REPORTAGE
PUSTERTALER VOLLTREFFER
AUGUST/SEPTEMBER 2017
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Hermann K., gebürtig
in Assling, ist homo-
sexuell. Zu seiner
Neigung traut er sich
aber bis heute nicht
öffentlich zu stehen.
Zu groß ist die Angst
vor Angriffen der
Gesellschaft.
Homosexualität ist seit jeher
Teil menschlichen Sexualver-
haltens. So gab es beispiels-
weise 378 v. Chr. die Militär-
einheit „Heilige Schar“. Sie be-
stand ausschließlich aus
homosexuellen Paaren. Ihr Ein-
satz wurde damit begründet,
dass die 300 Soldaten im Bei-
sein des Liebsten mehr Kampf-
bereitschaft zeigten und dass
sie im Todesfall keine trauern-
den Familien hinterließen.
Acht Prozent
Wie die gleichgeschlechtliche
Orientierung entsteht, wird unter
Wissenschaftlern aber immer
noch unterschiedlich diskutiert.
Auch über die Häufigkeit gibt es
unterschiedliche Aussagen der
Forscher. Geschätzte 8 % der
männlichen Bevölkerung sind
homosexuell. Auch Hermann
K. gehört dazu, der in Assling
groß wurde, aber schon lange in
der Bundeshauptstadt Wien –
wie er sagt – „untergetaucht“ ist.
Denn dort habe er erstmals sich
selbst „entdecken“, sprich, sei-
nen Neigungen auch wirklich
Beachtung schenken können.
„In einem kleinen Asslinger
Dorf war so etwas für mich un-
möglich. Das hätte ich niemals
geschafft“, gibt er zu verstehen.
„Habe als Homosexueller
wenig Selbstbewusstsein“
Der attraktive, smarte und
große Pustertaler wirkt selbstbe-
„Zum öffentlichen Bekennt
Hermann K. wünscht sich, irgendwann den Mut zu finden, sich auch öffentlich zu seiner Homo-
sexualität bekennen zu können.
wusst. „Doch was mei e Homo-
sexualität anlangt, bin ich es
eider gar nicht“, erzählt er. Denn
bis heute habe man es als
Schwuler oft auch in Südtirol
noch schwer. „Vor allem, wenn
man im polizeilichen Dienst ist.
Da hat man echt nichts zu
lachen.“ Deshalb hält er seine
sexuellen Neigungen im Berufs-
leben und Daheim im Pustertal
geheim. „Obwohl ich seit 14 Jah-
ren denselben Partner habe.“ Zu-
sätzlich abgeschreckt, öffentlich
zu seiner Homosexualität zu
stehen, habe ihm das Leid eines
Kollegen, der sich vor einigen
Jahren offen dazu bekannte, sich
zu Männern hingezogen zu füh-
len. „Er ist bis heute Angriffen
seiner Kollegen ausgesetzt. Man-
che wollen mit ihm gar nicht ge-
meinsam imAuto fahren. Sie be-
fürchten, dass er sie anfassen
könnte“, ärgert sich Hermann.
„Meist sehr
zurückhaltend“
„Bis heute glauben viele, dass
schwule Männer total aufdring-
lich seien, was oft überhaupt
nicht der Fall ist. Im Gegenteil.
In Österreich und in Südtirol haben es Homosexuelle bis heute nicht leicht.