TRANSGENDER
PUSTERTALER VOLLTREFFER
JULI/AUGUST 2016
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Es ist vormittags – Fynn (23)
kehrt gerade vom Nachtdienst
beim Roten Kreuz in Linz (OÖ)
zurück in seine Wohnung am
Stadtrand. Er ist als Rettungs-
sanitäter im Freiwilligendienst
tätig. Seine Ausbildung absol-
vierte er bei der Roten Kreuz-
Bezirksstelle in Lienz. „Damals
noch als Jugendliche Janine
Lukasser“, erzählt er. Mit 19
Jahren brach er die Ausbildung
im „Klösterle“ (Fachschule für
wirtschaftliche Berufe der
Dominikanerinnen) in Lienz
ab und flüchtete nach Ober-
österreich. „Ich hielt es in Ost-
tirol einfach nicht mehr aus.“
Der Leidensdruck zeigte sich
auch an seinen Armen. Überall
Schnitte. „Schon mit 13, 14
Jahren begann ich mich zu rit-
zen. Ich hasste meinen Körper
über alle Maßen und ritzte
sogar in meine Brust, denn ich
konnte sie kaum ertragen. Ich
empfand mich als Abschaum
und fühlte zudem eine solch
extreme Leere, spürte mich
nicht mehr. Wenn Blut floss,
wusste ich, dass ich noch am
Leben bin.“
„Bestrafung“
Und wann immer Fynn eine
schlechte Note in der Schule
bekam, bestrafte er sich mit
Ritzen. „Ich war oft verzwei-
felt, weil ich viel lernte und
sogar Nachhilfe nahm, aber
dennoch keine guten Noten zu-
sammenbrachte. So schaffte
ich in Englisch nicht mal eine
einzige Vier. Zudem war meine
Im falschen Körper
geboren worden zu sein
fühlte sich Janine
Lukasser aus Mittewald
schon lange. Seit jeher
„spürte“ sie sich als
Junge, konnte mit ihren
Gefühlen aber nichts
anfangen. Sie kannte
damals noch keinen
Namen für ihre Trans-
sexualität. Ihr Leidens-
weg war erheblich bis
sie sich entschied, zu
ihrem gefühlten
Geschlecht zu stehen, in
Folge als Mann zu leben
und auch eine Ge-
schlechtsumwandlung
durchführen zu lassen.
„Jetzt bin ich Fynn Leon“
Fynn muss derzeit noch eine Kompressionsbinde tragen.