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TRANSGENDER

PUSTERTALER VOLLTREFFER

JULI/AUGUST 2016

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Fynn oder Leon. Letztendlich

wurden es beide Namen. Als

dritten Namen wählte ich noch

Karl. So hieß mein Großvater“,

lacht der Osttiroler, der noch ein

klinisch-psychologisches Gut-

achten braucht, das er im Sep-

tember bekommen soll, um

seinen Namen auch offiziell än-

dern zu dürfen. Das Makabre:

„Ich erhalte dann für Janine

Maria Lukasser eine Sterbeur-

kunde und für Fynn Leon Lu-

kasser eine Geburtsurkunde mit

einem zusätzlichen Bescheid,

dass ich transsexuell bin. Ich

muss dann meinen Namen auf

allen Dokumente die ich habe,

ändern lassen. Sogar auf allen

Volksschulzeugnissen.“

Es stehen aber noch weitere

steinige Wege bevor: nämlich

geschlechtsangleichende Ope-

rationen, die schon im Vorfeld

viel Aufwand und Belastung

bedeuten. Nicht nur in körper-

licher Hinsicht, sondern auch in

psychischer.

„Kein Zurück mehr“

So braucht es nicht nur etliche

Gutachten vom Psychiater und

Psychologen, sondern auch 25

Gesprächstherapiestunden, mit

denen Fynn vor einigen Wochen

begann. „Um festzustellen, wie

auch gleich Eierstöcke und

Gebärmutter gemeinsam ent-

nommen. Ich freue mich schon

so sehr auf den Moment, an

dem ich oben ,ohne‘ sein

kann.“ Sobald nach ein bis

zwei Monaten die Heilung ab-

geschlossen und Fynn auch

psychisch stark genug ist,

könnte der sehr aufwendige

und schmerzvolle Penoidauf-

bau (Penisprothese) erfolgen.

„Wann ich dies allerdings tat-

sächlich machen lasse, hängt

von den medizinischen Fort-

schritten ab. Es gibt derzeit

noch keine Garantie, dass es

gelingt, und ich möchte danach

nicht unglücklicher sein als

zuvor. Bislang wird ein solcher

Aufbau österreichweit nur in

Graz durchgeführt. Allerdings

erfolgte dies erst knapp zehn

Male dort. In Deutschland lie-

gen zwar Spitzenergebnisse

vor, aber dort wird mir der Auf-

bau nicht bezahlt. Hier in Öster-

reich übernimmt die Kranken-

kasse alle Kosten inklusive

Gutachten, Therapien, sonstige

Operationen, weil Transsexua-

lität offiziell als Krankheit gilt.

Die Gesamtkosten machen so-

viel wie für ein Einfamilien-

haus aus.“

Haut vom Unterarm

Für den Penoidaufbau muss

viel Haut mit Nerven des Unter-

armes entnommen werden, um

daraus einen Penis formen zu

können. Es werden auch zwei

Hodensäcke geformt. In einem

Hodensack befindet sich eine

mechanische Pumpe, im ande-

ren eine Salzlösung. „Mit der

Pumpe kann dann ein Schwell-

körper produziert werden“,

erzählt Fynn, der im Übrigen

schon eine zeitlang das Herren-

klo benutzt. „Ich wurde immer

wieder aus Damenklos raus-

geschmissen. Das war das

Schönste für mich“, strahlt

Fynn. Und im Fitnesscenter

geht er immer öfter in die Her-

renumkleidekabine. „Das hängt

aber davon ab, wer da ist. Nicht

jeder kommt mit mir zurecht.

Allerdings wurde ich auch

schon aus der Damenumkleide

verwiesen.“

Fast täglich Sport

„Ich mache im Fitnesscenter

fast täglich Kraftsport und

freue mich darüber wie die

Muskeln wachsen. Das pusht

mein Ego extrem. Ohne Sport

bin ich grundsätzlich unaus-

stehlich“, erklärt Fynn, der

sich zum diplomierten Fitness-

trainer umschulen lassen will.

„Ich warte noch auf das Okay.

Bislang verdiente ich mein

Geld in Linz als Barkeeper.“

Martina Holzer

ernst ich es mit der Geschlechts-

umwandlung meine. Denn es

gibt dann kein Zurück mehr.“

Doch Fynn ist sich sicher und

nimmt mittlerweile Hormon-

blocker, damit keine weiblichen

Hormone mehr produziert wer-

den. Derzeit trägt er auch eine

Kompressionsweste, damit man

seine weibliche Brust nicht so

sehr sieht. „Wenn alles nach

Plan läuft, bekomme ich für

Mitte nächsten Jahres die Frei-

gabe für Testosteron. Es ändert

sich dann einiges am Körper.

Die Stirn wird höher, es setzt

die männliche Pubertät und

somit der Stimmbruch ein, die

Haare werden dünner und fal-

len vorne aus, Körperbehaarung

stellt sich ein. Die Füße werden

zudem breiter und größer,

ebenso die Hände. Man kann

auch aggressiver werden.“

Brustabnahme

„Nach einem halben Jahr

Testosterongabe darf ich mir

dann die Brust abnehmen las-

sen. Wenn möglich, werden mir

Die frühere kleine Janine und

der heutige Fynn.