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OSTTIROLER

NUMMER 5/2019

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HEIMATBLÄTTER

Der Besitzübergang an das

Hochstift Salzburg

Ganz glatt ging dieser Besitzübergang

nicht vor sich, es gab Einsprüche der

lechsgemündischen Verwandtschaft und

des Patriarchats Aquileia. Berchtold von

Lechsgemünd-Graisbach, Heinrichs Neffe,

Sohn seines Bruders Diepold, bean-

spruchte den an Salzburg abgetretenen

Besitz als Familienerbe und erhob 1207

oder 1208 am Hoftag Klage vor König

Philipp, die aber durch den einmütigen Ur-

teilsspruch der anwesenden Fürsten abge-

wiesen wurde. Auch Berchtolds Klage

1224 auf dem Hoftag vor König Heinrich

VII. scheiterte.

Die Ansprüche des Patriarchats auf die

salzburgischen Erwerbungen aus der lechs-

gemündischen Besitzmasse in Kärnten

hatte eine Vorgeschichte. Heinrichs Frau

Willibirg hatte als einziges Geschwister

einen Bruder, Graf Ulrich von Treffen, der

sich der geistlichen Laufbahn verschrieben

hatte und es zum Patriarchen von Aquileia

(1161–1181) brachte. Jahrzehnte später gab

es Streit zwischen dem Erzbistum Salzburg

und dem Patriarchat Aquileia um Besitz-

schenkungen der Grafen von Treffen. Das

Patriarchat behauptete, Graf Wolfrad (II.)

von Treffen und seine Tochter Willibirg

hätten zu Zeiten, als ihr Sohn und Bruder

als Patriarch von Aquilieia regierte, be-

stimmte Besitzungen in der Obersteiermark

und in Kärnten dem Patriarchat geschenkt,

und Willibirg hätte obendrein auf dem To-

tenbett im Beisein ihres Gatten Heinrich

von Lechsgemünd die Burgen Lengberg

und Matrei besagtem Patriarchat ver-

macht. 1212 wurde der Streit vor einem

Schiedsgericht beigelegt. Aquileia verzich-

tete auf alle Besitzansprüche in Kärnten

und in der Steiermark zugunsten Salzburgs,

dafür gab Salzburg alle Besitzansprüche in

Friaul auf. Wie wir durch obige Ausfüh-

rungen aber wissen, waren Burg Matrei

nachweislich und Burg Lengberg sehr

wahrscheinlich lechsgemündischer und

keineswegs Treffener Familienbesitz. Die

Behauptung Aquileias vom Vermächtnis

der Willibirg betreffend Matrei und Leng-

berg ist irrig oder bewusst falsch in die Welt

gesetzt worden.

Mit dem Erwerb des lechsgemündischen

Besitzes vom hinteren Iseltal bis in das

obere Drautal, von Matrei über Nikolsdorf

und Irschen bis Lind, zu dem zumindest

zwei Burgen gehörten, Matrei und Leng-

berg, kam das Hochstift Salzburg den Gra-

fen von Görz ins Gehege. Dieses Hoch-

adelsgeschlecht übernahm in den 1130er-

Jahren in Nachfolge der ausgestorbenen

Grafen von Lurn im Lurngau, der west-

lichsten Grafschaft des Herzogtums Kärn-

ten, die Grafengewalt. Im Bestreben, hier

ihren Herrschaftsbereich auszubauen, wur-

den sie durch Salzburg empfindlich ge-

stört. Der letzte männliche Spross der Gra-

fen von Lurn, der zum Bischof von Trient

avancierte und 1149 verstorbene Altmann

vermachte seinen Besitz der Salzburger

Kirche: Darunter die Stammburg seines

Geschlechts, die Hohenburg in Pusarnitz

nordöstlich von Spittal an der Drau, die

nahe beieinander gelegenen Burgen Felds-

berg und Sachsenburg, möglicherweise

auch Lind im Drautal und Stall im Mölltal

sowie Besitzungen um Gmünd nicht un-

weit des wichtigen Passübergangs Katsch-

berg.

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Gut ein halbes Jahrhundert später

kamen die lechsgemündischen Burgen

Matrei und Lengberg im äußersten Westen

hinzu.

