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OSTTIROLER

NUMMER 11-12/2015

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HEIMATBLÄTTER

mehrere Züge, wobei die Mitglieder je

eines Schießstandes einen Zug bildeten.

Dadurch hatten die Züge unterschiedlich

viele Mitglieder. Diese wählten aus ihrer

Mitte den Zugskommandanten; diese Kom-

mandanten wiederum wählten den Kompa-

niekommandanten bzw. Hauptmann. – Im

Baon Lienz wurden zu Kommandanten ge-

wählt Andrä Stotter, Bauer in Patriasdorf,

bei Kompanie I (Lienz), Silvester Etzels-

berger, Bauer in Nikolsdorf, bei Kompanie

II (Nußdorf), Alois Preßlaber, Gastwirt in

Windisch-Matrei, bei Kompanie III (Win-

disch-Matrei) und Johann Ortner, Bauer in

Hopfgarten, bei Kompanie IV (Huben). Als

Preßlaber zum Bataillonskommandanten

gewählt wurde, rückte bei der Kompanie III

Peter Stocker, Tischlermeister in Matrei, als

Kommandant nach. – Daneben bestand die

Wach- und Ersatzkompanie Lienz unter

dem Hauptmann Dr. Anton Wurnig, der

sich um das Schützenwesen im Bezirk ins-

gesamt große Verdienste erworben hatte.

Das Baon Sillian

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mit zunächst 556

Mann bezog das Pustertal zwischen Anras

und Toblach mit Nebentälern ein. Im

Westen schloss sich das Standschützen-

Bataillon Welsberg an.

Während das Baon Sillian bereits im Mai

1915 am Karnischen Kamm eingesetzt wor-

den ist

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, verharrte das Baon Lienz von Mai

bis September 1915 in Reservestellung bzw.

in Bereitschaft. Es bestand nämlich die Be-

fürchtung eines überraschenden italieni-

schen Einfalls. Am 21. Mai marschierte das

gesamte Bataillon zur Pfarrkirche St.

Andrä, wo ein Geistlicher eine aufrüttelnde

Ansprache über die Bedeutung des „letzten

Aufgebots“, seine Pflichten und Aufgaben

hielt. Nach einer Andacht erfolgte die Ge-

neralabsolution für die Soldaten. Die erste

Kompanie besetzte Stellungen auf der

Kerschbaumer und der Leisacher Alm, die

zweite Kompanie Stellungen am Mortbichl

östlich von Thal. Die Kompanien III und IV

hielten sich im engeren Lienzer Raum auf

und wurden zu Wachtdiensten sowie Exer-

zier- und Schießübungen herangezogen.

Als Feldkurat des Lienzer Standschützen-

Baons wurde Hermann Sorà, Kooperator an

der Lienzer Stadtpfarre St. Andrä, einberu-

ßen Begeisterung erfasst und es schwebte

ihm bald nach Ausbruch des Kriegs vor,

eine

„große Schwarte“

zu malen,

„die

größte bis jetzt: ‚Der Krieg 1914‘.

Deutschland-Österreichs Aufmarsch zum

Sturm; in der Mitte foraus

[sic !]

der hl.

Michael, Schwert u. Wage schwingend

(ganz Gold, Harnisch).“

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Aus der überlieferten Korrespondenz

geht hervor, dass der nun 47 Jahre alte

Egger-Lienz Angst hatte, zum Militär ein-

gezogen und eventuell nach Galizien ver-

setzt zu werden. Daher meldete er sich

Ende April 1915 zu den für ihn zuständigen

Bozner Standschützen

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, die zunächst in die

Nähe des Gardasees befohlen wurden. Es

folgte der Aufenthalt in der Bergfestung

Tombio, wo er zu Schanzarbeiten und Tar-

nen der Kasematten eingesetzt wurde. Zum

Zeitpunkt der Kriegserklärung Italiens an

Österreich-Ungarn ist Eggers Dienst als

Landesverteidiger bald schon wieder zu

Ende! Der Festungsarzt stellte Herzbe-

schwerden beim Aufwärtsgehen fest, wes-

halb er nach Bozen beordert wurde. Im Ur-

laub war es ihm möglich, seine nach Bad

Ischl gereiste Familie zu besuchen. Von

dort berichtete er mit dramatisierendem

Unterton der Schwester Maria Egger in

Lienz von seinen Kriegserlebnissen:

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„Ich war mit den Standschützen 14 Tage

bereits in der Feuerlinie in der vordersten

Front auf einer Festung bei Riva, mitten im

Kanonendonner, von unserem Fort wurde

auch geschossen. Die Besatzung, der auch

ich angehörte, hat jedoch nicht einzugrei-

fen gebraucht. Es war aber alles in Bereit-

schaft. Unsere Grenzen sind derart be-

festigt, daß die Walschen niemals herein kön-

nen, ohne immer blutig zurück zu müssen.“

Im selben Brief schreibt er auch, dass er

nun vom Kriegsministerium als künstleri-

scher Beirat im Kriegsfürsorgeamt nach

Bozen abkommandiert werde. Und weiter:

„Habe nur den angenehmsten Dienst

(Civil) und werde nur künstlerisch zu tun

haben. … Ich habe noch acht Tage hier

Urlaub, dann bin ich wieder in Bozen als

Civilist, als welcher ich dem Vaterland

mehr leisten kann.“

fen. Der 32 Jahre alte Geistliche stammte

aus Onach

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bei St. Lorenzen im Pustertal,

war 1906 zum Priester geweiht worden und

hatte bereits in Nikolsdorf, Dölsach, Inner-

villgraten und Toblach als Kooperator ge-

wirkt. Sorà besuchte nun in regelmäßigen

Abständen die vier Kompanien.

Albin Egger-Lienz bei den

Standschützen

Auch der bereits sehr anerkannte Maler

Albin Egger-Lienz zog mit den Stand-

schützen aus, allerdings nicht mit dem

Lienzer Bataillon, sondern mit den

Boznern. Beim Ausbruch des Weltkriegs

hatte Egger seinen Wohnsitz schon lange

nicht mehr in der Stadt Lienz, wenn er

auch öfters seinen Vater Georg († 1907)

und die (Halb-)Schwester Maria besuchte.

Nach Aufenthalten in Wien und Weimar

hatte er sich nach Tirol zurückgezogen und

wohnte nun am Grünwaldhof in St. Jus-

tina, heute Ortsteil von Bozen.

Wie weite Bevölkerungskreise wurde

auch der Künstler zunächst von einer gro-

Vereidigung des Lienzer Standschützen-Bataillons am Feld vor der Kaiser Franz Joseph-

Kaserne, Mai 1915.

(TAP – Sammlung Stadtgemeinde Lienz)

Unbekannter Fotograf

„Maschinengewehr auf 3000 Meter Höhe“, Motiv aus der sechsteiligen Ansichts-

kartenserie, entworfen von Albin Egger-Lienz, 1915, gedruckt 1916.

(Sammlung Ute Pizzinini, Völs)

Rep.: M. Pizzinini