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NACHRUF

PUSTERTALER VOLLTREFFER

AUGUST/SEPTEMBER 2017

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Genau unter seiner Darstellung

des Auferstandenen an der Kir-

chenmauer wollte der berühmte

Maler seine ewige Ruhe finden.

Dieser Wunsch wurde ihm er-

füllt. Deshalb führte der Trauer-

zug von der Wieser Kapelle in

Kartitsch die Straße hinauf auf

den Friedhof von St. Oswald.

Nach der Messe wurde Kollrei-

der beigesetzt – im Beisein von

Schützenkompanie und Musik-

kapelle, Verwandten, Freunden,

Bekannten und Verehrern.

In der Wieser Kapelle hatte er

seine ersten Bilder geschaffen:

Sein Altargemälde dort zeigt die

Heilige Anna mit der Muttergot-

tes – und der Kreuzweg in der

Kirche von St. Oswald stammt

ebenfalls von ihm.

„Zum Mesner“

Kollreider wurde am 27. Jän-

ner 1922 als Jüngstes von sechs

Kindern „zu Mesner“ in St. Os-

wald (Kartitsch) geboren. Die

klein-bäuerliche Familie war ge-

prägt von Arbeit, Dorf und

Kirche, in der sie seit Jahrhun-

derten den Mesner stellte. Nach

dem Ersten Weltkrieg herrschte

große Armut. „Die katastropha-

len Folgen des Krieges waren

unübersehbar. Schließlich war

St. Oswald bzw. Kartitsch Front-

linie“, so Oswald, Neffe des Ver-

storbenen. Nach der Volksschule

besuchte der Jüngste der Familie

die allgemeine Fortbildungs-

schule in Kartitsch bis zum

Sommer 1939.

Weil er bei den Zusammen-

künften der Hitlerjugend häufig

zu spät gekommen war, wurde

Kollreider für ein Jahr nach

Frankreich zum Reichsarbeits-

dienst strafversetzt. „Sein Vater

hatte nämlich gemeint, dass der

Ministrantendienst am Sonntag

der HJ-Versammlung vorzuzie-

hen sei“, erinnert sich Neffe

Oswald.

Von Frankreich wurde Koll-

reider nach Klagenfurt versetzt

und war dort Ausbildner. 1943

musste er nach Russland, wo er

im August schwer verwundet

wurde. Er verlor den kleinen

Finger und den Ringfinger der

rechten Hand.

Akademie

Sie wurde dennoch zur Zei-

chen- und Malhand des Künst-

lers, mit der er später seine gro-

ßen Werke schuf. Vom Winter-

semester 1944 bis März 1945

besuchte er als außerordentli-

cher Hörer – da ohne Reifeprü-

fung – die Meisterschule für

Malerei an der Akademie der

Bildenden Künste in Wien. Die

Bombardierung der Akademie

unterbrach sein Studium. Des-

halb ging er nach Innsbruck und

besuchte dort bis 1947 die Zei-

chen- und Malschule von Toni

Kirchmayr. Ab Wintersemester

1947/48 traf man Kollreider

wieder an der Akademie in

Wien an. Er holte die Matura

nach und studierte dann als or-

dentlicher Hörer. Neben der

Ausbildung in Wien war auch

Prof. Oswald Kollreider (95), Strassen, † 19. Juli 2017:

Trotz großer Welterfahrung

blieb er sich immer treu

In seiner Heimatgemeinde Kartitsch wurde Prof. Kollreider zur letzten Ruhe

geleitet. Über dem Grab in St. Oswald wacht an der Kirchenwand sein

selbst erschaffenes Sgraffito des Auferstandenen.

Der Künstler wurde unter seinemWerk an der Kirchenwand in St.

Oswald (Kartitsch) beigesetzt. Dies war sein persönlicher Wunsch.

Fotos: Martina Holzer

Prof. Oswald Kollreider †.