OSTTIROLER
NUMMER 10-11/2017
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HEIMATBLÄTTER
blaues, feines Tuch, silberfarbiges Tuch, je
zwei bis acht Ellen. Tuch steht im unge-
fähren Preise von eineinhalb bis dreivier-
tel Gulden. Dann kommt Samt, Taft
[Sei-
dengewebe],
rotblaues und gestreiftes Sei-
denzeug, Moiré und Seidenkrepton
[Krepp?].
Dann folgen roter, blauer, grüner
Amienz
[ursprünglich in Amiens gewebt],
blauer Troget
[aus Antwerpen?],
brauner
Bombasin
[aus Baumwollgarn],
roter Bar-
can
[aus Kamel- oder Ziegenhaaren],
blauer Bey
[benannt nach der indischen
Stadt Beeder, gestreifter oder karierter
halbwollener Stoff],
blauer Anfänger
[?]
,
grüner Strupp
[Kammgarnstoff],
zum
Preise von 40 kr.
[kr = Kreuzer, 60 kr. er-
gaben einen Gulden = Floren, florenus = fl.,
ursprünglich eine Florentiner Goldmünze]
bis 1 Gulden 10 kr.;
[weiters]
der rote
Scharlatan
[scharlachfarbenes, hellrotes
Tuch],
von dem die Elle
[die Wiener Elle
maß 73,3 cm]
auf 4 fl. 14 kr. zu stehen kam.
Auch größere Mengen Struck war vorhan-
den, damit ist das auch heute noch übliche
Kammgarn gemeint, das heute von den
Bauern als gang und gäbe für Sonntags-
kleidung getragen wird, damals aber
wohl mehr für die Geistlichkeit und den
Schulmeister vorbehalten blieb. Verschie-
dene Cordon sind angegeben, das dürfte
wohl Kattun sein, und hierher gehören die
hübschen Blaudruckmuster, wie sie in den
letzten Jahren wieder nach ganz alten
Modellen für die Osttiroler Trachten her-
gestellt wurden und Gott sei Dank das bäu-
erliche Schürzenzeug mit den ganz unpas-
senden, modernen Mustern etwas ver-
drängten. Gardis
[cardis, von Cardisdistel,
Schafwolle, ursprünglich mit Gespinst der
Distel vermengt]
war eine sehr dauerhafte
Wollware für Schürzen
[stimmt wahr-
scheinlich nicht, laut Originalkommentar
für „Weiberröcke“]
, im Inventar grün,
schwarz und blau vorhanden; grüner und
roter, zwilchgewobener Budl
[dichtes Kö-
pergewebe]
wurde zu schweren Unter-
röcken verwendet. Von blaurotem Damast
[von Damaskus abgeleitet, gemusterter
Stoff aus Baumwolle, Leinen, Seide]
sind
drei Ellen vorhanden, mehrere Stücke Bar-
chent
[grober Stoff aus Baumwolle oder
Leinen]
und sechs verschiedene Arten von
Flanell. Der Erlanger
[aus Erlangen]
für
die wasserdichten Mäntel kostet 1 fl. per
Elle, der schwarze Krainer Rass
[von
Arras abgeleitet, Kittelstoff]
nur 18 kr.
Rass wurde sonst als Hauswebe, Leinen-
zettel mit Wolleeintrag selbst gesponnen
und gewebt. Gestreiftes und geblümeltes
Leiblzeug
[Stoff für Leibln, Mieder-Ober-
teile]
kann man in neun Sorten von 40 kr.
bis zu 1 fl. 25 kr. haben. Dann gibt es noch
teuren grünen Stoff zu 2 fl. 18 kr. die Elle,
gestreiftes und geblümeltes, wollenes Zeug
für Ärmel gibt es und ganz billiges Zeug,
Linzerzeug
[aus Linz]
genannt, zu 14 - 15 kr.
Leinenwebe ist im Inventar fast nichts ent-
halten, das wurde ja alles im Hause ver-
fertigt. Als Zubehörmaterial müssen die
rote, feine Glanzleinwand
[glänzende
Oberfläche],
graue Wachsleinwand
[ge-
wachste Oberfläche]
und Siglleinwand
[Siebtuch, locker gewebt]
angesehen wer-
den. Mühlbeuteltuch
[Beutel, in dem in der
Mühle das Mehl gebeutelt wird]
sind
74 Ellen vorhanden und kostet die Elle 9
kr. Zwei große Stücke Baumwoll- und
Krausflor sind für Halstücher gebraucht
worden, die weder zu Mieder und Schalk
[kurze Jacke der Frauentracht],
noch zum
Ärmelleib
[Oberteil mit Ärmeln]
fehlen
durften. Unter der Verschnürung des Mie-
ders trugen Dirnen und Weiber den Brust-
fleck, ein Dreieck, mit auf Loden gearbei-
tetem Seidenband, das um ein Mittelstück
geblümelten Brokates gefältelt wurde, von
diesen „Brustichern“ sind 15 Stück vor-
handen. Geblümelte Seidenstoffe und Bro-
kate
[reich gemusterte Seiden- und Halb-
seidenstoffe]
sind auch für die Miedergar-
nierung notwendig, solche Miederflecke
sind deren um 1 fl. 30 kr. vorhanden. Von
fingerbreiten, gemusterten, samtartigen
Bändern in rot, grün oder schwarz, die
stellenweise vierfach den Miederbesatz bil-
den, man nannte sie damals Miederara-
mellen
[aramille=Armband, samtartige
Bänder zum Schmuck des Mieders],
sind
Stücke von 33,81 und 102 Ellen vorhan-
den. Das Schnürband, die Nestel, ist rot,
grün oder braun, auch seiden, und kostet
das Stück 10 bis 32 kr. An Seidenbändern
ist ein reiche Auswahl [vorhanden, sie]
wurden zum Kleidschmuck mannigfach
verwendet, mit Seidenbändern wird das
„Glückliche Eltern mit Drillingsbuam“ Um 1870/75.
(„Osttiroler Heimatbuch“, Blatt 406, oben)
Fotograf unbekannt
Bäuerliches Paar aus der Lienzer Gegend in Tracht, Atelierauf-
nahme, um 1880.
(Sammlung Meinrad Pizzinini)
Foto: Georg Egger