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Scholle abzuhalten“.

– Das Bataillon, seit

Februar 1916 nur mehr aus zwei Kompa-

nien bestehend, wurde in die Val di Sole

(Sulzberg) verlegt, in das Gebiet um den

Tonalepass. In der eisigen Höhe von ca.

3.100 Meter toben selbst im Sommer

schwere Stürme und Gewitter. Im berüch-

tigten schneereichenWinter 1916/1917 for-

derten an der Front im Hochgebirge Lawi-

nen mehr Opfer als die Kampfhandlungen.

Am 21. November 1916 starb Kaiser

Franz Joseph, was allgemein zu großer Sorge

Anlass gab. Seine Persönlichkeit wirkte

gleichsam als Klammer im Zusammenhalt

der zahlreichen Kronländer in der durch

äußere Gegner und Nationalitätenstreitig-

keiten im Inneren bedrängten Monarchie.

Der schwierige Dienst im Hochgebirge

in Stellungen teils in vorderster Linie

nahm Ende April 1918 ein Ende. Nachdem

der Bestand des Bataillons Lienz mit sei-

nen inzwischen zwei Kompanien auf 431

Mann zusammengeschmolzen war, wurde

es im Jänner 1917 aufgelöst und in eine

Kompanie umgewandelt, die im Juni 1918

der Standschützengruppe Pustertal unter

dem Kommando des Hauptmanns Vinzenz

Goller unterstellt werden sollte.

Am 1. Mai 1918 erfolgte die Verlegung

nach Calliano nördlich von Rovereto in der

Val Lagarina. Von dort ging es mit Fuß-

marsch ins Passubio-Gebiet, wobei die

Soldaten häufigem Artilleriefeuer ausge-

setzt waren. Sie verharrten dort an der

Seite der Kaiserjäger bis zum Zusammen-

bruch Anfang November 1918 und gerie-

ten in italienische Gefangenschaft.

Auch der bekannteste Standschütze des

Lienzer Bataillons, Karl Achammer

19

,

wurde gefangen genommen und konnte

erst Ende 1919 in die Heimat zurückkeh-

ren. Bis 1926 diente er im ersten Bundes-

heer, trat dann in den Dienst der Stadtver-

waltung in Hall i. T., wo er bis zur Pensio-

nierung im Jahr 1965 als Leiter des

Wirtschafts-, Wohnungs- und Meldeamtes

arbeitete. Militärischen und musikali-

schen Vereinigungen blieb er zeitlebens

verbunden und versah verschiedene hohe

Funktionen. Karl Achammer starb am

OSTTIROLER

NUMMER 11-12/2015

8

HEIMATBLÄTTER

25. Jänner 1985 nachdem er noch ein gro-

ßes Standschützentreffen organisiert hatte.

Der Feldkurat des Lienzer Bataillons,

Kooperator Hermann Sorà, der seine

„Schäfchen“ in diesen schwierigen Zeiten

gut betreut hat, erhielt für seine geschätzte

Arbeit im Sommer 1916 das Geistliche

Verdienstkreuz 2. Klasse am weiß-roten

Band verliehen.

20

Mehrfach berichtete er

über den militärischen Dienst im Hochge-

birge in den „Lienzer Nachrichten“ in

durchwegs beruhigender Weise. Als gutes

Beispiel dafür kann der Kurzbericht vom

„Hochgebirgswinter“ vom 9. März 1917

gelten:

21

„Hier ist es viel angenehmer, als in

Lienz (wo der hochw. Herr vor kurzem auf

Urlaub weilte Anm. d. Red.). Es ist gar

nicht kalt, auch früh und abends nicht,

wenn es nicht stürmt. Mittag‘s ist es sogar

sehr warm. Habe jüngst droben in beiden

Stellungen (über 3000 Meter) Aschen-

weihe mit Einäscherung vorgenommen bei

fleißiger Teilnahme der Standschützen, ein

Memento homo in den Katakomben der

Gletscherwelt! Feuertätigkeit ziemlich

lebhaft, sonst nicht viel los.“

Hermann Sorà zog sich im Klima des

Hochgebirges ein Lungenleiden zu, so dass

er im Herbst 1917 ins Sanatorium nach

Brixen gebracht wurde. Die Zeitung mel-

dete am 27. November

22

, dass das Befinden

des Feldkaplans erfreulicherweise Fort-

schritte mache.

