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PORTRAIT

PUSTERTALER VOLLTREFFER

JÄNNER/FEBER 2017

12

Der 13. Dezember 1980 war

sein erster Arbeitstag in Inni-

chen. „Als ich dort angekom-

men bin, lagen fast zwei Meter

Schnee. Die Zugtüren mussten

dort aufgemacht werden, wo be-

reits ein Durchgang geschaufelt

war. Es schaute wunderschön

aus! Ich hatte zuvor noch nie in

meinem Leben Schnee gesehen,

war sofort verliebt in Innichen

und blieb gerne. Auch am Ski-

fahren und Eislaufen fand ich

großen Gefallen.“ Die Tempe-

raturen waren damals in Inni-

chen allerdings sehr tief.

„Minus 25 Grad war oft jeden

Tag“, erinnert er sich. Auch

daran, dass viele Bewohner die

italienische Sprache noch nicht

beherrschten. „Manchmal sogar

kein einziges italienisches Wort.

Im Gegensatz zu heute, wo sie

Deutsch und Italienisch oft glei-

chermaßen können. Damals

wurden einem Süditaliener wie

mir auch keine Wohnung ver-

kauft. Heute ist das anders.“

Der letzte

Postenkommandant

Giulio war dann als Bahn-

polizist für die Sicherheit auf

der Zugstrecke Vierschach bis

Bruneck zuständig. Aber, weil

Innichen hoch liegt, war es we-

niger Ziel von Verbrechern.“ Es

wurde bei der Bahnpolizei in

Innichen jedoch immer mehr

Personal abgebaut, sodass Giu-

lio letztendlich alleine übrig

blieb. „Ich war dann Posten-

kommandant, zuständig für

mich alleine“, schmunzelt er.

Letztendlich machte das Innen-

ministerium das Büro in Inni-

chen ganz zu. Giulio wurde

dann mit 51 Jahren in den „Ru-

hestand“ geschickt. Seit Feber

2012 ist er somit offiziell in

Pension.

Bereits 1981 hatte er seine

jetzige Ehefrau Andrea (58,

geb. Forcher, Angestellte beim

Wasserwerk) kennengelernt.

„Und seitdem wohne ich in

Lienz.“ Die beiden sind Eltern

von Manuel (31, Unternehmer)

und Daniele (28, Musiker).

Malerei

Wichtige Teile in seinem

Leben sind seit jeher auch die

Musik und die Malerei. Schließ-

lich kommt Giulio aus einer

Familie, wo auch die Kunst zu-

hause war. Ein Verwandter von

ihm war etwa Libero Bovio, ein

Poet, der Anfang des 19. Jahr-

hunderts lebte. So richtig viel

malt Giulio seit 2004. „Damals

brach ich mir beim Skifahren das

Bein und war dann neun Monate

im Krankenstand. In dieser Zeit

bemalte ich jede weiße Fläche in

der Wohnung“, lacht er.

Giulio hinterließ mittlerweile

auch auf vielen Leinwänden

seine Handschrift, die sehr

markant ist. 40 bis 110 Stunden

braucht er für ein Bild. „Das

bedeutet drei bis vier Wochen.“

Er liebt das Detail. Manchmal

braucht er fürs Malen sogar die

Lupe, und die Pinsel sind

hauchdünn. Und in jedem Bild

„versteckt“ er einen „sitzenden

Mann“, sein 2, 3 mm großes

bzw. kleines Markenzeichen.

„Der kleine Mann ist die Seele

des Bildes.“ Und jedes seiner

Bilder beinhaltet eine Meta-

pher. Besonders gerne malt er

Clowns. Die Trennung von

seinen Werken fällt ihm aller-

dings schwer. „Ich sage zu den

Käufern immer: Du kaufst

nicht mein Bild, sondern be-

zahlst mich für meine Schmer-

zen, die ich bei der Trennung

von dem Bild habe“, schmun-

zelt er.

Martina Holzer

„I give you my heart.“

„100 occhi – 100 Augen.“

„Kamelot 20.“

Seit den frühen 80er-Jahren sind Giulio und die Osttirolerin An-

drea glücklich.