TIERE
PUSTERTALER VOLLTREFFER
AUGUST/SEPTEMBER 2016
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Frau Schwärzer, oft heißt es,
weibliche Tiere werden
sterilisiert, männliche kastriert.
Schwärzer:
„Das ist ein weit verbrei-
teter Irrglaube. Wahr ist, dass der Un-
terschied zwischen den beiden Ein-
griffen nichts mit dem Geschlecht zu
tun hat. Bei der Sterilisation werden
Eileiter bzw. Samenleiter nur abge-
bunden, bei der Kastration hingegen
werden Eierstöcke bzw. Hoden und
Nebenhoden völlig entfernt. Heute
werden in Südtirol kaum noch Sterili-
sationen durchgeführt, weil die Vor-
teile der Kastration deutlich höher
sind.“
Welche Vorteile hat
die Kastration?
Schwärzer:
„Klarerweise, man muss
sich nicht mehr um den ungewollten
Nachwuchs kümmern, die Lebens-
dauer des Tieres steigt, es gibt keine
schlecht riechenden Markierungen
mehr, das Risiko für hormonelle Er-
krankungen und Viren nimmt ab, we-
niger Aggressivität unter Artgenossen,
folglich weniger Verletzungsgefahr
und nicht zuletzt steigt nach der Ka-
stration auch die Menschenbezogen-
heit. Und entgegen vieler Meinungen
ist es so, dass Katzen auch nach der
Kastration noch Mäuse jagen.“
Die Tierschutzvereine
sind sehr gefordert.
Schwärzer:
„Ja. Die Tierschutzvereine
im ganzen Land sind jedes Jahr – ver-
bunden mit hohen Kosten – tage- und
wochenlang damit beschäftigt, junge
Kätzchen zu pflegen und ein gutes Zu-
hause für sie zu finden. Vorausgesetzt
sie werden nicht bereits vorher ‚ent-
sorgt’. So süß Katzenkinder auch sein
mögen, unkontrollierter Nachwuchs
hat zur Folge, dass immer mehr Tiere
erkranken und bereits im frühen Alter
sterben, herrenlos sind oder in Tier-
heimen oder Pflegefamilien viel zu
lange auf ein geeignetes Zuhause
warten. Viele Tiere bleiben dort bis an
ihr Lebensende. Oft genügt ein kleiner
‚Defekt’ oder die Tatsache, dass sie
nicht mehr ganz jung sind, und schon
sind sie für die Menschen nicht mehr
interessant.“
Welche Vorteile hat es, beim Süd-
tiroler Tierfreundeverein Mitglied
zu werden?
Schwärzer:
„Wir beraten die Bürger
zu Fragen betreffend Haustiere oder
nehmen uns bei Notwendigkeit (im
Todes- bzw. Krankheitsfall des Tier-
halters) der zurückgebliebenen Tiere
an. Man kann natürlich auch Mitglied
werden, um den Verein einfach zu
unterstützen. Das würde uns sehr
freuen. Wir versorgen ja freilebende
Katzen mit tierärztlicher Pflege und
Futter, sorgen für die Sterilisation frei-
lebender Katzen zwecks Einschrän-
kung der Vermehrung und vieles an-
dere mehr.“
Südtiroler Tierfreundeverein:
Aktiv mitarbeiten:
Genau so wich-
tig wie Spenden ist die aktive Mit-
arbeit im Verein. Es gibt viele Tätig-
keitsfelder, in denen man sich en-
gagieren kann: Pflege von
Findeltieren, Betreuung von Katzen-
kolonien, Mithilfe in der PR und
Pressearbeit, Hilfe bei Sekretariats-
arbeiten, Kontrolle/ Einsätze bei di-
versen Veranstaltungen, Sponso-
rensuche…
Der Verein:
Seit den 1980er Jahren
aktiv. Über 1.000 Mitglieder, ange-
schlossene Tierschutzpolizei. Die
Sektion Pustertal gibt es seit heuer.
Aufgaben:
Schutz der Rechte der
Tiere, setzt sich gegen Tierquälerei
und nicht artgerechte Tierhaltung
ein, Sensibilisierung der Bevölke-
rung, Pflege von verletzten, heimat-
losen Tieren, Vermittlung von Tieren,
Betreuung von Katzenkolonien und
Kastration von frei lebenden Katzen.
Julia Schwärzer,
Vorsitzende der
Sektion Pustertal der Tierfreunde
Südtirol, mit Luna.
