Jakob Gliber, einst sehr bekannt als
Bildhauer und Sänger, ist heute allgemein
nahezu vergessen. Sein 100. Todestag am
1. Feber 2017 gibt Gelegenheit, an ihn und
seine einstige Bedeutung zu erinnern.
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Kindheit und Jugend beim
„Kircher“ in Ainet
Am 20. Feber 1810, dem Todestag
Andreas Hofers, vermachte der ledige
Kircher-Bauer in Ainet, Johann Weger, sei-
nem Neffen Johann Gliber das Kirchergut.
Johann war der Sohn aus der Ehe seiner
Schwester Kunigunde mit Peter Gliber,
Schustermeister in Thurn bei Lienz. 1813
heiratete Johann Gliber Helena Jester.
Jakob Gliber wurde am 15. September
1825 als neuntes von fünfzehn Kindern in
die Familie geboren. Seine Kindheit war,
wie zu dieser Zeit üblich, geprägt von harter
Arbeit am Hof und auf den Feldern. In der
Schule sei er immer unter den Besten ge-
wesen, schreibt er in seinen Lebenserinne-
rungen.
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Pfarrer Weitlaner drängte den jun-
gen Jakob deshalb zum Studium der Theo-
logie. Aber sein eigentlicher Berufswunsch
war es, Schuster zu werden und bei seinem
Onkel in Thurn in die Lehre zu gehen. Er
ließ sich auch vom Vater nicht umstimmen.
Im Jahre 1841 starb sein älterer Bruder
Franz 26-jährig an einer Lungenentzün-
dung. Jakob, der zu dieser Zeit beim Satt-
ler-Bauern in Ainet Schafe hütete, musste
diese Arbeit aufgeben und wieder am
elterlichen Hof mithelfen. Mit seinen Ge-
schwistern, alle
„gute Natursänger und
Sängerinnen“
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, habe er oft gesungen,
schreibt er. Er bekam eine gute Altstimme
und durfte nun auch im Aineter Kirchen-
chor mitsingen.
Im Jahr 1842, als Jakob 17 Jahre alt war,
fragte ihn Andrä Schneeberger, der Sattler-
Wirt, was er eigentlich einmal werden
wolle. In Alkus suchte man kurzfristig
einen Lehrer, und Schneeberger hielt dies
für Jakob für einen passenderen Beruf als
eine gewöhnliche Lehre. Der erwiderte
aber, dass er sich in Alkus vor den Schul-
jungen fürchte, da diese gleich groß und
sogar stärker als er seien, und lehnte vorerst
ab.
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Am nächsten Tag ließ er sich aber doch
überzeugen. So wurde aus dem jungen
Hüterbuben, wie er selbst schreibt,
„wohl
ein sehr schwacher Notlehrer“
.
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Gliber als Notschullehrer in Alkus,
Kunsttischler und Orgelbaugehilfe
Die Angst, dass die Alkuser Buben Jakob
nicht gehorchen würden, stellte sich als
unbegründet heraus. Im Mai des Jahres
1843 schickte man den jungen Lehrer auf
einen dreimonatigen Lehrerkurs nach
Brixen zur professionellen Ausbildung.
Im Oktober desselben Jahres bekam er
dann seine erste feste Anstellung als ge-
prüfter Lehrer in Alkus.
In dieser Zeit regte sich nun auch zum
ersten Mal der „Musikant“ in Jakob Gliber.
Er unterrichtete drei Buben vom
„Plöck“
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in Alkus im Gesang. Beim „Wur-
nig“
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nahm Gliber des Öfteren an Ge-
sangsrunden teil. Er erzählt von drei Mäd-
chen, die sehr gut gesungen haben sollen.
Jakob selbst nahm seine Gitarre mit, und
wenn auch noch einige Burschen mit von
der Partie waren, erzählt er, sei es öfters
recht
„unterhaltlich“
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gewesen.
Um sich seinen Lehrergehalt möglichst
sparen zu können, besorgte er sich Werk-
zeug und begann erste Kunsttischlerarbei-
ten anzufertigen. Auch arbeitete er immer
fleißig am elterlichen Kircherhof in Ainet
mit. So vergingen acht Jahre.
Der „alte Gruber“, der Thalerbauer in
Glanz, war Tischler und Orgelbauer. Ihm
half Jakob in seiner Freizeit beim Reparie-
ren, Stimmen und Bauen von Orgeln in der
Umgebung und bis nach Sagritz im Kärnt-
ner Mölltal.
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Gruber erkannte bald das Ta-
lent des jungen Mannes zum Kunsttischler,
wusste aber auch, dass dieses Talent sich
nur durch eine solide fachliche Ausbildung
entfalten konnte. Er riet ihm also zu einem
Zeichenstudium in München. Nachdem die
Schulkinder am Jahresende bei der Prüfung
sehr gut abgeschnitten hatten, bekam Gliber
vom damaligen Lienzer Dekan Matthäus
Volderauer
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viel Lob. Jakob hatte aber die
Worte des Orgelbauers nicht vergessen und
beschloss nun tatsächlich nach München zu
gehen. Am Schulschluss verabschiedete er
sich von seinen Schülerinnen und Schülern.
Einige Mädchen sollen geweint haben,
schreibt er, und im Allgemeinen soll die
Stimmung getrübt gewesen sein. Jakob
Gliber scheint ein sehr beliebter Lehrer ge-
wesen zu sein.
Zur selben Zeit vermachte Jakobs Vater
das Kirchergut seinem ältesten Sohn Josef.
Jedes der anderen Kinder erhielt 300 Gul-
den (fl.) als Erbteil. 100 fl. hatte sich Jakob
selbst erspart. Mit nur 400 fl. in der Tasche
machte er sich nun also auf den Weg.
NUMMER 1-2/2017
85. JAHRGANG
OSTTIROLER
HEIMATBLÄTTER
H e i m a t k u n d l i c h e B e i l a g e d e s „ O s t t i r o l e r B o t e “
Raphael Lukasser
Jakob Gliber (1825 bis 1917)
Zum 100. Todestag des Bildhauers und „Nationalsängers“ am 1. Feber 2017
Jakob Gliber in der Pustertaler Tracht auf
einer der zahlreichen Autogrammkarten.
(Sammlung Klaus Lukasser)
Rep.: Klaus Lukasser