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OSTTIROLER

NUMMER 5/2019

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HEIMATBLÄTTER

bezeugt zwischen etwa 1160 bis 1184,

blieb der inneralpine Besitz im Pinzgau,

Isel- und Drautal. Dem Umstand, dass sich

Konrad als Wohltäter des neu gegründeten

Klosters Neustift bei Brixen hervortat, ver-

danken wir einige der wenigen Nachrich-

ten über ihn, denn seine Schenkungen, die

Güter in Defereggen und im Raum Bozen

betreffen und alle aus der Zeit um 1160 da-

tieren, sind im Neustifter Traditionsbuch

festgehalten. In einem dieser Einträge wird

Konrad nicht als Graf von Lechsgemünd

sondern Graf von Matrei

(Chunradus de

Matereige)

tituliert. Damit ist für die Zeit

um 1160 die Existenz der Burg Matrei,

später Weißenstein genannt, nachgewie-

sen. Südlich der Tauern waren die Lechs-

gemünd mächtige Burgherren, die über

einen ansehnlichen Besitz an Land und

Leuten verfügten, Grafenrechte übten sie

dort aber nicht aus, die standen den Grafen

von Lurn zu, denen zu Beginn des 12.

Jahrhunderts in dieser Funktion die Grafen

von Görz nachfolgten. Das obere Drautal

und die gesamte Iselregion gehörten zur

Grafschaft Lurn, die wiederum Teil des

Herzogtums Kärnten war. Die Nachbarge-

biete des Lurngaus im Norden und Westen

gehörten um 1200 noch zum Herzogtum

Bayern.

Nach Konrads Tod in den 1180er-Jahren

fiel sein Erbe an seinen Bruder Heinrich

(III.) von Lechsgemünd-Frontenhausen

und an seine beiden Neffen Diepold und

Heinrich (IV.) von Lechsgemünd, Söhne

des Volkrad, der bereits um 1146 im

Kampf gegen die Ungarn gefallen war. Die

Hohen Tauern waren die Grenzlinie der

Erbteilung, das salzburgisch-pinzgauische

Erbe ging an Bruder Heinrich, das kärnt-

nerisch-matreiische Erbe an die Neffen

Diepold und Heinrich. Die beiden Brüder

regierten eine Zeitlang gemeinsam, dann

trennten sich besitzrechtlich ihre Wege, als

Älterer übernahm Diepold den schwäbi-

schen Stammbesitz mit den nahe beiei-

nander gelegenen Burgen Lechsgemünd

und Graisbach, an Heinrich fiel der Au-

ßenbesitz in den Alpen südlich der Tauern.

Heinrich und Heinrich von

Lechsgemünd, Onkel und Neffe

Für den Fortgang unserer nicht unkom-

plizierten Erzählung sind die beiden Hein-

rich, Onkel und Neffe, die entscheidenden

handelnden Personen. Da sie Zeitgenossen

gewesen sind, können sie augrund ihrer

Namensgleichheit, wenn sie in den schrift-

lichen Quellen auftauchen, nicht immer ein-

deutig zugeordnet und leicht verwechselt

werden. Mitunter werden sie in der Salz-

burger Geschichtsschreibung fälschlicher

Weise als eine Person aufgefasst, zumal das

Hochstift Salzburg an den Besitz des einen

wie des anderen herangekommen ist.

5

Wen-

den wir uns zuerst dem Onkel zu, Heinrich

III. Er regierte und agierte im niederbayeri-

schen Vilstal und im salzburgischen Pinzgau

mit den Herrschaftsmittelpunkten Fronten-

hausen und Mittersill. Im oberen Pinzgau

verfügte Heinrich von Lechsgemünd über

Grafenrechte, verliehen als Lehen vom

bayerischen Herzog, dem es wiederum der

König als Reichslehen hatte zukommen las-

sen. Heinrich war verheiratet mit Adelheit,

die aus dem Geschlecht der Grafen von

Plain stammte. Die Grafen von Plain übten

die Grafenrechte im unteren Pinzgau aus.

Heinrich III. hatte keinen Sohn, der sein

herrschaftliches Erbe hätte antreten können,

als er um 1208 hochbetagt starb. Sohn Otto

hatte der Tod in jungen Jahren hinweggerafft

und Sohn Konrad wählte die geistliche Lauf-

bahn und wurde 1204 zum Bischof von

Regensburg gewählt. Die Hauptmasse der

Güter aus der väterlichen Erbschaft in

der Grafschaft Frontenhausen vermachte

Bischof Konrad dem Hochstift Regensburg.

