OSTTIROLER
NUMMER 3-4/2019
5
HEIMATBLÄTTER
– Hochstein 2.057 m über Gamperl Schi-
hütte 2.041 m und die Bründleralm zum
Rastl 2.403 m. Von 12 Daten sprechen
sechs für Brut wahrscheinlich. Von uns
als alljährlicher Brutplatz betrachtet.
– Tiroler Gailtal, Obertilliach:
20.07.1999: auf dem Steinrastl 2.184 m, 2
singende Männchen und ein weiterer
Vogel
28.05.2000: 3 ex Gesang conny Alm bis
Jochsee
– edelweißwiese NNe Matrei, 2.100 m
06.06.2010: Insgesamt 6 Reviere von
1.900 bis 2.150 m, schwache Gesangsak-
tivität, da verpaart; z. T. warnend, auch
Revierkämpfe. Ausgedehnte SW-expo-
nierte Almweide mit Schafen und Ziegen;
dominant Blaugras, Teilbereiche werden
offenbar regelmäßig gemäht (T. Z
UNA
-
K
RATKy
).
Nikolsdorf bis Lengberg:
15.04.2001: 3 ex mit Gesang;
Matrei – Ort; Wiesen bei Seblas.
01.05.2001: offenbar 2 Brutpaare
Sillian, Heinfels, Tassenbach, Talboden
Tassenbach bis Rabland:
23.04.2000: 6 ex Gesang.
Brut möglich
ist die schwächste Katego-
rie der eingruppierung als Brutvogel.
– Oberlienzer Schwemmkegel: 6 vorlie-
gende Daten lassen Brut noch möglich er-
scheinen. Die Feldlerche wird aber bereits
2003 nur als Durchzügler bezeichnet
(R
AGGeR
et al. 2003). Bei einer Zählung
der Brutpaare im Sommer 1951 wurden
sogar noch 14 Brutpaare ermittelt und
eine Siedlungsdichte von 4,6 Paaren auf
1 km² errechnet (K
üHTReIBeR
1952).
Der Wegzug oder Herbstzug dauert von
September bis November. Der Höhepunkt
liegt in der letzten Oktober-Dekade.
Schlussfolgerung
Unsere Kulturlandschaft verändert sich
meist nach dem Willen des Menschen un-
auffällig. Viele Pflanzen- und Tierarten zei-
gen bedeutende Änderungen in unserer Um-
welt. Die Feldlerche, früher eine häufige, ja
gewöhnliche Vogelart, ist am Oberlienzer
Schwemmkegel als Brutvogel verschwun-
den. Und Äcker, auf denen sie früher ras-
tete, wurden mittlerweile verbaut, etwa die
Mienekugel in Lienz. Auch die Siedlungen
breiten sich aus, Ortschaften wachsen zu-
sammen, und Lebensräume gehen dauerhaft
verloren.
Seit Jahrzehnten ist bekannt, dass die
„charakterarten des Großlebensraumes
Agrarlandschaft – offenes Kulturland über-
proportional gefährdet sind“ (L
eNTNeR
et
al.1994). „Die einst überall in der Schweiz
verbreitete und häufige Feldlerche ist zum
Symbol für den Niedergang der Vögel des
Kulturlandes geworden. Weite Landstriche
hat sie bereits ganz räumen müssen, der Be-
standstrend ist ungebrochen negativ“
(S
cHMID
et al. 2018). Und für Österreich
gilt: „Der Bestandstrend der Feldlerche hat
seit 1998 annähernd linear abgenommen“
(T
eUFeLBAUeR
et al. 2017).
Die Intensivierung der Landwirtschaft ist
unzweifelhaft einer der Gründe für diese
Rückgänge: zu hoher und schneller Pflan-
zenwuchs, übertrieben starke Düngung,
Konzentration auf wenige Kulturpflanzen-
arten, zu viele Pestizide als chemische
Keule. Nach dem Rückgang der Insekten
und Bodenorganismen folgen später jene
Arten, welche auf diese Lebewesen als Nah-
rung angewiesen sind. Zu diesen großen
Verlierern zählen auch die Vögel des Kul-
turlandes und damit auch die Feldlerche.
