OSTTIROLER
NUMMER 1-2/2019
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HEIMATBLÄTTER
und verstorbenen Soldaten jeder Ge-
meinde sowie ein Namens- und Orts-
register.
Aufnahme in das Tiroler Ehrenbuch fan-
den alle in Tirol geborenen und zuständig
verstorbenen, d. h. zum Zeitpunkt des
Todes dort beheimateten, Soldaten.
Karl Böhm hatte sich mit der Durchfüh-
rung des Projektes eine gewaltige Aufgabe
gestellt. Die Arbeiten daran hatten, wie
vorhin erwähnt, bereits im ersten Kriegs-
jahr begonnen, lange bevor ein Ende des
Krieges in Sicht oder auch nur abschätzbar
war. Den wahren Umfang des Ehrenbu-
ches mit seinen knapp 24.000 Toten hat
Karl Böhm damals wohl kaum erahnen
können. Viel später erst, im Jahre 1927, als
das Ehrenbuch nach 13 Jahren endlich
zum Abschluss kam, konnte er auf das
„mühsame Sammeln von tausenden klei-
nen und kleinsten Nachrichten, Lebens-
erinnerungen und Lichtbildern“
zurück-
blicken.
„Dazu kam außerdem ein zeit-
raubender, sich immerfort steigernder
Briefwechsel, der schließlich die Höhe von
18.421 Briefen und 3.460 Karten erreichte.
Jedes Tal, jede Stadt, jede Dorfgemeinde,
hinauf bis zum letzten Berghof wurde um
ihre Erinnerung an teure Tote ausge-
forscht.“
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Aus der Festschrift zur Aus-
stellung des Ehrenbuches aus dem Jahre
1927 geht auch hervor, dass Böhm, der für
die Umsetzung des Projektes vielfach
seine Freizeit opferte, selbst seine Mutter
mit Schreibdiensten und dem Ordnen des
Materials
„des immer größer und schwie-
riger werdenden Werkes“
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betraute.
Die Sammelaktion selbst war 1923 wei-
testgehend abgeschlossen. Danach ging es
daran, die Lücken mithilfe der Pfarr- und
Gemeindeämter zu schließen und sich um
die äußere Gestaltung des Ehrenbuches zu
kümmern. Dafür wurden heimische Künst-
ler mit der Gestaltung von symbolischen
Titelblättern in Aquarelltechnik beauftragt.
Darunter fanden sich auch namhafte Grö-
ßen wie Albin Egger-Lienz (1868–1926)
oder Alfons Walde (1891–1958). Tony
Grubhofer (1854–1935), ein Innsbrucker
Maler und Grafiker, fungierte als künstle-
rischer Beirat. Auch Laienkünstler wie der
geborene Brixner Erich Mayr (1890–
1965), der im Krieg als Kaiserschütze ge-
dient hatte, wurden mit der Gestaltung von
Titelblättern beauftragt. Mayr führte für
das Ehrenbuch zwei Blätter mit den Titeln
„Pasubio“ und Castel „Telvana bei Borgo“
aus. Er erhielt dafür ein Honorar von 250
Schilling.
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Die Ausführungen der einzel-
nen Titelblätter erfolgten zwar großteils je-
doch nicht ausschließlich in Aquarelltech-
nik. Wiewohl die Motivation der Beteilig-
ten während der gesamten Projektphase
unbegrenzt schien, so gestalteten sich die
Aufbringung der Geldmittel und die um-
fassende Korrespondenz, welche die Fi-
nanzierung erforderte, als äußerst müh-
sam.
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Letztendlich konnte die geplante Drei-
teilung des Werkes nicht realisiert werden.
Vielmehr wurde das Ehrenbuch in zwei
Teile untergliedert, dessen erster Teil der
pietätvollen Erinnerung und dessen zwei-
ter Teil als historisch-archivalisches Quel-
lenwerk dienten. Der dritte Teil, der ge-
druckte Textband zur Geschichte Tirols im
Weltkrieg, wurde nicht verwirklicht.
Das Tiroler Ehrenbuch umfasst daher
heute: im ersten Teil 50 Prachtbände grö-
ßeren Formats in Naturleder gebunden.
Dabei ist jedem Gerichtsbezirk ein eigener
Band gewidmet. Die Titelblätter sind
künstlerisch ausgestattet. Die einzelnen
Bände sind nach Gemeinden geordnet,
wobei auf randverzierten Tafeln die Ster-
bebilder, Fotografien bzw. Ersatzkarten der
gefallenen, verstorbenen oder vermissten
Soldaten Alt-Tirols angebracht sind. Dazu
zählen weiter 70 kleinere Naturlederbände,
mit zusätzlichen biografischen Angaben zu
den Toten.
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Den zweiten Teil bildet die
historisch-archivalische Sammlung, beste-
hend aus Verlustlisten, Feldpostbriefen,
Kriegsschilderungen, Aufrufen, Akten-
stücken über Standschützenformationen,
Unterlagen zur tirolischen Kriegsfürsorge,
Protokollen über die Abnahme der Kir-
chenglocken, Fotografien zerstörter Ge-
biete im Pustertal etc.
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Die Eröffnungsfeierlichkeiten
Bereits 1924 wurde ein Teilbestand des
Ehrenbuches in der Landhauskapelle aus-
gestellt. Die offizielle Eröffnung der Aus-
stellung des Tiroler Ehrenbuches erfolgte
drei Jahre später, am 2. Oktober 1927. Der
Festakt begann um 10 Uhr vormittags mit
einer Gedenkmesse für die Gefallenen vor
dem Landestheater.
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Daran anschließend
wurde ein Denkmal in der Reitschule (Do-
gana) am Rennweg enthüllt. Prälat Prof.
Die Seiten Sillian und Tristach aus dem „Tiroler Ehrenbuch“.
(Innsbruck, Bergisel, „Tiroler Ehrenbuch“)
Fotos: Isabelle Brandauer