gebeten, wie viel von der Strafe dem Sohn
– Johann war gerade einmal sechs Jahre
alt! – überbunden wird. Diese Nachricht
kam postwendend: Der Sohn haftet in vol-
ler Höhe! Es folgten Bittgesuche; die
Strafe wurde zuerst auf die Hälfte, später
auf 100 Gulden reduziert.
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Der kleine Johann wurde offiziell Wirt
unterm Tauern, seine Mutter Anna bewirt-
schaftete die Gastschwaige. In der Hoff-
nung schuldenfrei zu werden, verkaufte sie
eine halbe Schwaige unterem Tauern um
1.600 Gulden.
Als Johann 22 Jahre alt war, trat er erst-
mals als Tauernwirt auf, war dieser Auf-
gabe aber nicht gewachsen. Laufend hatte
er Schwierigkeiten mit den Eigentümern
des bei ihm eingelagerten Salzes. Einmal
waren 27 Zentner eingelagertes Salz nicht
mehr auffindbar, eine Woche später 15
Zentner! Johann brachte ein, dass er irr-
tümlich das Salz nach der „
ringeren Waage
“
eingewogen, und nach der „
schwäreren
Waage
“ hinausgegeben habe und so das
Salzmanko entstanden sei. Die nicht
enden wollenden Schwierigkeiten ließen
den Plan reifen, die Gastschwaige zu ver-
kaufen. 1799 war es dann so weit: Um
12.000 Gulden verkauften Johann und
seine Mutter die Gastschwaige und alle
Anteile an den anderen Schwaigen im Tau-
erntal an Franz Steger. Dieser veräußerte
am 16. August 1800 die Pergerischen
Güter samt Schwaige mit Wirtsgerechtig-
keit an Simon, Rupert und Edmund Riep-
ler um ebenfalls 12.000 Gulden. Diese
Besitzübergänge sind im Kataster 125/1 a
nachzuvollziehen.
Das Matreier Tauernhaus im
19. und 20. Jahrhundert
Die Familie Riepler hatte die Gast-
schwaige von 1800 bis 1847 in ihrem Be-
sitz; anschließend ging das Tauernhaus in
das Eigentum des Johann Senfter über.
Dieser verkaufte nach zwei Jahren an die
Geschwister Peter, Johann und Ursula
Stampfer.
Zwischen 1851 und 1870 bewirtschaf-
tete Sebastian Berger das Matreier Tau-
ernhaus; er war kein direkter Nachkomme
jener Wirtsfamilie namens Perger, die die
Gastschwaige von ca. 1500 bis 1799 be-
saß. 1870 wurden erneut die Riepler Wirte
unterm Tauern; Genoveva Riepler, Tochter
des Andrä Riepler, heiratete 1930 Paul
Brugger. Josef Riepler, Sohn des Andrä,
war verschuldet und musste das Tauern-
haus im Jahr 1940 verkaufen. Käufer war
Paul Brugger, dessen Nachkommen die
„Gastschwaige unterm Tauern“ noch heute
besitzen.
25
Saumwege über den Tauern
Die Tauernübergänge wurden schon in
sehr früher Zeit benutzt; das zeigen Bo-
denfunde, die bis in die Jungsteinzeit zu-
rückreichen.
26
Der aufblühende Handel
forcierte die Überquerungen, wenngleich
diese auch lebensgefährlich sein konnten.
Die Pässe waren deshalb im Winter ge-
schlossen – das höchste Verkehrsaufkom-
men lag zwischen Juni und Oktober.
27
Der Übergang vom
Felber-
ins Tauerntal
war für die Salzburger Fürsterzbischöfe be-
sonders wichtig, denn er verband den Pinz-
gau mit der exponiert liegenden Salzburger
Herrschaft Windisch-Matrei. Vom hohen
und späten Mittelalter bis um 1800 florier-
ten vor allem Salz- und Weinhandel.
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Die
Vereinigung des ursprünglich zum Fürsten-
tum Salzburg gehörenden Gerichtes Matrei
mit Tirol ab 1814 ließ den Felbertauern als
Nord/Süd-Verbindung in die Bedeutungs-
losigkeit sinken. Ideen, dem Felbertauern
die einstige Bedeutung wiederzubringen,
gab es viele; darunter auch den Bau einer
Bahnverbindung oder einer Hochalpen-
straße über den Großvenediger.
29
Das Säumerwesen
Als „Tauernsäumer“ waren oft Bauern
tätig, die damit ein Nebeneinkommen
lukrierten, aber auch Wirte, Kleinhäusler
oder Knechte. Nötig dafür waren ein Pferd
und die Manneskraft; arme Leute säumten
auch mit „Kopfkraxen“. Die Säumer
schlossen sich zu Gruppen zusammen, um
in gefährlichen Situationen rasch gegen-
seitig Hilfe leisten zu können.
30
Die Saumlast, der „
Säm
“, wurde mit drei
Zentnern (150 kg) berechnet. Der Saum
„
in Lageln
“ oder „
nasse Saum
“ bestand
aus zwei Lageln, flache Fässchen, die bei-
derseits am Sattel hingen. Sie wurden
nicht nur für Wein und Branntwein, son-
dern auch für andere Flüssig-Transporte,
z. B. Honig, eingesetzt. Der „Säm“ Wein
wurde zu zwei Yhrn (125,75 Liter) ge-
rechnet, die ein normal großes Pferd tragen
konnte. Kleinere Pferde trugen kleinere
Gebinde, etwa zwei Pitrich zu je 47,157
Liter. Salz wurde in „Fudern“ (konische
Salzstöcke) gesäumt, etwa 90 cm hoch und
115 Pfund schwer. „Trockene Säume“ er-
folgten zu je zwei Ballen, Kisten oder
Bündeln. Neben Salz und Wein wurden
z. B. Getreide, frische oder getrocknete
Früchte, Gewürze, Honig, Essig und Oli-
venöl aus dem Süden eingeführt. Gehan-
delt wurde u. a. mit Metallwaren, ge-
tauscht wurden Wolle und Loden gegen
Wein und Branntwein.
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Einfuhrkontrollen oblagen den örtlichen
Gewalten. Die Kontrolle – vorwiegend von
Wein und Branntwein – erfolgte am Fel-
bertauern in Schößwendt im Felbertal. Ein
Weinschreiber stellte einen Schein aus, in
dem Eintrittsdatum, Name des Säumers und
die Menge eingetragen wurden; er musste
bei der Ausreise wieder abgegeben werden.
Dabei wurde kontrolliert, ob auf der Strecke
etwa Wein „verdunstet“ war.
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Unverzollt
durften nur Vieh und Waren für den Eigen-
bedarf eingeführt werden. 1409 ist eine
Zollstätte in Windisch-Matrei belegt.
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OSTTIROLER
NUMMER 8-9/2015
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HEIMATBLÄTTER
Der aus Berlin stammende akad. Maler Franz Eichhorst auf dem
alten Weg zum Matreier Tauernhaus, gegen 1930.
Foto: Foto Lottersberger (Fotoarchiv der Gemeinde Matrei i. O.)
Der alte Weg zum Matreier Tauernhaus mit der 1635 errichteten
Pestkapelle zur Allerheiligsten Dreifaltigkeit, um 1925.
Foto: Foto Lottersberger (Fotoarchiv der Gemeinde Matrei i. O.)
Die Landeck-Säge im Tauerntal, 1910.
Foto: Foto Lottersberger
(Fotoarchiv der Gemeinde Matrei i. O.)