Zeit war sie am Ende. Körper-
lich, geistig, seelisch. „Ich saß
oft da mit Tabletten um mei-
nem Leben ein Ende zu berei-
ten. So unglaublich vielfältig
und zermürbend waren meine
Leiden, für welche es nie eine
Behandlung gab.“
Magda suchte seit ihrem 20.
Lebensjahr laufend Ärzte auf,
um wegen ihrer oftmaligen
Muskelschwäche, der ständigen
Müdigkeit, der Blässe im Ge-
sicht, den Ringen unter den
Augen, die unabhängig vom
Schlafpensum auftraten, Hilfe
zu bekommen. Auch wegen der
Depressionen und Ängste, der
raschen Erschöpfung und
schwach ausgebildeten Musku-
latur sowie der Unterzucke-
rung, den Schlafstörungen, dem
enorm schlechten Kurzzeitge-
dächtnis, der Magen-Darm-
Probleme und geringen Leis-
tungsfähigkeit. „Ich habe das
Gefühl, dass ich in all den Jah-
ren Tonnen von Medikamenten
geschluckt habe gegen alles
Mögliche und nichts hat gehol-
fen. Und wenn, dann immer
nur ganz kurz.“
Berufsunfähigkeits-
pension
In ihrem erlernten Beruf als
Gärtnerin konnte sie deshalb
nicht lange arbeiten. „Ich
konnte essen, was ich wollte.
Ständig fühlte ich mich unter-
zuckert. Dann dauerte es nicht
lange und alles brach in mir zu-
sammen. Ich lag kauernd ir-
gendwo auf einer Bank, auf
einer Couch oder am Boden
und wartete bis ich sterbe. Es
zog mir immer mit einem
Schlag meine Kraft und Ener-
gie aus dem Körper.“ Irgend-
wann erholte er sich offenbar
wieder, nachdem sich Magda
von Schokoriegeln bis Trau-
benzucker alles in sich hinein-
gestopft hatte. „Dann konnte
ich schwach, aber doch, wieder
aufstehen. Den Rest des Tages
war ich allerdings für nichts
mehr zu gebrauchen.“
Mit 35 Jahren schickte man
sie in die Berufsunfähigkeits-
pension, nachdem sie sich diese
nach jahrelangem Kampf er-
stritten hatte. „Es war eine Er-
leichterung, machte mich in
Wirklichkeit aber nicht glückli-
cher. Denn meine Leiden waren
weiterhin präsent, und ich
wusste nicht mehr ein noch aus.
Niemand schien mir helfen zu
können.“
Schuldenberg
Mittlerweile hatte sich bei
Magda auch bereits ein satter
Schuldenberg angehäuft. „Da
die Schulmedizin nicht helfen
konnte, ging ich zu Alternativ-
medizinern. Und diese kosteten
für meine Verhältnisse viel
Geld. Aber sie konnten mir eh
nicht helfen. Ich wurde immer
verzweifelter und ungehalte-
ner.“ Dazu kamen viele Strei-
tigkeiten mit Ärzten. „Sie ver-
standen mich einfach nicht,
hörten mir gar nicht richtig zu.“
Erschwerend kam hinzu, dass
Magda viele Medikamente nicht
vertrug. „Wenn ich etwa Antide-
pressiva schluckte, ging bei mir
die Post ab. Furchtbar. Oder nach
der Einnahme von Schmerzmit-
teln fühlte ich mich wie betrun-
ken.“ Auch vertrug sie weder
Kaffee noch Alkohol. „Ich lag
dann tagelang einfach nur im
Bett.“ Auf einen Partner, der sie
in dieser schweren Zeit unter-
stützt, konnte sie nicht zählen.
Dafür dauerten ihre wechselnden
Beziehungen nicht lange genug.
Die Eltern waren ihr auch keine
Unterstützung. „Denn sie ver-
standen überhaupt nicht, wovon
ich redete. Es hieß sehr oft nur:
Reiß’ dich zusammen!“
Sozialer Rückzug
So kam es, dass sich Magda
sozial immer mehr zurückzog,
REPORTAGE
PUSTERTALER VOLLTREFFER
OKTOBER/NOVEMBER 2017
36
Magda H. aus Lienz,
gebürtig in Innichen,
gehört zu den
Menschen, die ein
jahrzehntelanges
Martyrium hinter sich
haben, bis sie Erklärun-
gen für ihren langen
Leidensweg finden.
Sie leidet an einer
Stoffwechselstörung
mit dem Namen
Pyrrolurie. Sie ist keine
Seltenheit, aber noch
viel zu wenig
bekannt.
Der heute 42-Jährigen geht es
von Monat zu Monat besser.
„Ich habe endlich Lebensquali-
tät“, strahlt Magda über beide
Ohren. Noch vor geraumer
„Pyrrolurie machte mi
Magda wusste lange nicht, warum sie an so vielem litt.
Auch Angst und
Depressionen wurden
durch die Pyrrolurie
ausgelöst.