OSTTIROLER
NUMMER 1-2/2017
7
HEIMATBLÄTTER
Auftrag gegebene Kreuz.
4
Wie der Kontakt
zum Künstler zustande kam, lässt sich
nicht mehr nachvollziehen, und auch der
Brief der Auftraggeberin hat sich nicht
erhalten. Gewiss wird sie die qualitäts-
vollen Arbeiten Glibers in Wien und/oder
Admont kennengelernt haben.
Neutz
5
, damals eine selbstständige Ort-
schaft im Königreich Preußen (als Be-
standteil des Deutschen Reiches), Provinz
Sachsen, Regierungsbezirk Merseburg,
Saalkreis, hatte zu dieser Zeit ca. 400 Ein-
wohner. – Heute ist Neutz eine Ortschaft
der Stadt Wettin-Löbejün, der nördlichsten
Stadt im Saalekreis im deutschen Bundes-
land Sachsen-Anhalt. Schon 1965 haben
sich die beiden ehemaligen selbstständigen
Gemeinden Neutz und Lettewitz zu Neutz-
Lettewitz zusammengeschlossen. Wettin-
Löbejün ging am 1. Jänner 2011 aus dem
Zusammenschluss der Städte Löbejün und
Wettin sowie den Gemeinden Brachwitz,
Döblitz, Domnitz, Gimritz, Nauendorf,
Plötz, Rothenburg und eben Neutz-Lette-
witz hervor, die zuvor bereits in der Ver-
waltungsgemeinschaft Saalkreis Nord zu-
sammengeschlossen waren. Die Stadt
liegt ca. 60 km südlich der Landeshaupt-
stadt Magdeburg und 15 km nördlich der
Großstadt Halle.
Seinen eigenen Aufzeichnungen kann
man entnehmen, dass Jakob Gliber mit
großem Eifer ans Werk ging:
6
„Ich habe schon früher ein Model ge-
habt / und da konnte ich gleich in Holz an-
fangen, bin fleißig bei der / Arbeit geblie-
ben, und in 5 Monaten war ich fertig; /
Habe gleich eine Kiste besorgt, vorsichtig
eingepackt und auf / der Bahn aufgegeben,
in acht Tagen ist schon ein so / herzlicher
Brief gekomme[n], daß sich alles freut, so
einen / Christus und
7
der Kirche zu haben,
der Herr Pfarrer hat / ein sehr schönes
Gedicht gemacht und mir gesendet. / Die
Dame die ihn gespendet war überglücklich
/ daß ihr Geschenk so großen Beifall ge-
funden und hat zu / die 240 fl. noch 10 fl.
dazu gegeben und hat sich recht / herzlich
bedankt und den Wunsch ausgesprochen,
daß ich noch / lange lebe und noch viele
solche Kunstwerke schaffen möge.“
Die Kirche in Neutz, wo Jakob Glibers
Kruzifix aufgestellt wurde, liegt im Norden
des Dorfes am Ausgang, etwas hoch, ver-
mutlich auf alter Opferstätte. Ihre Anlage
ist romanisch, etwa um 1200 entstanden,
ganz aus Bruchsteinen mit romanischer
Fugenbehandlung und Eckquaderung. Das
Schiff schließt im Osten mit halbrunder
Apsis. Besonders die südliche Eingangstür
hat eine sehr sehenswerte romanische
Steinornamentik mit vier symbolischen
Fischen, darunter Blattarabesken. Im
Innenraum gibt es eine kleine Empore, die
an drei Seiten herumführt.
8
Auf seine Anfrage hin erhielt der Ver-
fasser vom Pfarramt Neutz eine ausführ-
liche Antwort:
9
„Die Kirche ist um die Jahre 1890 bis
1900 umfangreich saniert und umgebaut
worden. Dabei ist der barocke Kanzelaltar
abgebaut worden und das Altarkreuz von
J. Gliber kam zur Aufstellung. Pfarrer in
Neutz war zu dieser Zeit (1895) Heinrich
Hundertmark. Dieser hat hier auch die
Kirche ausgemalt (Chor und Conche) und
ebenso für andere Kirchen Altarbilder ge-
Detailansicht des Corpus Christi am Kreuz, geschnitzt von Jakob Gliber, 1894/95.
Foto: W. Schmeißer, Wettin-Löbejün
Altarraum in der
evangelischen Kirche
von Neutz mit dem
Altar, auf dem das
Kruzifix von Jabob
Gliber aufgestellt ist,
darüber die
Malereien, die Pastor
Hermann Hundert-
mark ausgeführt hat.
Fotos: W. Schmeißer
Rückseite des
Kreuzsockels mit der
Beschriftung, die auf
die Pastorengattin,
die Stifterin des
Kruzifixes und den
Künstler Bezug
nimmt.