VP 2015 04 - page 13

INTERVIEW
PUSTERTALER VOLLTREFFER
APRIL/MAI 2015
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Anrufe, Kalendereinträge, Noti-
zen und vieles mehr aufzeichnet
und speichert. mSpy kann als
Wanze Konferenzräume belau-
schen, die Position des Handys
via GPS ermitteln und alle Be-
wegungen als Karte aufbereiten.
Die Software wird direkt auf
dem Mobiltelefon installiert.“
Viele sagen: „Ich habe nichts
zu verbergen – also kann jeder
von mir alles wissen.“Was den-
ken Sie darüber?
Hensinger:
„Ja, solange sie
die Folgen der Manipulation
und Überwachung nicht zu
spüren bekommen. Aber diese
Überwachung wird den frei-
heitlichen Geist der früher so-
genannten freien Welt zerfres-
sen, weil die Überwachung es
verhindert, schöpferisch zu
sein. Kreativität verlangt, dass
man sich abweichendes Verhal-
ten erlauben kann, dass man
Fehler machen darf. Wer über-
wacht wird, verhält
sich konform. Das ist
die eigentliche Ge-
fahr der Massen-
überwachung. Sie er-
zieht zur Konformi-
tät. Der Verlust der
Unbefangenheit ist
eine Form der Gefan-
genschaft. Sie ist ein
Verlust der Freiheit.“
Wie schaut es mit
der Strahlenbelas-
tung aus, die von
Smartphones und Tablets
ausgeht?
Hensinger:
„Alle diese neuen
Geräte senden und empfangen
kabellos über gepulste Mikro-
wellenstrahlung, an die unser
Körper nicht adaptiert ist. Bis in
die Mitte der 90er-Jahre war der
Mensch nahezu verschont von
der Umweltbelastung durch
diese nicht-ionisierende Strah-
lung. Heute leben wir in einer
Elektrosmogwolke, verursacht
durch Smartphones, Tablet-PCs,
DECT-Telefone, WLAN, Mobil-
funksendemasten. Weit über
40 Studien allein zu WLAN
weisen inzwischen auf Folgen
unter anderem durch oxidativen
Zellstress, Kopfschmerzen, Kon-
zentrationsstörungen, ADHS,
negative Auswirkungen auf die
Spermien, den Fötus, die Zell-
teilung, Verhalten und Gedächt-
nis, Nervenschädigungen bis
zur Krebspromotion hin. Diese
Gesundheitsgefährdung wird
sträflich unterschätzt. Auf unse-
rer Homepage
funkstudien.de
haben wir dut-
zende Studien eingestellt, die
auf diese Risiken hinweisen.“
Was raten Sie nun?
Hensinger:
„Die Technolo-
gie ist jung, die Erfahrungen
neu. Eltern, Lehrer und Schüler
wurden im Grunde davon über-
rollt und sind überfordert. Die
Überwachung ist derzeit nicht
zu kontrollieren. Wir müssen
sie in das Handeln einbeziehen,
mit den Jugendlichen themati-
sieren, damit sie sich ein Be-
wusstsein über die Bedeutung
der Werte wie Privatsphäre,
Schutz der Unversehrtheit der
Wohnung, Post- und Bankge-
heimnis bilden. Wir müssen die
Politik in die Pflicht nehmen.
Es braucht eine industrieunab-
hängige Erziehung zur Medien-
mündigkeit in der Schule und
dafür ausgebildete Lehrer. Kon-
zepte dafür gibt es. Die kriti-
sche Pädagogik sagt: Medien-
kompetenz beginnt mit Medien-
abstinenz, vor dem zwölften
Lebensjahr keine digitalen Me-
dien. Und wir brauchen ebenso
eine Aufklärung über die ge-
sundheitlichen Risiken durch
die Strahlenbelastung und die
Verwirklichung von alternati-
ven Technologien. Das Smart-
phone sollte man im Leben be-
nutzen wie etwa das Salz beim
Essen. In sehr geringen Dosen
macht es alles schmackhafter.
In höheren Dosen oder gar
als Hauptbestandteil der Nah-
rung ist es schädlich bis töd-
lich.“
Interview: Martina Holzer
Über den Autor
Peter Hensinger, M.A., Jahr-
gang 1948, studierte Germani-
stik, Linguistik und Pädagogik.
Er arbeitete in der Psychiatrie
als Gruppenleiter. Bei der Ver-
braucherorganisation
Dia-
gnose-Funk e.V. ist er Vor-
standsmitglied und Leiter des
Bereichs Wissenschaft, Vor-
standsmitglied im Kreisverband
Stuttgart des Bundes für Um-
welt und Naturschutz Deutsch-
land (BUND). Er ist in Stuttgart
geboren und wohnt dort. Kon-
takt: peter.hensinger@diag-
nose-funk.de
Vorträge mit Peter
Hensinger
Titel: „Digitale Medien – Fas-
zination mit Nebenwirkungen“.
Hensinger referiert zu den
gesundheitlichen und psycho-
sozialen Auswirkungen auf Kin-
der und Jugendliche.
Montag, 27. April,
im Ver-
einshaus
St. Georgen
(20 Uhr).
Donnerstag, 30. April,
in der
Mittelschule
Toblach
(20 Uhr).
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