Stenico:
„Die hohe Anpas-
sungsfähigkeit dieser Mücken-
art erleichtert ihr die Besied-
lungen immer neuer Gebiete.“
Wann wurde sie erstmals in
Europa entdeckt?
Walder:
„Die erste dokumen-
tierte Beobachtung in Europa er-
folgte 1979 in Albanien, wohin
sie mit Warenlieferungen aus
China gelangt war. Die Mücke
etablierte sich in diesem Land.
Dennoch erfolgte vorerst keine
weitere Ausbreitung in Europa.
1990 wurde sie allerdings dann
in Genua beobachtet, 1991 etab-
lierte sich ein weiteres Vorkom-
men südlich von Padua.“
Wie das?
Walder:
„In beiden Fällen
dürften Mückeneier als blinde
Passagiere in gebrauchten Auto-
reifen importiert worden sein.
Bis zum Jahr 2000 verbreitete
sie sich, von der Poebene aus-
gehend über die italienische
Halbinsel. 1996 wurde sie erst-
mals im Trentino und zwar in
einemAltreifendepot in Rover-
eto beobachtet.“
VomAlpenbogen ließ sich die
Mücke auch nicht abhalten?
Walder:
„Nein. Obwohl man
dies bis 2009 glaubte, obgleich
der Vergleich klimatischer
Daten von Städten wie Bozen,
Brixen, Meran, Klagenfurt oder
Lienz schon damals den Ver-
dacht nahe legten, dass sich
diese Mückenart auch in inner-
alpine Täler ausbreiten könnte.
Im September 2010 wurden
dann erstmals Tigermücken in
Bozen nachgewiesen. In den
folgenden Jahren verbreiteten
sie sich im Umland von Bozen
und besiedeln derzeit in relativ
großen Zahlen das gesamte Ge-
biet zwischen Salurn, Brixen
und Meran. Vereinzelt wurden
Exemplare auch in Sterzing, im
unteren Vinschgau sowie in
Bruneck nachgewiesen.“
Interview: Martina Holzer
D
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Wie wird die
Ausbreitung der
Tigermücke
überwacht?
Die Ausbreitung der Tiger-
mücke wurde von 2009 bis
2012 im Rahmen des Interreg-
Projektes VEIT vom Südtiro-
ler Dienst für Hygiene (Dr.
Josef Simeoni) und der in Au-
ßervillgraten angesiedelten
Forschungsgruppe von Dr.
Gernot Walder überwacht, seit
2013 ist in Südtirol das Lan-
deslabor in Leifers (Dr. Al-
berta Stenico) mit der Über-
wachung betraut.
Wie erfolgt das Tigermücken-
Monitoring?
Walder:
„Mit Ovi-Traps
zwischen Salurn und Inns-
bruck sowie entlang des Pu-
stertales bis Lienz. In Osttirol
kommen von Juni bis Oktober
ca. 60 Fallen im Lienzer Tal-
boden und entlang der B100
zum Einsatz. Die Methode ist
denkbar einfach: Die Fallen
sind kleine schwarze Becher,
in denen sich mit Insektiziden
versetztes Wasser sowie ein
Holzstäbchen befindet. Tiger-
mücken nutzen diese Holz-
stäbchen zur Eiablage, auf-
grund der sich im Wasser be-
findlichen Insektizide können
sich die Eier jedoch nicht wei-
terentwickeln. Die Stäbchen
werden in regelmäßigen Ab-
ständen entnommen, mikro-
skopisch kontrolliert und ver-
dächtige Eier durch moleku-
larbiologische Untersuchungen
der Gattung Tigermücke zuge-
ordnet (oder auch nicht).“
Was „gefällt“ der Tigermücke?
Walder:
„Je nach klimati-
schen Bedingungen kann die
Tigermücke von Mitte März
bis in die erste Novemberhälfte
aktiv sein. Zur Eiablage be-
nötigt sie stehende Gewässer
im Freien, die gar nicht beson-
ders groß oder tief sein müssen.
Alte Reifen, Blumentöpfe, Ast-
löcher, Plastikspielzeug oder
Eimer, in denen sich etwas Re-
genwasser sammelt, sind ideal.
Auch Vogeltränken, aufblas-
bare Schwimmbecken, Regen-
tonnen, Gullysiphone oder
Dachtraufen werden gerne ge-
nutzt. Wer also verhindern
möchte, dass sein Garten zum
Mückenparadies wird, sollte
derartige Gebinde nicht im
Freien, verschlossen oder zu-
mindest mit der Öffnung nach
unten aufbewahren, Wasserbe-
hälter regelmäßig, am besten
zweimal pro Woche, reinigen
und alte Flaschen, Dosen, Glä-
ser und Plastiksäcke oder
Autoreifen ordnungsgemäß
entsorgen und keinesfalls unter
freiem Himmel lagern.“
Hat die Tigermücke auch
Fressfeinde?
Walder:
„Ja. Der wichtigste
unter ihnen ist der Marienkäfer,
der bei entsprechendem Ange-
bot eine gesamte Brut inner-
halb mehrerer Tage vernichten
kann. Auch diverse Ameisen-
arten, die Larven anderer Stech-
mücken und Schwimmkäfer
sowie verschiedene Wasser-
schimmelpilze zählen zu ihren
natürlichen Feinden. Wie man
in Südtirol sieht, reichen sie al-
lerdings derzeit in Mitteleuropa
nicht aus, um den Bestand er-
folgreich einzuschränken.“
NATUR
PUSTERTALER VOLLTREFFER
JÄNNER/FEBER 2016
29
Dr. Alberta Stenico.
Dr. Gernot Walder.
cke in Südtirol