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CHRONIK

PUSTERTALER VOLLTREFFER

JULI/AUGUST 2016

9

Es gibt eine Reihe von Grün-

den, warum sich immer mehr

Menschen in Südtirol scheiden

lassen. „Noch nie war die Zeit so

schnelllebig wie heute. Die

Lebensgewohnheiten und ge-

sellschaftlichen Strukturen sind

einem ständigen Wandel unter-

worfen. Auch die berufliche

Eigenständigkeit und die damit

einhergehende wirtschaftliche

Unabhängigkeit der Frauen

wächst. Geschieden zu sein gilt

nicht mehr als Schande und

anderes mehr“, so die Mitarbeiter

des Landesinstitutes für Statistik.

1.420 gescheiterte Ehen

Der Blick auf die Ehetren-

nungs- und Ehescheidungszah-

len ist jedenfalls ernüchternd:

ImVorjahr wurden über 630 Ehen

getrennt und über 790 geschie-

den. Einen besonders starken

Anstieg gab es bei den Schei-

dungen, nämlich um über 67 %.

Während nun die Trennungsrate

bei 12,2 je 10.000 Einwohner

liegt, ist die Scheidungsrate bei

15,2. Sie ist somit die höchste

seit Einführung des Scheidungs-

gesetzes im Jahr 1970. Das

heißt: Auf je 1.000 Hochzeiten

kommen 361 Scheidungen.

„Das bedeutet, dass bei gleich-

bleibenden Scheidungsverhalten

mehr als ein Drittel alle ehe-

lichen Gemeinschaften im

Laufe der Zeit geschieden wer-

den.“ Die Zahl der Trennungen

beläuft sich auf knapp 300.

Erleichterungen

Die hohen Ziffern entstehen

wohl auch aufgrund der ver-

kürzten Trennungszeit und des

günstigen und schnellen Schei-

dungsverfahrens. Denn für

Eheleute, die sich einvernehm-

lich trennen oder scheiden las-

sen, gibt es seit geraumer Zeit

besondere Erleichterungen: So

wurde die Mindestdauer zwi-

schen Ehetrennung und -schei-

dung von drei Jahren auf sechs

Monate verkürzt. Eine ent-

scheidende Neuerung ist auch

der Übergang vom Gerichts-

zum Verwaltungsverfahren.

„Somit wurden die schwerfälli-

gen und kostenintensiven

Rechtsverfahren dem europäi-

schen Standard angepasst.“

Dauer der

gescheiterten Ehe

Um die Dauer der Ehen zu

ermitteln, schauten sich die Sta-

tistiker den Zeitraum zwischen

Hochzeit und Trennungsurteil

an. Dabei zeigte sich: Mehr als

ein Drittel der getrennten Ehen

hatten 20 Jahre und länger ge-

halten. Knapp 12 % schafften

es hingegen nicht mehr, ihren

fünften Hochzeitstag zu feiern.

Ergo: Die Statistik veranschau-

licht, dass die Wahrscheinlich-

keit einer Trennung um das

„verflixte“ siebte Jahr, aber

auch nach 25 Ehejahren relativ

hoch ist.

Das Durchschnittsalter bei

der Trennung beträgt aktuell

bei den Männern um die 47

Jahre und bei den Frauen um

die 44. Haben beide Ehepartner

allerdings eine ausländische

Staatsbürgerschaft, sinkt die

Zahl der Ehetrennungen rapide.

Bei rund einem Sechstel ist

einer der Partner Ausländer

oder erhielt die italienische

Staatsbürgerschaft erst nach

der Geburt.

Kurz oder lang

Auffallend ist auch, dass den

außergerichtlichen Weg jene

einschlugen, die erst seit kur-

zem oder bereits seit langem

verheiratet waren. „Zu diesem

Zeitpunkt sind Kinder entweder

noch nicht geboren oder bereits

erwachsen und unabhängig,

was Voraussetzung für diese

schnelle, außergerichtliche Auf-

lösung der Ehe ist.“

Eine Besonderheit ist auch,

dass kirchlich geschlossene

Ehen beständiger scheinen und

bei strittigen Trennungen vor

allem die Ehefrauen den Antrag

auf ein gerichtliches Eröffnungs-

verfahren einreichen. Und ob-

wohl seit 2006 das Sorgerecht,

außer in besonderen Härtefäl-

len, auf beide Eltern entfällt,

kommen immer noch vor allem

die Väter für den Unterhalt

ihrer Nachkommen auf. Meist

wird die gemeinsame Wohnung

eher der Frau zugesprochen als

dem Mann, wenn sie nicht zu-

gunsten getrennter Wohnungen

aufgelassen wird.

Auf je 1.000 Hochzeiten kommen 361 Scheidungen.

In Südtirol wird eine von

drei Ehen geschieden

Es muss nicht immer im „verflixten“ siebten Jahr passieren, auch nach 25

Jahre lassen sich noch etliche Ehepaare scheiden. Das zeigt die Erhebung

des Landesinstitutes für Statistik. Jede dritte Ehe scheitert, im Schnitt hält

der „ewige Bund fürs Leben“ aber fast 17 Jahre. Kirchlich geschlossene

Ehen scheinen mehr Bestand zu haben als rein standesamtliche.

Wechselnde Lebensgewohnheiten und gesellschaftliche Strukturen tragen zu einer höheren

Scheidungs- und Trennungsrate bei.