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ummer

58 - D

ezember

2017

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achrufe

Erinnerung an Sr. Roswitha (Hildegard) Oberlechner

„Hetz kimmt goar die Ober-

lechner Gitsche“ begrüßte

das „Mesner Tonl“ Anton

Webhofer im Sommer 2004

Sr. Roswitha im Gaimberger

Friedhof. Demzufolge hatte

sich Sr. Roswitha mit damals

74 Jahren ein jugendliches

Aussehen bewahrt.

Gleich fand man sich in an-

geregter Unterhaltung über

„frühere Zeiten“. Roswithas

Vater, der Maler Alois Ober-

lechner arbeitete nämlich viel

auch in und um unsere Gra-

fendorfer Kirche, zusammen

mit dem Kunstmaler Karl Un-

tergasser. In den späten 30er-

Anfang 40er Jahren begleite-

ten die Oberlechner Kinder

öfters ihren Vater nach Gaim-

berg und vertrieben sich die

Zeit mit allerhand Spielen.

Erhalten aus dieser Zeit ist

noch ein von Alois Oberlech-

ner „auf die Schnelle“ ge-

malter Kelch auf Pappkarton

anlässlich des vergessenen

Priesterjubiläums von Pfarrer

Josef Koller. Beiden - Ros-

witha und Tonl - war dieses

Ereignis noch in lebhafter Er-

innerung.

Besonders dankbar erzähl-

te Roswitha immer wieder

von einigen Gaimberger und

Thurner Bauernfamilien, die

die Oberlechner Kinder nach

dem frühen Tod der Mutter

sozusagen in „Kost & Lo-

gis“ aufgenommen haben.

In Gaimberg waren das die

„Rohracher Mutter“ Aloisia

Idl, da wurde sie auch in spä-

teren Jahren immer wieder

auch auf die Alm im Debant-

tal mitgenommen, was ihr

besonders gut tat. „Da hab‘ i

wieder Wangelen und Farb‘

gekriegt!“ Beim „Wacht-

lechner“ konnte Milch geholt

werden, beim „Schuster“ war

manchmal Obst aufzuklau-

ben. Interessanterweise er-

wähnte sie auch öfters den

„Tscharnig Bartl und die Lie-

se“, die hätten sie auch einen

Sommer lang mit Mus und

Knödeln „aufgepäppelt“. Es

dürfte das gegen Ende des

Krieges gewesen sein, da in

einer Kammer drei Burschen

einquartiert gewesen sei-

en, die morgens und abends

immer „gemurmelt“ hätten.

Man dachte bereits an eine

„Verschwörung“. Sie ent-

puppten sich aber als slowe-

nische Priesterstudenten, das

„Gemurmel“ war das tägliche

Breviergebet. Spannend war

es immer, Roswitha zuzuhö-

ren. Mit vielen berühmten,

nicht nur geistlichen Leuten

hatte sie es zu tun gehabt,

vieles hat sie bewirkt, man-

che zum Glauben „erweckt“,

mutig und auf eine gewisse

Weise „draufgängerisch“. Ich

kam mit ihr im Jahre 2003

durch P. Alexander Zatyrka

SJ in Kontakt, als sich beide

im Haus Bethanien in Kalk-

sten zu einem Ikonenmalkurs

trafen. Es war dies der Be-

ginn einer herzlichen Freund-

schaft. Zu ihrem 80. Geburts-

tag bekam sie einen Computer

geschenkt, mit erstaunlichem

Geschick fand sie sich schnell

im Internet zurecht. Mit 79

Jahren flog sie nach Mexiko,

um endlich eine Wallfahrt

zur „Guadaloupe“ gemacht

zu haben. Immer wieder bot

sie - auch in Gaimberg - Ein-

führungen in das Ikonenma-

len an, es entstanden dadurch

wirklich sehr schöne „Sakra-

mentalien“. (Eine geweihte

Ikone ist eine Sakramentalie

= von der Kirche geweihte

Gegenstände, wie Öle, Salz,

Wasser, Kerzen, Palmen,

Asche, Kreuze, Rosenkrän-

ze, Medaillen). Sr. Roswitha

hielt sich in den vergange-

nen Jahren öfters zu einem

Urlaub hier in ihrer Heimat

auf, den letzten verbrachte

sie im Juli 2015 bei uns am

„Freimannhof“. Sie beklagte

die zunehmende Einsamkeit,

weil alle ihre Lienzer Freun-

dinnen nach der Reihe „gin-

gen“. Kraft und Trost fand sie

immer im Gebet, nicht selten

wurden per Internet „Sturm-

gebete“ organisiert und mit

Freude deren Erhörung ver-

kündet. Im Kloster des „Gu-

ten Hirten“ in Salzburg war

man bei ihr stets willkom-

men, in ihrer „Werkstatt“ tra-

fen sich „Gott & die Welt“!

Im Frühjahr 2017war bei den

Telefonaten schon ein begin-

nender geistiger Verfall zu

bemerken, wir vereinbarten

aber noch, füreinander „im

Gebet da zu sein“ - sie oben,

ich (noch) hier unten…ein

schönes Vermächtnis!

Es gäbe noch viel zu erzählen

über diese kluge, lebenserfah-

rene, fromme Frau, die mit

ihrer Art der Glaubensver-

kündigung vielen Menschen

Vorbild bleibt und zur Nach-

ahmung einlädt. Sr. Roswitha

verstarb am 19. August 2017;

sie wäre am Fest „Mariä Na-

men“ 12. September 87 Jah-

re alt geworden. Möge die

himmlische Freude ihr Lohn

sein!

E

lisabeth

K

launzer

Sr. Roswiha Oberlechner beim Malen einer Schutzengel-

Ikone im Juli 2015.

Foto: privat

Es war mein Bemühn,

als Knospe zur Sonne zu erblühn,

doch bin ich zu spät gekommen.

Ich blühte, da war es schon Nacht.

Es war mein Bemühn,

für andere wärmend zu glühn,

da war auch die Glut schon verglommen.

Ich habe sie nicht mehr entfacht.

Es war mein Bemühn,

am Seil der Gerechten zu ziehn,

doch reichte die Kraft nicht mehr aus.

Es hat mich auch niemand gestärkt.

Es war mein Bemühn,

um sonnige Plätze im Grün,

da wehte der Schneewind ums Haus.

Mein Frieren hat niemand bemerkt.

Es war mein Bemühn...

Gott hat meinen Willen gekannt

und mir die Verspätung verziehn.

Nun füllt er die offene Hand.

(Anna Weiß)

Verspätungen