Im Interview
Tieren
helfen
BUISCHELE-RIND
In Südtirol, Trentino und Bel-
luno wurden mehrere Restbe-
stände des alten Schlages des
kleinwüchsigen Grauviehs ge-
funden, teilweise auf traditionell
verhafteten
Berglandwirt-
schaftsbetrieben, denen ihre Rin-
der sehr am Herzen gelegen
sind. Buischele ist der lokale,
liebkosende Dialektname der
kleinen Kühe im deutschspra-
chigen Verbreitungsgebiet. Das
Grauvieh mit einem Körperge-
wicht von ca. 350 bis 420 kg und
Widerristhöhen von unter 123
cm wurde als autochthoner
Grauvieh-Schlag in diesen stei-
len Bergtälern gezüchtet und
eignet sich vorzüglich für die
Beweidung der steilen, wenig er-
tragreichen Bergflanken und
Alpweiden.
BLOBE GOASS
Die Blobe Ziege ist eine kräf-
tig gebaute mittelgroße bis große
stämmige Gebirgsziege mit ge-
strecktem, geradem Rücken, fla-
chem, langem, breitem Becken
und tiefer Brust. Die Tiere sind
in der Regel behornt, wobei
auch die Geißen ein besonders
kräftiges Horn entwickeln. Es
tritt jedoch auch vereinzelt
Hornlosigkeit auf. Charakteri-
stisch für die Rasse ist die dichte
Unterwolle. Der Körper besitzt
eine einheitlich graue Farb-
zeichnung in unterschiedlichen
Abstufungen, ohne scharf abge-
grenzte Übergänge oder Flecken
(Silbergrau, Hellgrau, Dunkel-
grau bis zum charakteristischen
Blaugrau). Der Name „Blobe“
(tirolerisch für Blau) steht für die
teilweise blaugraue Grundfarbe
der Mantelzeichnung.
SCHWARZES UND
GESCHECKTES ALPEN
SCHWEIN
Nur durch Zufall wurden 2013
auf einem italienischen Lehr-
bauernhof letzte schwarze Velt-
liner Schweine gefunden (auch
Bündner Schweine genannt).
Mit diesen allein hätte man
wegen Inzucht nicht weiter
züchten können, doch mit ge-
zielter Nachsuche konnten zwei
weitere Reliktpopulationen der
schwarzen und gescheckten Al-
penschweine gefunden werden,
nämlich von den gescheckten
Samolaco und den Südtiroler
Schweinen. Engagierte Züchter
aus Südtirol und der Schweiz
bauten die Zucht in Italien neu
auf, die jetzt auch wieder in die
Nachbarländer expandiert.
CIUTA-SCHAF
Es ist das kleinste Schaf im
Alpenraum und blieb in einem
kleinen Seitental des Veltlins er-
halten, wo es fast ganzjährig frei
in Wald und auf Alpweiden lebt.
Der Lebensraum ist sehr hart
und besteht aus dürftigen und
steilen Weiden in Höhenlagen
zwischen 800 bis 2.700 Metern.
Im Winter werden die Tiere für
zwei bis drei Monate in Ställe
genommen und mit etwas Heu
und trockenen Blättern gefüttert.
Auffällig beim Ciuta ist die zie-
genartige Behornung der weib-
lichen Tiere, die nur bei ur-
sprünglichen Schafen auftritt
(auch beim ausgestorbenen Ta-
vetscher Schaf). Zusammen mit
dem Tavetscher im Bündner
Oberland und dem Montafoner
Schaf in Vorarlberg dürfte es ein
direkter Abkömmling des Torf-
schafes sein.
PUSTERTALER
SPRINZEN
Diese Rinderrasse hat ihr Ur-
sprungsgebiet im Pustertal und
in den benachbarten Seitentä-
lern. 1929 wurde ihre Zuchtver-
wendung vom italienischen
Tierzuchtgesetz verboten, das
hätte beinahe zu ihrem Unter-
gang geführt. Doch einigen
Bauern, die die Tiere weiterhin
und heimlich hielten, ist es zu
verdanken, dass die Rasse bis
heute überlebte. In Südtirol gibt
es mittlerweile wieder an die
100 Züchter mit fast 500 Tieren.
Ciuta-Schafe sind die kleinste
Schafrasse im Alpenraum.
Pustertaler Sprinzen.
Foto: Hermann Maria Gasser