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Am 27. Oktober

jährt sich zum fünf-

zigsten Male der

Todestag der in Inns-

bruck

geborenen,

lange Zeit in Wien

und seit 1931/34 bis

zu ihrem Ableben in

Lienz im von der Fa-

milie erbauten Haus

„Erlschütt“ lebenden

„Osttiroler Volks-

schriftstellerin“ Fanny

Wibmer-Pedit, Ehren-

bürgerin ihres Wohn-

ortes seit 1952 und

ausgezeichnet mit

dem Verdienstkreuz

des Landes Tirol

(1967). Ihr nunmehr

ein halbes Jahrhun-

dert zurückliegendes

Ableben ist daher der

Grund, ihrer mit dem

Abdruck zweier zu

Lebzeiten unveröffentlichter Beiträge zur

Volkskunde Osttirols zu gedenken, die aus

ihrem unpublizierten „Osttiroler Heimat-

buch“ stammen, auf das unten noch einzu-

gehen ist.

1

Auf ihr mehrfach dokumentiertes Leben

und Werk sowie die Literatur über sie kann

hier nicht eingegangen werden;

2

es genügt

der Hinweis, dass ihre – 1927 begonnene –

literarische Karriere nach 1945 einen ge-

wissen Bruch erfuhr.

3

Sie publizierte zwar

weiterhin (und noch posthum erschienen

bzw. erscheinen Neuauflagen ihrer Ro-

mane und Erzählungen), doch besagtes

Heimatbuch, ein etwas über fünfhundert-

seitiges Typoskript, umfangmäßig sicher-

lich ihr Hauptwerk, blieb ungedruckt. Sie

hatte es 1945 weitgehend abgeschlossen;

etliche Verweise auf das Ende des Zweiten

Weltkrieges zeigen jedoch, dass sie sich

weiter mit dem Text beschäftigte und wohl

eine Veröffentlichung erhoffte. Noch 1965

kündigte sie in der Wochenzeitung „Ost-

tiroler Bote“ mit demAbdruck eines darin

enthaltenen Kapitels über „Speis [im Ori-

„Trachten“, „Von

Speiß und Trunk und

Arzeneien“, „Laien-

spiel in alter und

neuer Zeit“, „Sagen“

sowie abschließend

„Lieder und Spruch-

gut“. Ein prüfender

Blick auf den Inhalt

zeigte, dass die ers-

ten beiden Haupt-

kapitel wissenschaft-

lich überholt und kei-

neswegs für eine

Edition zu Ehren der

Verfasserin geeignet

waren. Die „Wande-

rungen“ hätten ent-

weder einer Kürzung

oder einer Auswahl

bedurft, sodass nur

die volkskundlichen

Subkapitel zur Aus-

wahl standen. Spe-

ziell im Abschnitt

„Brauchtum“ weht zeitbedingt zum Teil

„völkischer Wind“: germanische Mytholo-

gie, Fruchtbarkeitskulte, Kontinuitätsgläu-

bigkeit und „uralte“ Traditionen als Grund-

prinzipien älterer wie nationalsozialisti-

scher Volkskunde (primär Bauernkunde)

sind allgegenwärtig. Wibmer-Pedit war

keine Wissenschaftlerin, auf greifbare

ältere, zum Teil einseitige volkskundliche

Literatur aus der NS-Zeit angewiesen und

überdies einer aus heutiger Sicht überbe-

tonten Harmonisierung bäuerlichen Lebens

zugetan; das zeigen die dem Heimatbuch

beigegebenen Fotos. Sie stammen von

Friedrich Otto Böhme-Rabus, für den galt,

wie für die im NS-Auftrag fotografie-

rende Bildberichterstatterin Erika Groth-

Schmachtenberger, dass Fotografie zu-

gleich „Wiedergabe der Realität und […]

Konstruktion gewünschter Wirklichkeit“

war.

9

Er war Schriftleiter und gleichfalls

Bildberichterstatter (des Reichspropagan-

daamtes), mit dem sich zwischen April und

August 1944 ein handschriftlicher Brief-

wechsel mit der Literatin entspann, wel-

NUMMER 10-11/2017

85. JAHRGANG

OSTTIROLER

HEIMATBLÄTTER

H e i m a t k u n d l i c h e B e i l a g e d e s „ O s t t i r o l e r B o t e “

Olaf Bockhorn

Fanny Wibmer-Pedit (1890-1967)

Hochzeitsbräuche und Trachten in Osttirol vor 1945

Die Tiroler Schriftstellerin Fanny Wibmer-Pedit, um 1960.

(Sammlung Helga Franz – TAP)

Fotograf unbekannt

ginal Speiß], Trunk und Arzeneien“ ein

baldiges Erscheinen an

4

, das aber ausblieb.

Die Folge war, dass das geplante Buch,

für das die Verfasserin zudem zahlreiche

noch vorhandene Abbildungen vorgesehen

und erworben hatte, mit ihrem gesamten

Nachlass an das Forschungsinstitut Bren-

ner-Archiv der Universität Innsbruck

kam.

5

Erwerbsteil 1 von 1976 umfasst

zwei Kassetten und ist eine Leihgabe des

Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum,

6

Teil 2 – 27 Kassetten und Bibliothek – war

eine Schenkung von Alfons Wibmer im

Jahre 2001; sie beinhaltete auch das „Ost-

tiroler Heimatbuch“.

7

Der Nachlass ist

mustergültig geordnet, betrifft Biographie,

gedruckte und ungedruckte Manuskripte,

Briefe etc. sowie Literatur über sie.

8

Zurück zum Heimatbuch mit seinen vier

Hauptkapiteln 1. „Vor- und Frühgeschichte“,

2. „Laienspiel in alter und neuer Zeit“, 3.

„Wanderungen“ sowie 4. Volkskunde, wie-

wohl die Verfasserin nicht diesen Übertitel

gewählt, sondern lediglich die Unterkapitel

angeführt hat: „Volksschlag“, „Brauchtum“,