-Mail: meinrad.

pizzinini@chello.at

.

Wappenstein des Salzburger Fürsterzbi-

schofs Franz Anton Graf Harrach am ehe-

maligen Bergrichterhaus, datiert mit

Chronogramm 1725, heute Hintermarkt

Nr. 9 in Matrei i. O.

Foto: Bernhard Oberschneider