VP 2015 04 - page 11

INTERVIEW
PUSTERTALER VOLLTREFFER
APRIL/MAI 2015
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der dabei ausgesetzt sind, führt
zudem zu einem Zustand dau-
ernder Überregtheit, zu Stress,
ununterbrochen wird das
Smartphone gecheckt. Wie soll
da Kreativität entstehen?“
Ist das nicht eine zu negative
Sicht der Möglichkeiten, sich
etwa über Facebook mit vielen
Freunden zu vernetzen?
Hensinger:
„Man hat dann
hunderte Freunde im Face-
book. Aber in der Realität kei-
nen richtigen Freund. Viele de-
finieren ihren Selbstwert über
die Zahl ihrer Facebook-
Freunde. Es treibt sie oft eine
Angst vor demAlleinsein. Des-
halb meinen sie, sie müssten
laufend – fast zwanghaft –
checken, ob ein neues SMS
kommt, ob sie gefragt, sprich:
beliebt sind. Statt Facebook-
Likes ist es besser, von An-
gesicht zu Angesicht zu kom-
munizieren. Nur so entwickelt
sich Empathie, also ein Mitge-
fühl und Sozialkompetenz. Der
Psychologe Manfred Spitzer
stellt fest, dass Jugendliche
durch die exzessive Medien-
nutzung in eine soziale Isola-
tion geraten und die Vereinsa-
mung wächst. Gerade in Län-
dern wie etwa Südkorea, wo die
Sättigungsrate an Smartphones
am größten ist, ist die Selbst-
mordrate unter Jugendlichen
besonders hoch.“
Sind die Folgen der virtuel-
len Kommunikation schon er-
forscht?
Hensinger:
„Ja, Prof. Man-
fred Spitzer gibt in seinem
Buch ‚Digitale Demenz‘ den
besten Forschungsüberblick.
Forschungsergebnisse zeigen
auf, dass das Leben in einer
größeren Gruppe die soziale
Kompetenz steigert und zu
einemWachstum der Gehirnre-
gionen führt, die diese soziale
Funktion leisten. Doch bei der
exzessiven Nutzung von digita-
len sozialen Medien wie Face-
book, die ja mit weniger realen
Kontakten einhergeht, kommt
es zu einer Verminderung der
Größe sozialer Gehirnbereiche
bei Kindern und damit zu ge-
ringerer sozialer Kompetenz.
Nachgewiesen ist weiterhin:
Wer schon als Kleinkind viel
Zeit vor dem Bildschirm ver-
bringt, zeigt in der Grundschule
vermehrt Störungen der
Sprachentwicklung und Auf-
merksamkeitsstörung. Eine
Play Station verursacht nach-
weislich schlechte Noten im
Lesen und Schreiben sowie
Verhaltensprobleme in der
Schule. Ein Computer im Kin-
derzimmer wirkt sich negativ
auf die Schulleistungen aus,
und im Jugendalter können In-
ternet und Computer zu einer
Verringerung der Selbstkon-
trolle und zur Sucht führen.“
Befürchten Sie, dass somit
kein kritisches Umweltbe-
wusstsein mehr entsteht?
Hensinger:
„Ja. In einem
Artikel über die Er-
gebnisse einer
Untersuchung in England wird
treffend gefragt: Welche
Chance hat der Umweltschutz,
die Artenvielfalt, die Achtung
vor der Bios-phäre, wenn die
Jüngsten nur noch an Enter-
tainment-Medien kleben und
nicht mehr auf Bäume steigen?
Wenn ihr Bewegungsradius seit
den 1970er-Jahren um 90 % ab-
genommen hat? Wenn nur
mehr ein gutes Drittel (36 %)
der Kinder zwischen acht und
zwölf Jahren einmal in der
Woche außer Haus spielt – nur
mehr jeder Fünfte weiß, wie
das ist, auf einen Baum zu klet-
tern und jedes zehnte Kind
davon überzeugt ist, dass Kühe
Winterschlaf halten.“
Was geht da konkret verlo-
ren?
Hensinger:
„Die kognitive
Fähigkeit, eigenständig Wissen
zu konstruieren. Denn der
Rechner erklärt, wie die Welt
funktioniert. Er spukt profilbe-
zogene Konsum- und Mode-
welten, Film- und Red Bull-
Illusionen aus. Junge Menschen
gebrauchen im Schnitt 150 Mal
ihr Smartphone am Tag. Die
Nutzungszeit geht inzwischen
weit über acht Stunden durch-
schnittlich. Man kann von einer
kollektiven Sucht sprechen. Kli-
niken machen bereits Spezial-
abteilungen dafür auf. In Süd-
korea versucht der Staat bereits
mit der Kampagne 1-1-1 ge-
genzusteuern. Die Jugendlichen
sollen an einem Tag in der
Woche einmal das Smartphone
für eine Stunde ausschalten.“
ns braucht es mehr Sinne
Jugendliche
greifen angeb-
lich 150 Mal am
Tag zum Handy.
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