„Immerhin muß eine lange

Ruhezeit vorüber gehen, bis er wieder

dienstfähig sein wird.“

Die Behandlung des

doppelseitigen Lungenspitzenkatarrhs und

der Neurasthenie dauerte bis Ende März

1918.

Nach seinem Einsatz im Weltkrieg kam

Hermann Sorà wieder zurück nach Lienz.

Nach dem tödlichen Bergunfall von Leo-

pold Eisendle (1918) wurde ihm das Be-

nefiziat von St. Michael in Lienz übertra-

gen. Von 1925 bis 1935 wirkte er als Pfar-

rer von Lavant, dann bis 1940 als Pfarrer

von Nikolsdorf. Sein Lungenleiden machte

ihm schwer zu schaffen, so dass er früh-

zeitig in den Ruhestand trat. Am 8. Juli

1945 hat ein Schlaganfall sein fruchtbares

Priesterleben beendet. Seine letzte Ruhe-

stätte fand er im Priestergrab der Pfarre

Nikolsdorf.

Makabre „Weihnachtsgrüsse“ aus der Zeit des Ersten Weltkriegs – als Schmuck hängen

Figurinen feindlicher Soldaten (von links: Frankreich, England, Russland) am Tannen-

zweig, daneben ein militärisches Verdienstkreuz, 1914; Verlag M. Munk, Wien.

(Sammlung Ute Pizzinini, Völs)

Rep.: M. Pizzinini

Anmerkungen:

1

In allen Abhandlungen über die Geschichte Tirols wird

dem Tiroler Landlibell von 1511 mehr oder weniger brei-

ter Raum gewidmet. Hervorgehoben seien: Otto S

TOLZ

,

Wehrverfassung und Schützenwesen in Tirol von den An-

fängen bis 1918, Innsbruck-Wien-München 1960, S. 61-

76; Meinrad P

IZZININI

, 500 Jahre Tiroler Landlibell

1511–2011, Beilage zum Milser Dorfblatt, September

2011, S. 1-8; Martin P. S

CHENNACH

, Das Tiroler Land-

libell von 1511. Zur Geschichte einer Urkunde (Schlern-

Schriften 356), Innsbruck 2011.

2

Aus der Fülle der Literatur über die Tiroler Standschützen

seien die für diesen Aufsatz wichtigsten Veröffentlichungen

angeführt: Osttirol. Festschrift, herausgegeben anlässlich

der Einweihung des Bezirks-Kriegerdenkmales in Lienz,

Lienz 1925; Anton von M

ÖRL

, Standschützen verteidigen

Tirol 1915-1918 (Schlern-Schriften 185), Innsbruck 1958;

Tiroler Standschützen. Vierhundert Jahre Landesverteidi-

gung in Tirol. Katalog der Ausstellung im Gedenken an den

Auszug der Tiroler Standschützen zu Pfingsten 1915 im

Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Juni bis September

1965, Innsbruck 1965; Die Tiroler Standschützen. Das k. k.

Tiroler und Vorarlberger Standschützenkorps 1915-1918.

Katalog der Ausstellung im Kaiserschützenmuseum Inns-

bruck, 15. Mai bis 30. September 1985, Innsbruck 1985;

Wolfgang J

OLy

, Standschützen. Die Tiroler und Vorarlber-

ger k. k. Standschützen-Formationen im Ersten Weltkrieg.

Organisation und Einsatz (Schlern-Schriften 303), Inns-

bruck 1998; Isabelle B

RANDAUER

, Menschenmaterial Sol-

dat. Alltagsleben an der Dolomitenfront im Ersten Welt-

krieg 1915-1917 (NEARCHOS, Band 1), Innsbruck 2007,

S. 23-28; Michael F

ORCHER

, Tirol und der Erste Weltkrieg.

