Die Totenverluste des
Ersten Weltkrieges
Das Tiroler Ehrenbuch ver-
zeichnet 1.221 gefallene und
vermisste Soldaten im politi-
schen Bezirk Lienz, dem heuti-
gen Osttirol. Diese machen
rund fünf Prozent der gefallenen
23.756 Tiroler des historischen
Kronlandes Tirol
2
aus, die im
Tiroler Ehrenbuch erfasst wur-
den. Die Gesamtzahl der männ-
lichen Bevölkerung Tirols belief
sich 1913 auf geschätzte
468.000 Personen.
3
Somit ergibt
sich für Gesamttirol ein Pro-
zentsatz von rund fünf Prozent
an Männern, die nicht mehr aus
dem Krieg heimkehren sollten.
So unwahrscheinlich hoch diese
Zahlen heute noch erscheinen
mögen, ist hier jedoch anzu-
merken, dass die Dunkelziffer
wohl noch viel höher ausfallen
mag. Konkrete Angaben in den
Verluststatistiken nach dem Ers-
ten Weltkrieg sind immer mit
Vorsicht zu betrachten, da die
Vermisstenzahlen dabei oft
nicht oder nur ungenügend be-
rücksichtigt wurden. Jedoch
muss man prinzipiell davon
ausgehen, dass zwei Drittel der
Vermissten zu den Toten zu
rechnen sind.
4
So berechnete es
auch WilhelmWinkler in seinen
Statistiken zu den Totenverlus-
ten der österreichisch-ungari-
schen Monarchie, wobei er auf
Basis der offiziellen Verlustlis-
ten des k. u. k. Kriegsministeri-
ums die Zahl der verstorbenen
Tiroler bereits mit Ende 1917
mit knapp 24.000 Mann angab.
5
Diese Be-
rechnung führt die Problematik der Ver-
luststatistiken vor Augen, fehlen hier doch
noch die Verlustzahlen des letzten Kriegs-
jahres und auch der Anteil der vermissten
den Projekt erstellte Tiroler Eh-
renbuch als umso wertvoller. Er
ermittelte darin eine Gesamtzahl
von rund 24.000 verstorbenen
Tirolern, wobei auch jene Per-
sonen berücksichtigt wurden,
die an den Kriegsfolgen in der
Heimat verstorben sind.
7
Das Projekt
„Tiroler Ehrenbuch“
Karl Böhm war bei einem Be-
such des Tummelplatzes bei
Amras
8
zu Allerseelen im Jahre
1914 angesichts der Sterbebil-
der der ersten Tiroler Gefallenen
auf die Idee gekommen, das An-
denken an alle Verstorbenen
durch eine breit angelegte
Sammlung ihrer Biografien im
Tiroler Landesarchiv zu erhal-
ten. In welcher Form dies ge-
schehen sollte, war zu diesem
Zeitpunkt jedoch noch nicht
klar. Zunächst ging Böhm
daran, biografische und kriegs-
geschichtliche Materialien in
weitestem Umfang, vor allem
Nachrufe und Lebensbeschrei-
bungen aus Zeitungen zu sam-
meln. Dies erwies sich jedoch
rasch als nicht zielführend, da
nicht für jeden Soldaten ein der-
artiger Nachruf verfasst worden
war, womit sich die Samm-
lungstätigkeit bald auf die in
Tirol gebräuchlichen Sterbebil-
der verlagerte.
9
Auf diesen fan-
den sich alle für Böhms Zwecke
wichtigen Angaben wie Ge-
burts- und Sterbedatum und
meist auch ein Bild des Verstor-
benen. Durch die Sammlung
dieser Andenkenbilder aus jeder einzelnen
Gemeinde sollte ein Denkmal für die Ge-
fallenen geschaffen werden. Zuerst setzte
sich Böhm mit den einzelnen Druckereien
in Verbindung, wodurch es ihm gelang,
1-2/2019
87. JAHRGANG
OSTTIROLER
HEIMATBLÄTTER
H e i m a t k u n d l i c h e B e i l a g e d e s „ O s t t i r o l e r B o t e “
Soldaten ist darin nicht klar kalkulierbar.
6
Daher erscheint auch das von Dr. Karl
Böhm (1894–1981), dem ehemaligen Di-
rektor des Tiroler Landesarchivs, in mü-
hevoller Arbeit in einem 13 Jahre währen-
Albin Egger-Lienz, Titelblatt zum Band des Bezirks Lienz des
Tiroler Ehrenbuches.
Foto: Isabelle Brandauer
Isabelle Brandauer
„Vergeßt die treuen Toten nicht!“
1
– Das Tiroler Ehrenbuch