„Diese alten Nutztierrassen
haben sich über die Jahrhunderte
perfekt an das karge Leben im
Alpenraum angepasst. Sie sind
robust, anspruchslos und genüg-
sam, weder für Stress noch für
Krankheiten anfällig und eignen
sich hervorragend für die Hal-
tung in den Bergen“, informiert
Brigitte Strauß vom Südtiroler
Landesmuseum für Volkskunde.
Seit Frühling tummeln sich dort
einige Exemplare alter alpiner
Haustierrassen. So begegnet
man nun auf den Wiesen des
Freilichtmuseums zwei haarigen
schwarzen Alpenschweinen, die
mit ihren fünf gefleckten Fer-
keln neben dem Stall in der
Sonne liegen.
Buischele-Rinder
„Die im Museum schon ‚alt-
eingesessenen‘ Pustertaler Sprin-
zen teilen sich nun wiederum
ihre Weide mit den kleineren,
grauen Buischele-Rindern.“ Die
TIERE
PUSTERTALER VOLLTREFFER
AUGUST/SEPTEMBER 2016
24
Eine Reihe von alten Nutztierrassen lebt jetzt im Südtiroler Volkskundemu-
seum Dietenheim – unter anderem das schwarze Alpenschwein, das Ciuta-
Schaf und das Tirolerhuhn. Man will die Wertschätzung und Popularität die-
ser Tiere wieder steigern.
Kurt Kußtatscher, Landschafts-
ökologe, Südtirolvertreter von
„Pro Patrimonio Montano“ und
Bereichsleiter alte Nutztierrassen
im Verein „Sortengarten Südtirol“,
im Interview mit dem „PVT“.
Herr Kußtatscher, auf der Inter-
netseite von „Pro Patrimonio
Montano“ liest man von blauen
(blobn) Ziegen und schwarzen
Schweinen. Gibt es diese über-
haupt?
Kußtatscher:
„Ja. Das Fell der
Blobn Goaß schimmert zwar nur im
Sonnenlicht schwarz-bläulich und ist
aber eher schwarz-grau gefärbt. Das
schwarze Alpenschwein ist aber tat-
sächlich kohlrabenschwarz. Die
dunkle Pigmentierung und das Bor-
stenkleid schützen es vor intensiver
UV-Strahlung auf den Almweiden.
Früher waren diese Tiere auch bei
uns in Südtirol zu Hause, und obwohl
sie schon fast ausgestorben waren,
gibt es sie nun auch bei uns wieder.“
„Ja, es gibt
sie noch!“
Was ist das Besondere an die-
sen Tierarten?
Kußtatscher:
„Sie sind zum Teil
schon seit der Steinzeit oder dem
Mittelalter bei uns beheimatet. Im
Laufe der Jahrhunderte haben sie
sich an die lokalen Klimabedingun-
gen der Gebirgswelt angepasst. Wir
dürfen nicht vergessen, dass damals
keine Futtermittel zu erwerben
waren. Die Tiere wurden nur mit hof-
eigenem Futter gefüttert und sind
somit bestens für eine autarke Berg-
landwirtschaft geeignet.“
Finden sie auch in der moder-
nen Landwirtschaft ihren Platz?
Kußtatscher:
„Das Besondere
aus heutiger Sicht ist natürlich, dass
die Tiere bestens angepasst sind
und deshalb für eine nachhaltige,
wenig intensive Berglandwirtschaft
besonders gut geeignet sind. Die
wertvollen genetischen Eigenschaf-
ten der Tiere ermöglichen eine Hal-
tung mit betriebseigenem Futter in
einer extensiv gepflegten Landwirt-
schaft, ohne dass man mit Fremd-
mitteln deren Überleben sichern
muss.“
Wie kam es zur Zusammen-
arbeit mit dem Volkskunde-
museum?
Kußtatscher:
„Neben dem Ziel,
uns um die Vermehrung der Tiere zu
bemühen, ist es eine wichtige Auf-
gabe unseres Netzwerks, das Ver-
ständnis für den Wert der alpinen Ar-
tenvielfalt zu wecken. Durch die Prä-
sentation
der
Tiere
im
Volkskundemuseum können wir
einem breiteren Publikum zeigen,
dass es diese wertvollen Kulturgüter
auch wirklich noch gibt und hoffen
damit bei den Besuchern Interesse,
Neugierde und Verständnis zu
wecken.“
Alte Rassen rücken in
Die Blobe Goaß besitzt eine dichte Unterwolle.
Die dunkle Pigmentierung und das Borstenkleid der schwarzen und gescheckten Alpenschweine
schützen die Tiere vor intensiver UV-Strahlung.