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INTERVIEW

PUSTERTALER VOLLTREFFER

JÄNNER/FEBER 2017

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mich dann auf nach Äthiopien.

Ich hatte aber keine Ahnung,

was mich dort letztendlich

wirklich erwarten wird.“

Wie war die Reise dann?

Hackhofer:

„Die Freude da-

rüber war sehr groß. Es ging

von Innsbruck über Wien nach

Addis Abeba, wo ich schon

herzlich empfangen wurde.

Diese Millionen-Stadt ist beein-

druckend, Chaos überall. Aber

etwas fiel mir sofort nach drei

Jahren auf: Es entwickelte sich

dort alles weiter, der Straßen-

bau, die Hochhäuser, Geschäfte,

Hotelketten, der Flughafen. Es

wurde mir gesagt, dass Addis

Abeba zum Drehkreuz Afrikas

werde. Es ging dann mit dem

Auto in das südlich gelegene

Soddo in der Provinz Wollaita.

Für die 330 Kilometer braucht

man fast sechs Stunden mit dem

Auto. Es ist sehr anstrengend.

Sehr müde, aber schon mit den

Gedanken beim Brotbacken am

nächsten Morgen, fiel ich dann

ins Bett. Ich war sehr glücklich

dort sein zu dürfen, um etwas zu

bewegen. Aber es war von Be-

ginn an klar, dass alles ohne

elektrische Geräte ablaufen

sollte. Denn so gibt es in Zu-

kunft keine technischen Pro-

bleme, und es kann immer gear-

beitet werden. Strom kommt in

die Bäckerei ohnehin erst ver-

mutlich in zwei Jahren. Zu be-

sorgen waren also nur kleine Sa-

chen wie Messer, eine Waage,

ein paar Behälter und natürlich

das Wichtigste: Mehl und Hefe.

Auch in Äthiopien ist dies alles

kein Problem mehr.“

Wie war der erste Tag in der

Backstube?

Hackhofer:

„Der erste Tag

mit 40 glücklichen, lächelnden

Frauen war aufregend. Nur gab

es ein Problem: Das Befeuern

im Holzofen gelang nicht gut.

Es war zu viel Feuchtigkeit in

den Ziegelsteinen. Wir began-

nen uns dann mit Händen und

Füßen zu unterhalten. Der Teig

wurde vorbereitet. Das Kneten

mit der Hand ist sehr anstren-

gend, und ich dachte, dass ich es

den Hausfrauen erst zeigen

muss. Aber sie konnten es. Das

überraschte mich echt. Ich

brauchte ihnen nur mehr Ab-

läufe erklären: warum eine Frau

schon zwei Stunden vorher den

Ofen befeuern muss, der Teig

gut ausgeknetet wird, Teigruhen

einzuhalten sind, die richtige

Gare abzuwarten ist bevor man

das Brot in den Ofen schiebt …

Der Wille der Frauen, es zu

schaffen, war sehr groß. Denn

sie hatten schon Pläne, jeden

Tag Brot zu backen und es auf

dem Markt zu verkaufen, viel-

leicht auch einmal ein Geschäft

in Soddo zu beliefern.“

Was war noch wichtig?

Hackhofer:

„Gleich wie bei

uns: Nischen zu suchen, damit

man noch einen guten Preis be-

kommt – für ein gutes Brot aus

dem Holzofen. Qualität statt

Masse. Brotbacken mit viel

Liebe und Freude sowie mit nur

Mehl, Wasser, Salz und Hefe

ohne Chemie, dafür mit viel

Handwerk. Es gibt ja dort in

dem Gebiet schon Bäckereien,

die täglich Tonnen von Brot ba-

cken. Unser Brotbacken wurde

jeden Tag besser, wir schafften

es zusammen, ein richtig gutes

Brot herzustellen. Die Woche in

Soddo war für mich jedenfalls

eine aufregende Zeit. Ich werde

das Projekt nun noch weiter be-

obachten und mein Wissen zur

Verfügung stellen.“

Was gehört eigentlich noch

zur Bäckerei?

Hackhofer:

„Das Gesamt-

projekt umfasst noch eine

Mühle und einen Getreidespei-

cher, ein kleines Geschäft, in

dem neben Brot auch Gewürze

verkauft werden, und eine

kleine Küche.“

Wie lange sind Sie in Süd-

tirol bereits selbstständig?

Hackhofer:

„Seit 1988. Mit

30 Mitarbeitern versuche ich

das Bäckerhandwerk leben zu

lassen. Dieser Beruf ist sehr

spannend. Es gibt keinen Tag,

an dem nicht neue Ideen entste-

hen. Neben vier Kindern habe

ich auch eine starke Frau an

meiner Seite. Ich bin glücklich

und zufrieden.“

Interview: Martina Holzer

Wasserversorgung für den Bau der Bäckerei.

Die Bäckerei von außen.

Bäckermeister Hackhofer trug auch mit der riesigen Sachertorte, die verkauft wurde, zur Realisie-

rung des Projektes „Bäckerei für Soddo“ bei.