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OSTTIROLER

NUMMER 3-4/2017

5

HEIMATBLÄTTER

fen. Ich werde Ihm Ihre Grüße nächsten

entrichten.

Nachträglich wünsche ich Ihnen alles

Beste zum Jahreswechsel u. zu Ihrer Er-

nennung.

Sie einmal hier zu sehen wird mich sehr

freuen. Hochachtungsvollst Ihr Egger-

Lienz“

32

Der Erste Weltkrieg

Gerade erst ein Jahr wohnte die Familie

Egger in St. Justina bei Bozen, als der

Erste Weltkrieg die Region nicht nur räum-

lich isolierte, sondern auch in ernste wirt-

schaftliche Schwierigkeiten brachte. Der

Kontakt zu potenziellen Käufern wurde

durch den Rückgang von Ausstellungs-

tätigkeiten in den kriegführenden Ländern

stark eingeschränkt, der Transport von Bil-

dern immer schwieriger.

33

Dennoch klingt

aus den Briefen Egger-Lienz‘ in den ersten

Wochen des großen Krieges eine Begeis-

terung, die zweifach begründet sein dürfte.

In deutschen wie in österreichischen Lan-

den herrschte vor allem in den größeren

Städten ein Phänomen vor, das als

„August-Erlebnis“ bezeichnet wird.

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Auf-

gehetzt von Presse und Politikern, sehnte

man eine Entscheidung herbei, die man in

einem kurzen, erfolgreichen Krieg, einer

Art „Strafexpedition“ an Serbien, erhoffte.

Bei Egger-Lienz dürfte jedoch noch eine

weitere Komponente hinzukommen – in

seinen Briefen scheint der Künstler häufig

die Meinung wie auch den Schreibstil der

Gegenseite widerzuspiegeln, wenn auch

seine Orthographie häufig mit diesemAn-

sinnen nicht mithalten kann.

„Lieber Herr Landesgerichtsrat [Breucha]!

Schon oft war ich dran Ihren lieben Brief

zu beantworten, aber die bewegte Zeit - -

Vor allem bitte ich meine herzlichsten

Glückwünsche zum dreizehnten gesunden

Kind, entgegenzunehmen. Insbesondre

aber auch zu dem Glücke welchen Ihnen

eine so treffliche Frau beschert hat.

Für Ihre freundlichen Worte welche Sie

meinem schriftstellerischen Auftreten

gegen den modernen Kunstschwindel,

wiedmen, sage ich Ihnen meinen besten

Dank. Der Krieg wird diese Verflachung

unseres Kunstlebens wie auch vieles an-

dere, beheben, vorausgesetzt daß nicht

unser innerer Feind des ‚Materialismuß‘

schon zu starke Wurzeln geschlagen hat.

Der böße Feind der da so viel Unheil ge-

stiftet hat, wird nicht rasten – darum muß

vor allem die Rasse in Deutschland, front

gegen die Spekulation machen.

Ihre trefflichen Worte welche Sie dem Rin-

gen wiedmen, sind auch ganz die meinen.

Bei tausend Gelegenheiten äußert sich heute

diese große Zeit; wie schiest die Art, die

Freude, die Hoffnung aus allem was man

anschaut, was einem begegnet. Der Gedanke

allein daß Deutschland an der Seite Öster-

reichs, für die Existenz des deutschen Volkes

kämpft, gegen eine dreifache Übermacht, ist

herzerschütternd und die Macht und Genia-

lität mit der Deutschland kämpft, muß auf

der ganzen Welt, den Glauben an die Wahr-

heit, Kunst u. Freiheit wieder neu erwecken.

Es scheint als bediente sich unser ureige-

ner Vater, des deutschen Volkes, um die

Niederträchtigkeit die sich der Welt be-

mächtigte, niederzumachen. Wer kann sich

diesen Empfindungen wiedersetzen der es

mit dem Leben ernst meint? So hat dieses

ungeheure Geschehen mich auch aus mei-

ner Welt gerückt und da ich voraussichtlich

direkt nicht anteilnehmen kann, so will ich

mich im Geiste beteiligen.

Ich habe nämlich vor, ein sehr großes

Bild zu malen, welches den Krieg 1914

(Deutschland u. Österreich Schulter an

Schulter) zum Ausdruck bringen soll. Ich

bin auch bereits am Entwurf.

Mein Cyklus zu welchn 2 Bilder fertig

sind, muß nun kurze Zeit warten. Wenn uns

das gnädige Schicksal im nächsten Jahr

wieder einmal zusammenführen sollte,

werden wir hoffendlich vor der fast ferti-

gen Arbeit stehen und unseren Sieg bei

einem Glas feiern.

Und nun meinen herzlichsten Gruß

wenn ich weiter bin, werde ich wieder was

hören lassen u. die versprochenen Scizzen

auch endlich absenden Ihr Egger-Lienz“

35

Im Dezember 1914 erkrankte Egger

schwer an einer Darmvergiftung und über-

legt, seinen Wohnsitz nach München zu ver-

legen, eine Idee, die wieder verworfen wird.

Ende April 1915 meldet sich der 47-Jährige

zu den Bozner Standschützen, nicht zuletzt,

um einer Einberufung und Verlegung nach

Galizien zu entgehen, um die dortigen mas-

siven Verluste bei den Kaiserjägern auszu-

gleichen. Als Italien am 3. Mai 1915 den

Dreibund mit Deutschland und Österreich-

Ungarn kündigte und am 23. Mai den Krieg

erklärte, war Egger-Lienz schon vereidigt

und an die Südgrenze Tirols versetzt. Gut

zwei Wochen ist der Maler als Soldat an der

Front, bevor er von Dr. Friedrich Plahl,

einem Festungsarzt, auf Grund von „Herz-

beschwerden beim Aufwärtsgehen“ vom

Dienst bei den Standschützen freigestellt

wird.

36

Über seine Erlebnisse berichtet er im

August 1915 an Breucha:

„Sehr verehrter Herr Breucha!

Herzlichen Dank für ihre lieben Zeilen

welche mir immer so ganz meinen Ton tref-

fen.

Letzte Wo-

chen in der

Friedenszeit

– Grußpost-

karte an Jo-

hann August

Breucha mit

den Unter-

schriften von

Albin Egger-

Lienz, Otto

Kunz und

Franz Bunke,

datiert mit

9. Mai 1914.

(Orig. und

Rep. Mu-

seum Schloss

Bruck)

Wenn der Künstler viel zu sagen hatte, konnten auch mehrseitige Briefe, beinahe Aufsätze,

entstehen. – Schreiben an den Landesgerichtsrat Johann August Breucha, datiert mit

St. Justina, Bozen, 10. August 1914.

(Orig. und Rep. Museum Schloss Bruck)