CHRONIK
PUSTERTALER VOLLTREFFER
JUNI/JULI 2018
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Ihr Tun beschreiben – das
war zunächst die Aufgabe von
Puristen Steve House, Profi-
bergsteigerin Ines Papert, dem
mit Sauerstoff und Hypoxie-
Zelten agierenden Lukas Fur-
tenbach (Ö), dem spirituellen
Yogalehrer und Alleingänger
Heinz Grill (D) bei der 2. „Ver-
tical Arena“.
Durch den Abend führten der
„bergundsteigen“-Chefredakteur
Peter Plattner und die Osttiroler
Bergführerin und Alpinistin Lisi
Steurer. Doch bald kam die
Hauptfrage an diesem Abend
auf den Tisch: „Wieviele Men-
schenmassen vertragen die
Berge?“ Denn Bergsteigen avan-
cierte zum Breitensport– mit
zwar positiven Folgen für die
Wirtschaft, aber auch negativen
für die Natur. Und nicht nur die
Alpen und das UNESCO Welt-
naturerbe Dolomiten sind in der
Hochsaison überfüllt, sondern
auch andere bekannte Berg-
regionen der Erde.
Besucherlenkung
schützt
Furtenbach, Anbieter von
8.000er Expeditionen, brachte
es sofort auf den Punkt: „Die
Leute sind dort, wo wir ihnen
einen leichten, einfachen Zu-
gang ermöglichen. Besucher-
lenkung schützt Gebiete aller-
dings vor Überfüllung.“ Die
Massen gehen somit dorthin,
wo es Anziehungspunkte gibt
und die Infrastruktur dafür ge-
schaffen wurde. „Dies können
Wanderwege und Klettersteige
genauso wie die asphaltierten
Dolomitenpässe sein. Die
Mehrheit der Menschen sucht
diese Orte, die sie als erlebnis-
orientierte Gesellschaft braucht,
um davon auch auf sozialen
Medien zu berichten.“ Das
Füttern des Egos auf Facebook,
Instagram etc. sieht Furtenbach
im Übrigen auch als Gemein-
samkeit zwischen Touristen
und (Extrem-) Alpinisten am
Berg, die zwar ohne Sauerstoff
auf den 8.000er auskommen,
aber dennoch Teil der Erlebnis-
gesellschaft des 21. Jahrhun-
derts sind.
Chance für die Natur
Christina Schwann, Ökologin
mit Schwerpunkt Regionalent-
wicklung aus Innsbruck, sah in
der Limitation dieser leicht er-
reichbaren Gebiete eine Chance
für die Natur. „Die Regulierung
des Individualverkehrs auf den
Dolomitenpässen ist als längst
überfälliger Schritt zu sehen
und ein Garant für einen lang-
fristig touristischen Erfolg einer
Bergregion. Weniger ist hier
viel mehr.“ Skigebietserweite-
rungen und Heli-Skiing in den
Dolomiten sind hingegen für
die Ökologin ein Dorn imAuge
und würden das Image der Do-
lomiten langfristig schädigen.
Dass viele Touristen als moto-
risierte Eintagsfliegen in die
Dolomiten kommen, um die
Pässe oder den Pragser Wildsee
zu sehen, sei zudem langfristig
v. a. für die Bewohner der Do-
lomitenregionen nicht wün-
schenswert. Kurz vor Mitter-
nacht beendete Lisi Steurer den
Abend. Sie hatte mit dem
Sextner Künstler Felix Tschurt-
schenthaler im Auftrag des
Tourismusvereins das Format
„Vertical Arena“ entwickelt.
„Wieviele Menschen vertragen
die Berge?“
Unter dem Titel „Vertical Arena“ ging im Juni in Sexten eine Veranstaltung
über die Bühne, bei der Top-Alpinisten über ihre Touren berichteten – von
Steve House (USA) über Ines Papert (D) bis hin zu Heinz Grill (D).
Menschenmassen und deren Auswirkungen in den Bergen entwickelte
sich bald zur Hauptfrage.
Einer der Vortragenden war auch Steve House.
Die Osttiroler Bergführerin und
Alpinistin Lisi Steurer.
Podiumsdiskussion, v. l.: Joe Rainer, Christina Schwann, Steve
House, Heinz Grill, Lukas Furtenbach und Ines Papert.