OSTTIROLER
NUMMER 3-4/2017
2
HEIMATBLÄTTER
Eben lese ich die Bestimmung des Rever-
ses wonach die Einsendung desselben mei-
nerseits keinen Zweck hat, da ich das Bild
der Stadt dauernd überlassen will. Albin
Egger-Lienz“
11
Während das von Franz von Defregger
12
zum Einstand zugesagte Bild schon im
Ende 1912 verfassten, ersten Museums-
führer aufscheint, kommt Eggers Bild mit
etwas Verspätung in Lienz an. Im Juni
1913 ist es aber soweit:
„Vor einigen Tagen habe ich ein Bild an
das Lienzer Museum als Beitrag, zu sei-
nem ‚Werden‘ abgeschickt. Im Laufe der
Zeiten werde ich wieder einmal etwas
schicken. Der Titel des Bildes ist: ‚Die
Bergmäher‘
Indem ich Sie Herr Doktor bitte, das
Bild als wohlgemeinte Mithilfe, der Samm-
lung anzugliedern, bin ich mit hochach-
tungsvoller Begrüßung ergebenst Ihr
Albin Egger“
13
Das übersandte Bild – die Bergmäher, 2.
Fassung – wurde zum Grundstock der
heute so bedeutenden Egger-Lienz-Galerie
der Stadt Lienz und stellt wohl auch eines
der bekanntesten Werke des Künstlers dar.
Ein weiterer, über zwei Jahre laufender
Schriftverkehr aus den Jahren 1924 bis
1926 behandelt das Werden eines zweiten,
für den Bezirk Lienz in mehrfacher Hin-
sicht bedeutendes Werks: die Fresken der
Kriegergedächtniskapelle bei der Pfarrkir-
che St. Andrä in Lienz. Das Denkmal für
die Gefallenen des ErstenWeltkrieges sollte
nicht nur Gedächtnisort für die Verstorbe-
nen und Mahnmal des Krieges sein, son-
dern dem durch die Abtrennung Südtirols
von Österreich entstandenen „Osttirol“ ein
neues Selbstbewusstsein verleihen.
„Verehrliches Stadtgemeindeamt Lienz
Hochgeehrter Herr Bürgermeister!
Auf Ihr geschäztes Schreiben vom 29.8.
[1924] beehre ich mich, Ihnen mitzuteilen
daß es mir stehts ein Wunsch war, meiner
lieben Heimatstadt einmal in irgend einer
Weise eine künstlerische Arbeit von meiner
Hand, zu stiften, welche wo öffentlich je-
dermann zugänglich und vor allem einen
heimatlichen hohen Gedanke dienen solte.
Diese Gelegenheit scheint mir gekommen
zu sein, in dem Momente, als Herr Dr.
Garber
14
General Sekrt. des östr. Denk-
malamtes, mir mitteilte daß die Stadtge-
meinde Lienz ein Kriegerdenkmal plane,
und auch frug ob ich an dessen Schaffung
nicht teilnehmen wolle. - -
Ich freue mich nun daß der verehrl. Ge-
meinderat auf die Mitteilung Herrn Dr.
Garbers hin, meine Mitarbeit willkommen
heißt, welche in der Schaffung eines gro-
ßen monumentalen Wandbildes in einer zu
bauenden Denkmalskapelle am alten
Friedhof bestehen soll. Dieses Fresco
widme ich meinen gefallenen Brüdern der
Heimat (im großen Krieg) ohne Entgelt,
nur vom Wunsche beseelt daß das Werk
noch unseren späten Enkeln ein Symbol
unserer Zeit, lebendig bleiben möge.
Auf die Schaffung des Raumes wäre mir
ein Einfluß erwünscht, jedenfalls wäre ein
Rat des bewährten Kunstgelehrten D. Gar-
bers in bezug der Wahl des Architekten
sehr zu wünschen. Alles weitere wird sich
ja später ergeben.
