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fertigt. Pfarrer Hundertmark ist früh ver-

witwet, daher auch das Kreuz zum Ange-

denken an seine früh verstorbene Frau.

Beide sind hier auf dem Friedhof begra-

ben, das Grab befindet sich an der Süd-

seite der Kirche.

Als Altar befindet sich in der Kirche nur

noch ein Altarstein, der früher als Sockel

für den Altaraufsatz diente. Als Altarplatte

dient eine Sandsteinplatte, die wohl aus der

Entstehungszeit der Kirche stammen dürfte.

Sie weist ein ähnliches Bearbeitungsprofil

auf, wie das unter einer Putzlage ver-

borgene Kapitell an der Südseite des

Triumphbogens. Auf dem Altar befindet sich

ein aus Tirol stammendes Kreuz mit Cor-

pus, welches 1895 gestiftet wurde. Die

Rückseite des Kreuzsockels trägt folgende

Schrift: ,Jac. Gliber. Tirol. Jahr 1895. Zum

Andenken an die selige Frau Pastor Marie

Hundertmark geb. Otto gestiftet von ihrer

Tante Frl. A. Köppner, Brünn‘“

Glibers kunstvolle Arbeit scheint sehr gut

aufgenommen worden zu sein. Nicht nur die

Stifterin – wie bereits angeführt – hat sich

entsprechend geäußert, auch Pfarrer Her-

mann Hundertmark hat sich herzlichst be-

dankt und selbst ein Gedicht darüber ver-

fasst. Das Schreiben mit den Versen befindet

sich im Nachlass des Künstlers und lautet:

„Pfarrhaus Neutz 24. März 1895

Hochverehrter Herr!

Am Sonnabend ist Ihr Meisterwerk / in

meine Hände gelangt. Gott sei Dank / war

wegen vorzüglichster Verpackung / auch

nicht die geringste Beschädigung vor= /

gekommen. Was Sie geleistet haben,

mögen / Ihnen die Thränen sagen, die ich

beim Anblick / Ihres Christus in den Augen

zweier mir / werten Frauen glänzen sah.

Das beweist ja / mehr als Lobesworte. Als

Ausdruck meiner / Schätzung Ihres Werks

füge ich einen Vers aus / meinem Dankge-

dichte an mein liebes Tantchen / bei. Er

lautet:

Den Gottessohn am Gnadenthrone,

Gekrönet mit der Dornenkrone,

Hat wahre Meisterhand gestaltet,

Auf diesem Antlitz, jetzt im Tod erkaltet,

Der höchste Gottesfriede sichtbar waltet!

Gewiß! So sah Er aus!

So hab ich Ihn gedacht

Den Heiland nach dem Ruf:

‚Es ist vollbracht!‘

Der treue Gott segne auch ferner / Ihre

liebe Hand und erhalte Sie / rüstig und

gesund, damit Sie zu / Seiner Ehre noch

manches solcher / Werke schaffen kön-

nen. Es drückt / Ihnen die liebe Hand

und grüßt / Sie herzlichst

Ihr

dankbarer

Hundertmark

Pfarrer.“

Jakob Gliber dürfte den Auftrag als Be-

sonderheit innerhalb seines künstleri-

schen Schaffens aufgefasst haben. Er hat

vermutlich vom Lienzer Fotografen Georg

Egger eine Aufnahme anfertigen lassen,

die sich ebenfalls in seinem Nachlass be-

findet. Auf die Rückseite hat er die kurze

Notiz aus der Lienzer Zeitung vom 6.

April 1895

10

geklebt, in der die einheimi-

sche Bevölkerung über den ehrenvollen

Auftrag des Künstlers für eine Kirche in

Deutschland informiert worden ist. In der

Meldung wurde auch das Gedicht von

Pfarrer Hundertmark abgedruckt, dessen

ergreifende Worte sich auf Glibers Altar-

kreuz beziehen, das von Kirchenbesuchern

wohl auch heute noch bewundert wird.

Anmerkungen:

1 Siehe u. a. den ersten Beitrag in dieser Nummer der Ost-

tiroler Heimatblätter, verfasst von Raphael Lukasser und

ders., Das musikalische Wirken des Bildhauers Jakob

Gliber (1825-1917), Diplomarbeit, MS, Innsbruck 2016.

2 Handschriftliches Manuskript im Nachlass des Künst-

lers, in diesem Beitrag als „Lebenserinnerungen“ zitiert.

– Die Nachfahren des Künstlers, Fam. Gliber vlg. Kir-

cher in Ainet, haben dem Verfasser den Nachlass des

Künstlers zur Aufarbeitung anvertraut, wofür ihnen auch

an dieser Stelle herzlich gedankt sei.

3 Lebenserinnerungen, S. 39 f.

4 Geht u. a. aus der Inschrift auf der Rückseite des So-

ckels des von Jakob Gliber ausgeführten Standkreuzes

hervor.

5 Informationen über Neutz siehe im Internet

https://de.wikipedia.org/wiki/Neutz-Lettewitz

6 Wie Anm. 3, S. 40.

7 Wohl: in (der Kirche).

8 Vgl. Sigmar von S

CHULTZE

-G

ALLERA

, Wanderungen

durch den Saalkreis, Bd. 2, Halle 1914, S. 60.

9 Aus der Beschreibung der Kirche zu Neutz. E-Mail von

Herrn Thomas Herrmann, an den die Anfrage weiter-

geleitet worden war, vom 28. August 2015. Für seine

wertvollen Hinweise und die Vermittlung von Fotos sei

ihm sehr herzlich gedankt.

10 Lienzer Zeitung, 10 Jg., 1895, Nr. 10, unpag. [S. 3].

OSTTIROLER

NUMMER 1-2/2017

8

HEIMATBLÄTTER

IMPRESSUM DER OHBL.:

Redaktion: Univ.-Doz. Dr. Meinrad Pizzinini.

Für den Inhalt der Beiträge sind die Autoren

verantwortlich.

Anschrift der Autoren dieser Nummer:

Mag. Klaus Lukasser, A-9951 Ainet 49 a,

E-Mail:

klaus.lukasser@aon.at

– Mag. Ra-

phael Lukasser, A-9951 Ainet 86 a, E-Mail:

R.Lukasser@gmx.at

Manuskripte für die „Osttiroler Heimatblät-

ter“ sind einzusenden an die Redaktion des

„Osttiroler Bote“ oder an Dr. Meinrad Pizzinini,

A-6176 Völs, Albertistraße 2 a; E-Mail:

meinrad.pizzinini@chello.at

Im Nachlass

des Bild-

hauers Jakob

Gliber hat

sich eine

Fotografie des

für Neutz

geschaffenen

Kreuzes

erhalten; auf

der Rückseite

wurde ein

Ausschnitt aus

der Lienzer

Zeitung mit

der entspre-

chenden

Meldung

aufgeklebt.

Reprod.:

Klaus

Lukasser

Grab des Ehepaares Hermann und Marie

Hundertmark neben der Kirche in Neutz.

Foto: W. Schmeißer, Wettin-Löbejün