GESCHICHTE
PUSTERTALER VOLLTREFFER
FEBER/MÄRZ 2018
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keine. Auf das hin gingen sie
dann selbst Schweine suchen.
Sie fanden zwei und fingen sie
ein. Die Leute schrien und
weinten dabei. Die Bäuerin,
von der sie die Schweine nah-
men, erzählte, dass ihr die
Deutschen das meiste Vieh und
auch das Geld genommen und
den Mann erschossen haben.
Jetzt steht sie ganz alleine mit
ihren Kindern da und wisse
nicht, wo ein und wo aus.
15. Oktober.
Heute früh sagte Dr. Mittler,
dass er nachmittags auf Urlaub
gehe. Er fragt Leutnant Hofer,
was er ihm allenfalls mitbringen
solle. Dieser bat ihn, einige
Briefe mitzunehmen und ihm vor
allem 2 Dutzend Gummispezia-
litäten mit Reservoir mitzubrin-
gen. Beim Mittagessen bespra-
chen die zwei Assistenzärzte und
der Leutnant allen Ernstes mit
Dr. Mittler, ob er nicht eine Wie-
ner Hure vielleicht unter dem
Titel Rot-Kreuz-Dame nach
Kowel bringen könnte. Dr. Mitt-
ler rechnete ihnen aber vor, dass
Zitate aus seinem Tagebuch,
das nun unter dem Titel „Raues
Leben, großes Sterben“ im
Raetia-Verlag erschien:
1915
2. Oktober.
Am Nachmittag ging der
Leutnant mit einigen Mann
Schweine requirieren. Die
Leute, die selbst schon ganz
ausgeraubt waren, wollten ihr
letztes Stück Vieh nicht herge-
ben und sagten, sie haben
sie in Wien aber mehr verdienen
als in Kowel.
22. Oktober.
Beim Mittagessen erzählte
Dr. Heidler von einem, der so-
eben blutete und im Sterben
liegt. Da stand ich auf, um ihn
zu versehen. Ich kam gerade
noch zurecht, ihm die Sakra-
mente zu spenden, dann ver-
schied er. Alles ist überfüllt und
viele Kranke liegen zwischen
den Betten auf den Feldtragen.
Es sind über 600 Verwundete
bei uns.
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26. Oktober.
Nachmittags hatte ich 6 Lei-
chen zu beerdigen. Da wir
keine Bretter für Särge hatten,
so mussten sie ohne Sarg im
Leintuch oder Zeltblatt begra-
ben werden. Sie wurden in
zwei Kisten auf den Friedhof
geführt. Dort ließ ich sie der
Reihe nach hinlegen und seg-
nete sie ein.
19. Dezember.
Beim Mittagessen kam das
Gespräch wieder auf den Narren.
Dr. Mittler ließ ihm die Zwangs-
jacke anlegen und schrieb die
Diagnose auf das Vermerkblatt:
Psychose! Onanie!
1916
2. Jänner.
Nach dem Frühstück erfuhr
ich zufällig, dass alle geimpft
werden. Ich ging also auch in
das Operationszimmer und ließ
mich impfen. Ich ging in die
Stadt trotz des kotigen Weges,
um die Gehängten zu fotografie-
ren. Es hingen 3 Bauern am Gal-
gen, die einen österreichischen
Soldaten überfallen hatten.
2. Feber.
Ich ging über die Felder nach
Dubowa. Vom Dorf steht buch-
stäblich kein einziges Haus.
Alles ist bis auf den Grund nie-
dergebrannt.
25. Feber.
Als wir zum Nachtessen gin-
gen, stand das Grammophon
bereit. Mittler meinte, heute
werde wieder einer einen
Rausch wollen. Und richtig,
während des Essens sagte auf
einmal der Stabsarzt, er wäre
heute in der Stimmung, sich
ist der Kriegsverrohung
Abschub von Verwundeten: Nach der Erstversorgung im Verwun-
detenspital wurden sie mit Zügen ins Hinterland gebracht.
„Von der Heimat vertrieben“ lautet die Beschriftung Kaplan Gö-
geles. Russische Frauen, Kinder und alte Leute aus den Dörfern
nördlich von Kowel, nahe dem Kampfgebiet, flüchten bzw. werden
evakuiert, 16. Juli 1916.