Genehmigen Sie hoch geehrter Herr Bür-
germeister den Ausdruck meiner aufrichti-
gen Wertschätzung. Prof. Egger-Lienz“
Für die Ausstattung der Kapelle konnte
schon früh Egger-Lienz gewonnen wer-
den, welcher sich auch vehement für den
jungen Tiroler Architekten Clemens Holz-
meister
15
einsetzte. In den Briefen teilt
Egger-Lienz Zeitpläne mit, gibt Aufträge
zur Akquisition von Maurern, Stuckateu-
ren und Baumittelbeschaffung und stellt,
als sich der Konflikt um seine Darstellung
des Auferstandenen ergibt, auch Nut-
zungsregeln für die Kapelle bzw. seine
Werke auf, welche letztendlich auch eine
angedachte Entfernung des Werkes ver-
hindern, nicht jedoch ein Interdikt, also ein
Verbot von kirchlichen Handlungen, wel-
ches am 6. Mai 1926 und damit noch
einige Monate vor Eggers Tod in Kraft trat
und bis zum Ende des 20. Jahrhunderts in
Kraft blieb.
16
Kunstkritik
Ein großer Teil von Eggers Briefen han-
delt naturgemäß von Kunst, seien es nun
seine eigenen Werke oder sei es allge-
meine Kunstkritik. Vor allem im Zuge des
sogenannten Hodler-Streits
17
äußerte sich
Egger-Lienz öffentlich zur aktuellen Lage
der Kunstwelt und über seine Einschätzun-
gen von Kollegen. Grundlage dieser Aus-
einandersetzung war eine am 1. Mai 1912
in Dresden eröffnete Kunstausstellung, bei
welcher elf der insgesamt zweiundfünfzig
Säle für monumental-dekorative Malerei
vorgesehen waren. Egger-Lienz war dabei
mit zwölf Bildern am stärksten vertreten,
es wurden jedoch auch Werke von Lovis
Corinth
18
, Max Klinger
19
, Gustav Klimt
20
und eben Ferdinand Hodler ausgestellt,
welcher im Gegensatz zu Albin Egger, als
„monumental“ gelobt wurde – ein Begriff,
den der Tiroler für sich reklamierte. Egger-
Lienz verfasste nun, gemeinsam mit oder
angeleitet durch Otto Kunz, eine Fülle von
Schriften und Artikeln, allen voran den
Aufsatz „Monumentale Kunst“.
21
Diese
Kunstkritik, die Egger-Lienz jahrelang be-
gleiten wird, findet sich auch in Briefen
des Museumsarchivs Schloss Bruck wie-
der. 1915 schreibt er an den Landesge-
richtsrat Breucha
22
in Deutschland:
„Lieber Herr Breucha!
Herzlichen Dank für Ihr liebes Geden-
ken und Wünschen in Ihrem beherzigend-
werten wahren Aufsatze ‚Krieg u. Kunst‘.
Daß Sie auf mein Eintreten für Tiefe u.
Wahrheit in der Kunst, Hodler gegenüber,
hinweisen, ist für mich eine wohltuende
Erfahrung, denn noch finden einige den
Mut u. das Bedürfniß dem faulen Zauber
dieser Scheinkunst offen einzusehen, und
der so idealistisch und ehrlich war, die fal-
schen Götzen zu brandmarken, wird auch
nach dem Kriege zusehen müßen wie an-
dere monumentale Aufträge malen. Ihr An-
deuten, Ihr Wünschen, tut mir in der Seele
wohl und wirkt in seinem gesunden Men-
schentum auf mich, wie ein schönes Bild.
Sehr recht haben Sie auch was Sie über
den Stuck sagen. Das sind alles Schau-
Albin Egger-Lienz schenkt der Stadtge-
meinde für die erste Ausstellung des Mu-
seumsvereins „Aguntum“ das Gemälde
„Der Bergmäher“.
(Orig. und Rep. Museum Schloss Bruck)
„Der
Berg-
mäher“,
2. Fas-
sung,
Ursprung
der
Egger-
Lienz-
Galerie
im
Museum
der Stadt
Lienz.
(Orig.
und Rep.
Museum
Schloss
Bruck)