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OSTTIROLER

NUMMER 9/2017

7

HEIMATBLÄTTER

den Bau und die Reparatur von Blechblas-

instrumenten bei der Firma Slatin in Vil-

lach und ab 1930 den Bau von Seiten-,

Streich- und Zupfinstrumenten bei dem von

ihm so geschätzten Meister Franz Bradl in

Brixlegg. Kurz vor dem Krieg machte er

sich in Lienz, unmittelbar an der alten

Stadtmauer am Rechten Iselweg, in einem

winzigen, einräumigen Hütterl selbständig

und war gleichzeitig auch als Segelflug-

lehrer tätig. Den unseligen Krieg musste er

an fast allen Fronten von Anfang bis zum

Schluss mitmachen, Gott sei Dank ohne

nennenswerte Verletzungen. Nach dem

Krieg eröffnete er in der Messinggasse 16

ein Musikgeschäft. Reparaturen und Er-

zeugung von Gitarren, Harfen, Geigen,

Hackbrettln usw. wurden in der Messing-

gasse 8 durchgeführt. Im Jahre 1958

musste er die Werkstatt in die Baracken 9

und 10 in der Peggetz verlegen, weil das

Haus Messinggasse 8 abgerissen wurde.

Mein Vater hat sich durch den exzellenten

Klang seiner Instrumente einen hervorra-

genden Ruf in der Musikwelt geschaffen

und z. B. Harfen bis nach Kanada geliefert.

Bekannt war mein Vater auch durch die

musikalischen Auftritte mit seiner geliebten

Geige in diversen Lokalitäten, zunächst als

Schrammeltrio mit Georg und Sepp Ortner,

später mit Sigi Ronacher, Friedl Brand-

stätter und dem Pianisten Rudi Geider.

Mein Bruder Peter hat seine Lehrjahre

in Lienz und Salzburg absolviert und die

entsprechenden Meisterprüfungen abge-

legt. Mit viel Fleiß und sehr großem Kön-

nen hat er den Ruf der Firma weiter aus-

gebaut. Er führte den Betrieb ab 1988, hat

an der Stelle der ersten Baracke den vom

Vater begonnenen Rohbau fertiggestellt

und eine erstklassig eingerichtete Werk-

statt etabliert. Inzwischen führt schon sein

Sohn Bernd den Betrieb mit Reparaturen

und Neuerzeugung in der Peggetz und

einem wunderschön ausgestatteten Musik-

haus in der Messinggasse 17.“

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Ehemalige Barackenbewohnerinnen Ge-

schwister

Elfriede

(verh.

Berger

, geb.

1944) und

Steffi Schatz

(verh.

Rotschopf

,

geb. 1947):

„Nach der Kriegsgefangenschaft unse-

res Vaters flüchteten unsere Eltern im Jahr

1947 vor den russischen Besatzungs-

mächten aus Niederösterreich nach Lienz

und erhielten in der 5er-Baracke in der

Peggetz eine Wohnung, bestehend aus

einem Zimmer und einer Küche. Wasch-

raum und Toilette waren für alle Bara-

ckenbewohner in der Barackenmitte. Zu

dieser Zeit war die 1er-Baracke bereits ab-

getragen und war nur mehr die Beton-

platte vorhanden, die für uns ein guter

Spielplatz war. In der Umgebung waren

einige Bunker, in denen wir uns oft ver-

steckten und dort auch allerhand Kriegs-

material, z. B. Gasmasken, fanden. In

unserer Baracke waren außer Südtirolern

und Österreichern auch einige Kosaken,

die nach ihrer Flucht in die Umgebung

wieder zurückkamen. Mit diesen unter-

hielten wir uns auf Russisch. Nachdem

diese nach Amerika ausgewandert waren

und unsere Baracke immer unbewohnter

wurde, übersiedelten wir im Jahre 1950 in

die 3er-Baracke. Dort hatten wir ein Zim-

mer mehr zur Verfügung und konnten auch

einen Garten mitbenutzen, in dem wir

Hasen und Hühner hielten. Besonders

liebten wir die kleinen Kücken, die unter

einer Heizsonne aufwuchsen. Diese Bara-

cke brannte am 15. Jänner 1966 durch

einen schon dürr gewordenen, angezünde-

ten Weihnachtsbaum ab. Wir erlebten am

24. Juni 1951 den totalen Abbrand der

14er-Baracke durch einen in der dortigen

Tischlerei weggeworfenen Zigaretten-

stummel. Auch die angrenzende 15er-Ba-

racke wurde dadurch ein Raub der Flam-

men. Da unser Vater als Polier bei der

Firma Universale beim Kraftwerksbau in

der Huben Arbeit fand, kehrten wir nicht

mehr nach Niederösterreich zurück. Im

Jahre 1956 siedelten die restlichen Kosa-

ken in die Friedenssiedlung und wir in die

Reichenbergerstraße. Unser Vater beto-

nierte sämtliche Grabkreuze inclusive der

Grabeinfassungen für die Gräber am Ko-

sakenfriedhof. Meine Schwester und ich

gründeten in Osttirol eine Familie.“

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Barackenbewohner

Anton Pranter

(geb. 1950):

„Aus Erzählungen meines Vaters weiß

ich, dass im Jahre 1939 von der Deutschen

Wehrmacht auf dem derzeitigen Platz der

Firma Frey ein Sägewerk errichtet wurde

für die Montage der Barackenfertigteile,

der Fenster, Türen und Kleinholzteile. Die-

ses Sägewerk wurde im Jahre 1940 wieder

abgetragen und zum Barackenlager nach

Wolfsberg überstellt. Auf dem Platz der der-

zeitigen Firma Benedikt war ein Fußball-

platz. Meine Eltern sind im Jahre 1948, von

Nußdorf kommend, in diese Baracke (B16,

die später in Peggetzstraße 15 umbenannt

wurde) eingezogen. Ich kam 1950 in dieser

Baracke zur Welt. 1984 zog meine spätere

Gattin Ingrid zu mir. Wir bekamen drei

Töchter und hatten anfangs nur drei, später

sechs Räume zur Verfügung. Auf eigene

Kosten isolierten wir Fenster und Türen, die

Wände mit Heraklith- und Hartfaserplatten.

Das Wasser leiteten wir vom gemeinsamen

Bad in unsere Wohnung und heizten unsere

Räume mit einem im Vorraum aufgestellten

Holzofen. Die Mietkosten betragen zurzeit

150 € im Monat. Ich lebe sehr glücklich mit

meiner Gattin und meiner Tochter Silvana

hier und möchte in keine andere Wohnung

ziehen, vor allem auch wegen der Nutzung

des Vorgartens.“

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Zeitzeugin

Gertrude Salcher

geb. Pris-

lan (geb. 1950):

„Meine Eltern kamen aus Völkermarkt/

Kärnten, um hier Arbeit zu finden. Mein

Vater Friedrich war Lederarbeiter bei der

Firma Neuner und meine Mutter Erna

Kleiderbügelherstellerin bei der Firma

Streit und war später ebenfalls bei der

Erika Pätzold auf dem Jeep mit den Eng-

ländern vor ihrem Haus am Auenweg.

Foto: Erich Pätzold

(Sammlung Erika Pätzold)

Außenansicht der einzigen heute noch erhaltenen ganzen

Baracke B16.

Fotos: Siegfried Papsch

Der Flur der Baracke B16.