Krieg und Frieden zwischen

Görz und Salzburg

Nicht nur die Grafen von Görz mit ihren

Ambitionen, sich als regionale Vormacht

zu positionieren, waren schlecht auf Salz-

burg zu sprechen. Graf Albert III. von Tirol

legte sich ebenfalls mit Salzburg an. Ver-

heiratet war Albert mit Uta, der Tochter des

Heinrich von Lechsgemünd-Mittersill,

dessen im Pinzgau gelegenen Besitz, da-

runter Burg Mittersill, Salzburg hatte ein-

heimsen können. Uta hatte reiches Hei-

ratsgut mit in die Ehe gebracht, Burgen

und Grundgüter in Unterinntal, imVirgen-

tal und im Drautal bei Oberdrauburg und

Lind. Alberts und Utas Tochter Adelheid

wiederum war verheiratet mit einem Gör-

zer Grafen, Meinhard III. Albert von Tirol

geriet aus zwei Gründen in Gegnerschaft

zu Salzburg: Im Namen seiner Frau stellte

er Besitzansprüche an Salzburg im Zu-

sammenhang mit dessen lechsgemündi-

schem Zuwachs, auch wenn sie etwas weit

hergeholt erschienen, und im gegenseitigen

Interesse war er in der Causa Salzburg ein

fester Bündnispartner seines görzischen

Schwiegersohns Meinhard. Um 1244 – so

berichtet eine Urkundennotiz – bekriegte

sich Albert von Tirol mit dem Salzburger

Erzbischof Eberhard um Matrei.

Im Sommer 1252 wagten Meinhard von

Görz und sein Schwiegervater Albert einen

militärischen Coup, der sich gegen zwei

Gegner richtete, die dem görzischen Ex-

pansionsdrang in Oberkärnten im Wege

standen: das Herzogtum Kärnten, das mit

Burg Greifenburg die einzige nennenswerte

Position in Oberkärnten besaß, sowie das

Hochstift Salzburg, das mit den Burgen

Feldsberg und Sachsenburg das Drautal zu

sperren vermochte. Die Gegenseite war

nicht nur verbündet sondern auch ver-

wandtschaftlich eng verbunden. Philipp, der

regierende Erzbischof von Salzburg, als

„Erwählter“ bezeichnet, weil dem vom

Domkapitel zum Erzbischof gewählten

Philipp die höheren Weihen fehlten, war der

jüngere Sohn des Kärntner Herzogs Bern-

hard von Spanheim. Der Görzer und Tiroler

Feldzug endete im Fiasko. Das salzburgi-

sche Sachsenburg einzunehmen misslang,

und bei Greifenburg wurde die görzische

Heerschar in offener Feldschlacht von den

Truppen des Philipp von Spanheim, der sei-

nemVater aus der Steiermark zu Hilfe geeilt

war und sich als ausgezeichneter Heerführer

erwies, vernichtend geschlagen. Damit

nicht der Schmach genug, geriet Albert in

Gefangenschaft.

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Den beiden Verlierern dik-

tierte Philipp im Dezember 1252 einen har-

ten Vertrag, der als Frieden von Lieserhofen

in die Geschichte eingehen sollte.

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Zusam-

men mit den anderen Gefangenen zahlten

Albert und Meinhard 4.900 Mark Silber als

Lösegeld und als Entschädigung für die an-

gerichteten Kriegsschäden, Meinhards

Söhne, die noch Jugendliche waren, waren

unter den zu stellenden Geiseln. Uns inter-

essieren in diesem Zusammenhang vor

allem jene Bestimmungen des Friedensver-

trags, die Graf Albert von Tirol und sein an-

geheiratetes lechsgemündisches Erbe und

seine daraus resultierenden Besitzansprüche

Ausschnitt mit dem Bereich der salzburgischen Herrschaft Windisch-Matrei zwischen dem

Matreier Tauern und dem Defereggental sowie der Kienburg („Kuenburg“) aus der Tirol-

Karte von Matthias Burgklechner, Holzschnitt, 1611.

(tiris

Kartendienste des Amtes der Tiroler Landesregierung – Historische Kartenwerke;

https://maps.tirol.gv.at/HIK,

mit Quellenangaben)