Doch der Gedanke an weitere Gründe
drängt sich auf. Der Mensch benötigt ener-
gie. Die wird in Stromleitungen herbei
transportiert. „Interessant ist das völlige
Fehlen von Brutnachweisen [der Feldler-
che] im Bereich bzw. entlang von großen
Hochspannungsleitungen“ sowie dass sie
„einen bis 150 m breiten Korridor entlang
von Hochspannungsleitungen unbesiedelt“
ließ (L
eNTNeR
et al. 1994).
Seit über 100 Jahren ist bekannt, dass
viele Zugvögel, auch die Feldlerche, nachts
ziehen und sich an Stromleitungen tödlich
verletzen. Viele solcher Totfunde führten in
den 1930er-Jahren zum Urteil: „Die Tele-
grafendrähte sind wahre Mörder der Vogel-
welt“ (S
cHAcHT
1931). Funde von Kollisi-
onsopfern an Starkstromleitungen belegen
das (H
OeRScHeLMANN
et al. 1988). Und im
Bezirk Lienz erlitten sogar der seltene
Wanderfalke und der Uhu den Stromtod
(M
ORITZ
et al. 2001, M
ORITZ
et al. 2017).
Durch den Ausbau der Windkraft sind
über hunderte von Kilometern Starkstrom-
leitungen erforderlich. Bereits S
cHAcHT
(1931) sammelte 10 Arten, von der Sing-
drossel bis zur Großtrappe. Weitere Groß-
vögel wie Störche, Reiher, Greife und der
Uhu fallen als Kollisionsopfer schnell auf.
Aber Singdrosseln und andere Kleinvögel
werden kaum gefunden. In einem auf dem
Halm stehenden Getreidefeld wird kein
Landwirt eine Suche nach Todesopfern ge-
statten, verständlicherweise. Also bei ver-
unglückten Vögeln eine hohe Dunkelziffer.
Die Windenergieanlagen fordern ihre
Todesopfer in der Vogelwelt. Verunglückte
Feldlerchen sind aufgrund ihrer geringen
Größe schwer zu entdecken. Dennoch
scheint sie in der Kollisionsopferdatenbank
europaweit unter allen gefundenen Kollisi-
onsopfern als zehnthäufigste Art auf (vgl.
Vogelverluste an Windenergieanlagen, zu-
sammengestellt von T. D
UeRR
, Stand
01.2019). Sorgfältige Planungen sowohl
von Windkraftanlagen als auch Stromlei-
tungen sind unter einbindung von experten
daher imVorfeld unverzichtbar, können den
Schaden aber kaum ausgleichen.
Jedem Artenschwund geht ein Indivi-
duenschwund voraus. Das Ausbleiben jeder
Tier- und Pflanzenart beeinträchtigt unser
Ökosystem. Auch die Feldlerche spielt ihre
Rolle im Lebensraum. Und gerade die ganz
gewöhnlichen Allerweltstiere nehmen er-
heblich schneller ab als die stärker im
menschlichen Bewusstsein verankerten
Lebewesen (I
NGeR
et al. 2014).
Damit wir uns auch in Zukunft noch an
dem Gesang der Feldlerche in Osttirol er-
freuen können, ist es dringend geboten, den
Lebensraumverlust zu stoppen, die heute
noch intakten Feldlerchengebiete zu erhal-
ten bzw., wo möglich, auch aufzuwerten
und die Windenergieanlagen und Stark-
stromleitungen durch andere technische
Lösungen zu ersetzen. Durch extensivie-
rung landwirtschaftlicher Flächen, der
Schaffung von Ackerrandstreifen oder Ru-
deralflächen und etwa durch übergang zu
Solarenergie gäbe es viele Möglichkeiten
für lebensraumverbessernde Maßnahmen,
von der nicht nur die Feldlerche sondern
auch andere Tier- und Pflanzenarten der
Kulturlandschaft profitieren würden.
Literatur:
D
AUNIcHT
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Brutvogel-Monitoring. egretta 55: 43-76.
Brutzeitliche Verbreitung der Feldlerche
(
Alauda arvensis
) in Osttirol zwischen 1996
und 2018.
Grafik: Matthias Gattermayr
Feldlerche im typischen Singflug – man be-
achte die weißen äußeren Steuerfedern des
aufgefächerten Schwanzes.
Foto: erich Gasser