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Die Verwendung von Sterbebildern

kann in Tirol bereits im 18. Jahrhundert

nachgewiesen werden. Das älteste be-

kannte Tiroler Sterbebild, aus einer Pri-

vatsammlung, datiert auf 1794. Sterbebil-

der von Soldaten, wie sie auch im Tiroler

Ehrenbuch verwendet werden, stellen

trotz aller Ähnlichkeiten mit zivilen Ster-

bebildern eine Sondergattung dar. Sterbe-

bilder für Soldaten wurden bereits vor

dem Ersten Weltkrieg, etwa in den Krie-

gen 1848 oder 1866, verwendet. Grund-

legend gestaltet sich der Aufbau eines mi-

litärischen Sterbebildes gleich wie bei

einem zivilen Bildchen: Zum einen gibt

es eine Bild- und eine Textseite, wobei die

meisten Bildchen zweiseitig und nur in

geringerem Maße vierseitig gestaltet

wurden. Auf der Bildseite fanden sich

meist Darstellung eines toten bzw. ster-

benden Soldaten oder auch Heiligendar-

stellungen, oftmals begleitet von einem

Bibelzitat. Auf der Textseite fanden sich

Angaben zum Verstorbenen: eine Foto-

grafie, meist in Uniform, gefolgt von bio-

grafischen Angaben, bei denen zumeist

besonders auf den Kriegseinsatz verwie-

sen wurde (Rang, Art und Ort des Todes,

Auszeichnungen etc.). Unter den persön-

lichen Informationen wurde dann ein

Gebet abgedruckt (Stoßgebete, Ablassge-

bete). Interessant ist bei Sterbebildern aus

dem Ersten Weltkrieg die Verwendung

des Heldenbegriffes: Um dem Massen-

sterben einen „Sinn“ zu verleihen bzw.

zur Trauerbewältigung, wurde der Begriff

„Heldentod“ sehr vielfältig verwendet. So

etwa für im Kampf gefallene Soldaten

gleichermaßen wie für Lawinenopfer oder

im Lazarett verstorbene Männer. Erst mit

zunehmender Kriegsdauer wurde das

Wort „Held“ spärlicher verwendet.

Der größte Unterschied zu den zivilen

Sterbebildern besteht in der zahlreichen

Verwendung von Gedichten, die als per-

sönlicher Nachruf für den Verstorbenen

gedacht waren. Weder vor noch nach der

Zeit des Ersten Weltkrieges sind in Tirol

derart viele Verse auf Sterbebildern aufzu-

finden. Die Gedichte konnten dabei vom

einfachen Vierzeiler bis zum ausführlichen

Gedicht mit bis zu zehn Strophen reichen.

Dabei kam es auch recht häufig vor, dass

die Gedichte in der Ich-Form verfasst wur-

den, d. h., dass der Gefallene die Hinter-

bliebenen „persönlich“ tröstete.

Für Vermisste wurden in der Regel

keine Sterbebilder angefertigt. Davon

zeugen auch die Ehrenbücher, in denen

für vermisste Soldaten meist auf Ersatz-

karten zurückgegriffen wurde. Mit der

Vermisstmeldung eines Soldaten waren

zahlreiche Probleme verknüpft: einerseits

die Sorge um das ungewisse Schicksal

eines geliebten Menschen, andererseits

aber auch finanzielle Sorgen. Bei einem

vermissten Soldaten endete bereits nach

sechs Monaten der Anspruch auf die

Unterhaltsgebühr.

Bei Soldaten, die fern der Heimat ge-

fallen und bestattet worden waren, ergab

sich für die Familienangehörigen das Pro-

blem einer fehlenden Grabstätte, d. h.

eines Ortes, an welchem des Verstorbenen

gedacht werden konnte. Dieses Bedürfnis

der Hinterbliebenen nach einem Erinne-

rungsort äußerte sich im Raum Innsbruck

beispielsweise an den zahlreichen Ge-

denkzeichen und symbolischen Gräbern,

die für die in fremder Erde bestatteten

Toten am Tummelplatz in Amras errichtet

worden waren.

Dort versammelten sich die trauernden

Angehörigen und auch Bittprozessionen,

Wallfahrten und Trauerfeiern wurden dort

abgehalten. Die zahlreichen Sterbebilder,

die in einer Kapelle am Tummelplatz an-

gebracht worden waren, waren letztendlich

ausschlaggebend für die Idee Karl Böhms

zur Schaffung der Ehrenbücher.

* Vgl. B

ADER

/B

RANDAUER

, Sterben (wie Anm. 9). –

Eine Gesamtschau über Sterbebilder in Tirol bietet das

Werk von Hansjörg B

ADER

, Sterbebilder. Vom Gebetsauf-

ruf zur Erinnerung, St. Gertraudi 2016.

Exkurs:

Sterbebilder in Tirol

*

OSTTIROLER

NUMMER 1-2/2019

4

HEIMATBLÄTTER

Die Seiten Matrei und Matrei-Land aus dem „Tiroler Ehrenbuch“

(Innsbruck, Bergisel, „Tiroler Ehrenbuch“)

Fotos: Isabelle Brandauer