Wie und wann genau der Erzbischof von

Salzburg den lechsgemündischen Besitz im

Pinzgau erworben hat, zu dem die Burgen

Sulzau (später Friedburg) und Mittersill,

aber auch die Herren von Felber als Minis-

terialen zählten, ist nicht überliefert. Die

Grafenrechte im Oberpinzgau samt allem

Zubehör wurden nach Heinrichs Tod als

ledig gewordenes Lehen eingezogen. Erzbi-

schof Eberhard von Salzburg tauschte mit

dem Herzog von Bayern Besitzrechte im

Chiemgau gegen die Grafenrechte im Pinz-

gau, worauf ihn König Heinrich VII. 1228

mit der Grafschaft Pinzgau belehnte. Damit

war ein wichtiger Schritt getan, in diesem

Gebiet die bischöfliche Landesherrschaft

aufzubauen. Heinrich III. hatte auch eine

Tochter namens Uta, auf sie und ihren Mann

werden wir später noch zurückkommen

müssen.

Diepold und Heinrich, die beiden Brüder

und Neffen, verwalteten vorerst gemein-

sam das Erbe ihres Vaters Volkrad und

ihres Onkels Konrad und teilten es dann.

Diepold übernahm den schwäbischen

Stammbesitz und war der einzige, der über

seinen Sohn Berchtold den Besitz und den

Namen des Geschlechts, das sich neben

Lechsgemünd auch Graisbach nannte,

weiterführte. Fünf Generationen später, in

den 1320er-Jahren, war auch die Haupt-

linie der Grafen von Lechsgemünd ausge-

storben. Heinrich, gezählt als der IV.,

sicherte sich den Besitz im Herzogtum

Kärnten mit dem Herrschaftsmittelpunkt

Matrei. Verheiratet war Heinrich mit einer

Frau aus schwäbisch-kärntnerischem

Hochadel, mit Willibirg aus dem Hause der

Im Wappen der Gemeinde Nikolsdorf,

1973 verliehen, wird an die Grafen von

Lechsgemünd erinnert, die den schwarzen

Panther im Wappen führten.

Ausschnitt aus der Tirol-Karte von Matthias

Burgklechner von 1611 mit dem Verlauf der

Drau unterhalb von Lienz; die damals salz-

burgische Herrschaft Lengberg ist an den

Beschriftungen „Schloß Lemberg“, „Ickls-

torff“ und „Marck Kofl“ zu erkennen.

(tiris

Kartendienste)

Grafen von Treffen. Bereits um 1180,

genau zwischen 1177 und 1183, verschrieb

Heinrich seine Besitzungen der Salzburger

Kirche. Er und Erzbischof Konrad III. von

Salzburg waren übereingekommen, dass

der Graf von Lechsgemünd seinen gesam-

ten Besitz an Burgen, darunter Burg

Matrei, Ministerialen und Hörige samt

allem, was dazu gehörte, der Salzburger

Kirche abtrete, ihn aber auf Lebenszeit nut-

zen dürfe. Erzbischof Konrad hatte Hein-

rich Einkünfte und Höfe unter Eigentums-

vorbehalt zur Nutzung bis zum Ende seiner

Jahre überlassen. Dieser Vertragsabschluss

legt nahe, dass Gattin Willibirg bereits ver-

storben war und Heinrich keine Erben

hatte. In zwei Urkunden aus den Jahren

1190 und 1197 tritt uns Heinrich dezidiert

als Graf von Matrei entgegen und dort be-

gegnen uns die Herren von Lavant, Leng-

berg und Lind als lechsgemündische

Ministerialen. Zwischen 1203 und 1207

tauschte Heinrich, wiederum als Graf von

Matrei bezeichnet, im Hinblick auf den

vormals mit Erzbischof Konrad abge-

schlossenen Vertrag sein Patronatsrecht an

der Kirche in Reith (gemeint ist die Pfarr-

kirche Reith im Alpbachtal) gegen das

Patronatsrecht Salzburgs an der Kirche in

Matrei. 1207 verzichtete Heinrich von

Lechsgemünd-Matrei gegenüber Salzburg

auf seine Nutzungsrechte mit Ausnahme

von Lengberg und dem dortigen Ministe-

rialen und ausgenommen auch Einkünfte

von 20 Mark aus den Besitzungen in

Nikolsdorf, Irschen und Lind. Erzbischof

Eberhard ließ die Vertragsänderung bzw.

Besitzübergabe, wodurch das Hochstift

Salzburg volle Verfügungsgewalt über den

Besitz Heinrichs in Kärnten erlangte, durch

König Philipp noch im Jahre 1207 bestäti-

gen. Salzburg hatte Heinrich für seinen

Nutzungsverzicht eine Zahlung von 2.850

Friesacher Mark zu leisten.