Ereignisse, Hintergründe, Schicksale, Innsbruck-Wien

2014, bes. S. 154-177; Richard P

IOCK

, Die Standschützen

– das „Letzte Aufgebot“, in: Martin Kofler (Hrsg.), Grenz-

gang. Das Pustertal und der Krieg 1914-1918 (TAP-For-

schungen, Band 2), Innsbruck-Wien 2014, S. 104-120.

3

Aussage von Rudolf

VON

P

FERSMANN

in seiner Publika-

tion „Die Entstehung des Standschützenkorps“ von 1932,

zitiert nach F

ORCHER

(siehe Anm. 2), S. 155.

4

H. P., Zur Geschichte der Standschützen Osttirols: 1915,

in: Osttiroler Bote, 30. Jg., 1975, Nr. 18, S. 16.

5

Festschrift 1925 (wie Anm. 2), S. 45-60; J

OLy

, Stand-

schützen (wie Anm. 2), S. 269-277.

6

Festschrift 1925 (wie Anm. 2), S. 60-80; J

OLy

, Stand-

schützen (wie Anm. 2), S. 375-397.

7

Ludwig W

IEDEMAyR

, Weltkriegschauplatz Osttirol. Die

Gemeinden an der Karnischen Front im östlichen Pus-

tertal, Lienz 2007, S. 68-72.

8

Am Sterbebildchen irrtümlich als „Orach“ angegeben!

9

Zitat nach einem Brief von 3. November 1914 nach Wil-

fried K

IRSCHL

, Albin Egger-Lienz 1868 – 1925. Das Ge-

samtwerk, Bd. I, 2. Aufl., Wien-München 1996, S. 264.

10

K

IRSCHL

, Egger-Lienz (wie Anm. 9), S. 266.

11

Brief vom 14. Juni 1915, zitiert nach K

IRSCHL

, Egger-

Lienz (wie Anm. 9), S. 268.

12

Lienzer Nachrichten, 1915, Nr. 52 (16. Juli).

13

K

IRSCHL

, Egger-Lienz (wie Anm. 9), S. 272.

14

Karl K

RAUS

, Von der Propaganda zum Finale. Die öster-

reichischen Künstler und der Erste Weltkrieg, in: Martin

K

OFLER

(Hrsg.), Grenzgang. Das Pustertal und der Krieg

1914-1918 (TAP-Forschungen, Band 2), Innsbruck-Wien

2014, S. 150-162, hier S. 158 f.

15

Walther S

CHAUMANN

, Führer zu den Schauplätzen des

Dolomitenkrieges, 2. Aufl., Cortina d‘Ampezzo 1973,

S. 106 f.

16

Cletus

VON

P

ICHLER

, Die Osttiroler im Weltkriege, in:

Osttirol. Festschrift, herausgegeben anlässlich der Ein-

weihung des Bezirks-Kriegerdenkmales in Lienz, Lienz

1925, S. 33-85, Abschnitt: Chronik des Standschützen-

Bataillons Lienz, S. 45-60, hier S. 46-51.

17

Lienzer Nachrichten, 1915, Nr. 97 (31. Dezember), S. 3 ff

18

Die folgende Zusammenfassung basiert auf P

ICHLER

, Die

Osttiroler im Weltkriege (wie Anm.16), S. 51-59;

[Anonym,] Die Lienzer Standschützen im Felde, in:

Lienzer Nachrichten, 1916, Nr. 33 (25. April).

19

Rolf M

ELLITZER

, Karl Achammer zum Gedenken, in:

Osttiroler Bote, 39. Jg., 1985, Nr. 5, S. 14.

20

Bericht in Lienzer Nachrichten, 1916, Nr. 62 (8. August).

21

Lienzer Nachrichten, 1917, Nr. 19 (9. März).

22

Lienzer Nachrichten, 1917, Nr. 90 (27. November).

IMPRESSUM DER OHBL.:

Redaktion: Univ.-Doz. Dr. Meinrad Pizzinini.

Für den Inhalt der Beiträge sind die Autoren

verantwortlich.

Manuskripte für die „Osttiroler Heimatblät-

ter“ sind einzusenden an die Redaktion des

„Osttiroler Bote“ oder an Dr. Meinrad Pizzinini,

A-6176 Völs, Albertistraße 2 a.