OSTTIROLER
NUMMER 3-4/2018
4
HEIMATBLÄTTER
Vor knapp 70 Jahren ver-
öffentlichte K
üHTREIBER
(1952) „Die Vogelwelt der
Lienzer Gegend“. Heute,
also zu Beginn des 21. Jahr-
hunderts, liegen Berichte aus
späteren Jahren bis 2016 vor.
Dadurch ist ein Vergleich
über einen Zeitraum von
mehr als 60 Jahren möglich.
Wissenswert ist es dabei, ob
sich der Artenbestand ge-
ändert hat und in welcher
Weise.
Gebiet, Material
und Methode
der Untersuchung
Nur das Lienzer Becken
und seine nähere Umgebung
behandelt
K
üHTREIBER
(1952). Hier werden nur
Brutvögel behandelt, die von
den 1950er-Jahren bis in das
Jahr 2016 in osttirol brüte-
ten. Die neuen Berichte bis 2016 beziehen
sich auf den ganzen Bezirk (M
oRITZ ET AL
.
2001; B
AcHLER ET AL
. 2008, 2013; B
AcH
-
LER ET AL
. 2015, 2016). Das ist bei diesem
Vergleich immer zu beachten.
K
üHTREIBER
(1952) liefert Daten aus nur
drei Jahren: 1949, 1950 und 1951. An
Brutvögeln nennt er 122 Arten. Dabei
muss man bei seinen „Erwähnten Arten“
folgende Einschränkungen beachten. Der
Raufußkauz
fehlt in seiner Tabelle, er
nennt ihn aber korrekt Brutvogel. Der
Mit-
telspecht
wird angeführt als „D oder B?“.
Als Brutvogel ist er für osttirol auszu-
schließen.
Sumpf- und Teichrohrsänger
werden als „B?“ angeführt. Brutbestäti-
gung beider Arten erbringt er selber nicht.
Die
Sperbergrasmücke
wird als Brutvogel
angeführt, bezieht sich aber
auf ein Datum aus Kärnten.
Die
Dohle
wird als „früher
Brutvogel“ bezeichnet; sie
„brütet aber auf Schloß Wei-
ßenstein bei Matrei“. Die
Aaskrähe
wird als zwei
Arten gezählt: Raben- und
Nebelkrähe. Die
Grauammer
fehlt in der Tabelle, aber der
Text lautet: „Sommer 1950
auch die Grauammer (an-
scheinend 1 Brut)“.
Ergebnisse
In den sechs Jahrzehnten
gab es 135 Brutvogelarten.
Davon waren 15 nur im 1.
Termin, um 1950, vertreten,
blieben dann aus; im 2. Ter-
min kamen 15 Arten als erstmalige Brut-
vögel neu dazu. Nur um den Vergleich die-
ser beiden kleinen Gruppen geht dieser
Text.
Brutvögel nur um 1950
In geschlossenen Siedlungen: Stadt
Lienz, Dörfer und Kulturgelände des Tal-
bodens wie Nußdorf; heute oft geschlos-
sene Bebauung und Gewerbegebiete. Um
1950 werden noch
Steinkauz
(Schloss
Bruck, Dölsach, Görtschach),
Schleiereule
(Iselsberg, Nikolsdorf),
Gelbspötter
(1951
Lienz, Rindermarkt) und
Gartenbaumläu-
fer
genannt.
Im Kulturgelände des Tal-
bodens gab es damals noch
äcker, Wiesen und Weiden,
bei Dölsach brüteten noch
5 Brutpaare der
Wachtel
. Vom
Rebhuhn
gab es um 1950
noch sehr kleine Vorkommen
an der Sonnseite von ober-
lienz bis Iselsberg. Und eine
Besonderheit dieses Lebens-
raumes bei Thurn, oberlienz,
Görtschach war der
Ortolan
,
„so daß sich das Brutvor-
kommen im Sommer 51 auf
mindestens 30 Paare belief“.
Auf Schloss Weißenstein gab
es eine Kolonie der
Dohle.
Dazu ist aber erwiesen, dass
der letzte Brutplatz der
Dohle
auf Schloss Heinfels im Jahr
1984 verlassen vorgefunden
wurde (M
oRITZ ET AL
. 2014).
Schon damals beklagte
K
üHTREIBER
(1952): „Die
Vogelwelt des Acker- und
Wiesengeländes ist verarmt.“ Und hebt her-
vor: „Von Grafendorf bis Görtschach Reste
bedeutender Laubholzbestände: Alte Stiel-
eichen, Eschen, Nußbäume, Linden. Bei
Nußdorf vereinzelt die Edelkastanie.“ Und
dennoch kommt er gelegentlich ins Schwär-
men, nennt auch andere schöne Brutvogel-
arten: „In diesem hervorragend schönen
Parkgelände findet eine reiche Vogelwelt
geeignete Lebensbedingungen. Nirgends
sind Grau- und Grünspecht häufiger. Hier
lebt der Zwergspecht. Der Wiedehopf brü-
tete im Frühjahr 1951 zwischen Grafendorf
und Dölsach in vier, wahrscheinlich in fünf
Paaren.
Turteltaube
und Baumfalke sind
hier Sommervögel. Häufig läßt sich der
Pirol hören. Hier brütete … früher die
Blau-
racke
, in letzter Zeit allerdings nicht mehr.
Um Görtschach geistert die
Zwergohreule.
“
In den Nadel- und Misch-
wäldern der Schattseite er-
neut der
Fitis
, „für diese Ge-
gend im Lebensoptimum“.
Und von den Wäldern und
Heiden am Fuße der Dolo-
miten wird die
Hohltaube
als
Brutvogel gemeldet und „die
stark geneigten Latschen-
heiden sind Sommeraufent-
halt der
Nachtschwalbe
.“
Am Fuße der Wälder bei
Thurn auch die
Heidelerche.
Soweit K
üHTREIBER
(1952).
Brutvögel um die
Jahrhundertwende
Beim zweiten Termin
kommt der
Bartgeier
als in osttirol zu
erwartender Brutvogel dazu. Beim ersten
Brutversuch 2017 im oberen Tauerntal
wurde die Brut nach der Eiablage ver-
Dieter Moritz – Annemarie Bachler
Brutvogelarten von Osttirol im
langjährigen Vergleich
´
Der Ortolan, heute als Gastvogel eine
große Besonderheit, war in den 1950er-
Jahren ein eindrucksvoller Brutvogel
kleinparzellierter Landwirtschaftsflächen
mit Ackerrainen und Baumgruppen als
Singwarten.
Foto: oliver Stöhr
Die Reiherente besiedelt seit den 1950er-
Jahren den Alpenraum. Seit 2014 ist sie
auch in Osttirol Brutvogel.
Foto: Fotoarchiv Dieter Moritz