herrschte reges Treiben, als an
diesem Samstag exakt um
10.25 Uhr ein im überfüllten
Wartesaal zweiter Klasse abge-
stellter Koffer explodierte. 23
Kilogramm Sprengstoff. Ein
Flügel des Bahnhofsgebäudes
200 Verletzte wurden gezählt,
vorwiegend aus Italien.
Krankenwägen fehlten
Ärzte und Krankenschwes-
tern eilten aus dem Urlaub zu
Hilfe. Auf eine solche Katastro-
er die Polizeischule in Triest
absolviert hatte. Es war Ferien-
zeit. Am Hauptbahnhof von
Bologna, einem der wichtigsten
Verkehrsknotenpunkte Italiens,
stürzte über dem Ancona-Chi-
asso-Express auf Gleis 1 und
einem Taxiparkplatz ein. 85
Tote – darunter auch etliche
Kinder und Jugendliche – und
phe war Bologna nicht vorberei-
tet – es fehlten zudem jede
Menge Krankenwägen. In Taxis
und öffentlichen Bussen wurden
Verletzte ins Krankenhaus trans-
portiert. Und mitten in dieser
furchtbaren Tragödie: Giulio.
„Ich war noch fünf Minuten
zuvor dort gewesen, wo die
Bombe explodiert ist – gemein-
sam mit vier Kollegen von mir.
Das Attentat war ein riesiger
Schock“, erinnert er sich. Den
grauenhaften Anblick, der sich
ihm nach der Explosion bot, hat
er noch heute genau im Kopf.
Überall Tote, deren Körper re-
gelrecht zerfetzt waren. „Wir
halfen, wo wir konnten. Der An-
blick war sehr schlimm. Es
kamen zudemAnrufe, dass noch
irgendwo auf dem Bahnhof eine
Bombe versteckt sei. Wir such-
ten wie verrückt danach. “ Die
Meldung stellte sich letztendlich
als falsch heraus. Noch heute fin-
det man Filmmaterial, das nach
dem Terrorakt aufgenommen
wurde, im Internet auf YouTube.
„Man sieht in diesen Filmen
auch mich als jungen Mann.“
Giulio und seine vier Kolle-
gen wurden neu Monate nach
dem Attentat (nach Abschluss
der Ausbildung) versetzt – er
sollte nach Innichen kommen.
Giulio Bovio steckte mit-
ten in der Ausbildung
zum Bahnpolizisten, als
er den Bombenanschlag
auf den Bahnhof
Bologna (1980) nur um
knapp fünf Minuten „ver-
säumte“ und somit dem
Tod entkam. Neun
Monate nach dem
Terrorakt wurde der Süd-
italiener nach Innichen
geschickt, wo er dann
viele Jahre als Bahn-
polizist seinen Dienst
versah. Mittlerweile ist er
in Pension und malt mit
großer Hingabe Bilder,
die sich durch einen
besonders markanten
Stil auszeichnen.
Der ehemalige Bahnpolizist und heutige Maler Giulio Bovio
überlebte den Terroranschlag 1980 in Bologna nur knapp.
Giulio mit Mutter Cristina (†).
Im Alter von 15 Jahren.
PORTRAIT
PUSTERTALER VOLLTREFFER
JÄNNER/FEBER 2017
10
Am ersten Ausbildungstag e
Wenn Giulio Bovio (55) an
den 2. August 1980 denkt, fährt
ihm jedes Mal ein Stich durchs
Herz. „Dieser Tag wurde zu
meinem zweiten Geburtstag“,
erzählt er. Damals hatte er sei-
nen ersten Tag am Bahnhof –
als junger Bursche, der sich
dort zum Bahnpolizisten aus-
bilden lassen wollte, nachdem
Am Fuße des Vesuvs
aufgewachsen
Giulio stammt aus Portici, einer
Stadt mit über 55.000 Einwoh-
nern im süditalienischen Kampa-
nien, die 12 km von Neapel ent-
fernt am Fuße des Vesuvs an der
gleichnamigen Bucht liegt. Giulio
hat noch drei Geschwister, die in
Neapel, Wien und Brescia leben
(zwei weitere sind bereits ver-
storben). „Ich war der Viert-
älteste.“ Der Vater arbeitete als
Postbediensteter, die Mutter war
Hausfrau. Giulio ließ sich vorerst
zum Installateur ausbilden, übte
den Beruf aber nie aus. Nebenher
verdiente er Geld als Bäcker,
Schuhverkäufer oder Super-
markt-Mitarbeiter. Dann wollte er
entweder zur Marine oder zur
Polizei. Letztere nahm ihn als ers-
tes für eine Ausbildung auf. Mit
18 Jahren verließ er Portici.