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OSTTIROLER

NUMMER 5-6/2018

2

HEIMATBLÄTTER

sich ebenfalls bis heute auf 170 Matrizen

mit 1500 Wappen vermehrt haben.

6

Dieser kulturelle Schatz findet sich nicht

nur im Original im Archiv des Museums

Schloss Bruck, sondern für alle Forscher

auch mikroverfilmt (und bald auch digita-

lisiert) im Tiroler Landesarchiv, die Wap-

penkunde als Kopie auch im Tiroler Lan-

desmuseum Ferdinandeum in Innsbruck.

„Diese Speise gehöre nur

für Herren“

7

Doch was hat Oberforcher mit Erdäpfeln

am Hut? Im ersten Moment nicht viel.

Doch wenn man die umfangreiche Samm-

lung etwas durchkämmt, finden sich abseits

des eigentlichen Schwerpunkts Familien-

geschichten sowie Verwaltung des Bezirkes

Lienz auch einige interessante und auch

amüsante Geschichten zur goldenen

Knolle. Keine Frage, die Kartoffel ist erst

recht spät in Tirol heimisch geworden und

damit auch nur wenig am Radar des For-

schers, dessen zeitlicher Schwerpunkt sich

mehr im späten Mittelalter und in der frü-

hen Neuzeit befindet und der die aus seiner

Sicht jüngere Vergangenheit, also das 19.

Jahrhundert, nur in Auszügen aufnahm.

In seltenen Fällen finden sich bei Ober-

forcher Originaldokumente, also Zei-

tungsausschnitte, Flugzettel oder Vorgän-

ger der heute so zahlreich verteilten Bro-

schüren aus der öffentlichen Verwaltung –

etwa die fünfseitige, in italienischer Spra-

che verfasste „

Compendiata istruzione per

coltivare le patate, ed usi di queste

8

, eine

Anleitung zum Anbau und zur Verwen-

dung der Erdäpfel, welche er handschrift-

lich mit der Anmerkung versah „

ca. 1820,

Vom Kreisamte Bruneck an alle Gerichte

verteilt

“.

Eines der späteren Dokumente, das er

exzerpierte, war Otto Stolz‘ Artikel „Der

rechte Kreis“ aus dem Jahr 1932 über eine

Anbauregel im Pustertal, in welchem in

einem kurzen Abriss die Verbreitung von

Getreide und Feldfrüchten mit dem Wis-

sensstand des frühen 20. Jahrhunderts er-

zählt wird:

„Hinsichtlich der einzelnen Getreidear-

ten ergaben meine Forschungen die auch

für andere Gegenden festgestellte Tatsache,

daß seit dem 13. bis zum 17. Jhd. in Tirol

der Anbau von Weizen im Verhältnis zum

Roggen immer mehr vorgeschritten ist. An-

dere Veränderungen im Getreidebau Tirols

sind einerseits dadurch gegeben, daß der

früher weit verbreitete Anbau von Hirse mit

ihren Abarten des Fenchs oder der wel-

schen Hirse und des Sürchs oder der Moh-

renhirse im Laufe der Zeit ganz aufgehört

hat. Spelten oder Dinkel kommt in Tirol

auch in früherer Zeit fast nie vor. Anderer-

seits sind neue Fruchtarten in Tirol in ge-

schichtlicher Zeit wie sonst in Europa neu

eingeführt worden, nämlich der Mais oder

Türken seit der 2. Hälfte des 16. Jhds., und

zwar zuerst im unteren Etschland, der Hai-

den oder Buchweizen (in Tirol auch

schwarzer Plenten genannt) seit dem Ende

des 15. Jhds. und die Kartoffel allgemeiner

erst seit dem Ende des 18. Jhds.“

9

Bestätigung findet diese Datierung mit

einer weiteren Abschrift, die aus Johann

Jakob Stafflers Buch „Tyrol und Vorarl-

berg, statistisch und topographisch“, Band I,

Innsbruck1839, Seite 203, stammt:

„Kartoffel sind erst seit ungefähr 70

Jahren in Tirol einheimisch. Ihr Anbau hat

sich seit 30 Jahren wohl mehr als um die

Hälfte erweitert. Der Bezirk Lienz produ-

ziert 160.000 h. Metzen

10

.“

11

Aus demselben Text stammt eine Er-

hebung der Bodenerträgnisse des Landes

Tirol um 1835, welcher für den Lienzer

Talboden eine zwölffache Fruchtwieder-

gabe bei Erdäpfeln verzeichnet:

„Im Durchschnitte dürfte die Futterer-

zeugung in Tirol auf 45 Centner von einem

tirol. Jauch

12

angenommen werden können.

Taufers im Pustertale nur 35, Ampezzo 30,

Enneberg etwa 18, Wilten bei Innsbruck 54

Centner. Der Samen gibt Frucht an.“

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Oberforcher war zwar durch und durch

Tiroler und nahm auch die Landesgrenzen

sehr ernst – so finden sich etwa in der

Registerschachtel „Auswanderer“ nicht

nur Lienzer, die nach Gallizien, Deutsch-

land oder gar Übersee gegangen sind, son-

dern auch Tilliacher, deren neue Heimat

Maria Luggau, der erste Ort im Kärntner

Lesachtal, wurde – wagte aber dennoch

den notwendigen Blick über den Teller-

rand hinaus. So findet sich für die Kärntner

Gebiete an der Drau folgende Anbauge-

Die Sammlung Oberforcher umfasst u. a.

tausende von Zettelchen, die, systematisch

geordnet, die „große Geschichte“ genauso

durchleuchten wie das alltägliche Leben

der Osttiroler.

(Archiv Museum Schloss Bruck, Schachtel

„diverse“, Kuvert „Bauernkost im Iseltal“)

Foto: Stefan Weis

Nicht nur die Kartoffelsorte, sondern vor allem auch der Anpflanzort waren entscheidend

für die Höhe des Ertrags, wie aus einer Auflistung bei Johann Jakob Staffler hervorgeht.

Josef Oberforcher (1873-1950), im Brotbe-

ruf Landesbauoberinspektor in Innsbruck,

erforschte die Geschichte des Bezirks Lienz

in allen Facetten – auch kulinarisch.

(TAP – Sammlung der Stadt Lienz)

Wilten bei Innsbruck

10 9 8 6 - 80 12

Kufstein

12 10 10 10 - 60 10

Sterzing

9 9 8 10 -

- 10

In den Seitentälern des Eisacktales

und am Brenner

-

7 7 15 -

-

8

bei Brixen

10 15 10 8 30 60 10

in außeren Tauferertale bei Bruneck

7 9 8 8 -

- 12

bei Sillian

4 5 6 5 -

-

8

bei Innichen, zu Obertilliach

-

3 3 3 -

-

5

bei Lienz

6 6 6 6 6 50 12

bei Windischmatrei

7 6 8 5 -

-

6

In den Hochtälern des Pustertales

-

2 2 3 -

-

-

bei Schlanders

11 12 8 8 6 60 12

bei Meran

12 10 9 7 15 100 12

Haidekorn

Mais

Erdäpfel

Weizen

Roggen

Gerste

Hafer