1 / 8 Next Page
Information
Show Menu
1 / 8 Next Page
Page Background

Schwaighöfe

Schwaighöfe ent-

standen meist in der

ersten Hälfte des

13. Jahrhunderts und

waren ganzjährig be-

wirtschaftet. Waren

sie in zu großer Höhe

angelegt und nicht

rentabel, wurden sie

zu Almen umfunktio-

niert und waren dann

nur mehr im Som-

mer „in Betrieb“. Die

Tauernhäuser Schöß-

wendt, Spital, Ober-

reit und Rain im Fel-

bertal sowie Matrei

im Tauerntal waren

ursprünglich solche

Schwaigen; sie erlang-

ten später die Funktion

von Tauernhäusern

mit allen Rechten

und Pflichten, und

behielten das Prädi-

kat „Schwaige“.

Zweck der Tauernhäuser

Da der Marsch zum Fuß des Berges mit

anschließendemAufstieg bis in Höhen von

2.500 Metern nicht an einem Tag bewältigt

werden konnte, richteten die Salzburger

Fürsterzbischöfe bereits im Mittelalter zum

Schutz der Reisenden und als Zuflucht-

möglichkeit entlang der wichtigsten Han-

delswege die sogenannten Tauernhäuser

ein oder wandelten bestehende Schwaigen

in solche um. Diese Höfe standen nicht auf

Passhöhen, sondern am Talschluss, und

waren letzte Station vor dem kraftrauben-

den Auf- und Abstieg. Säumer und andere

Reisende konnten vor dem Übergang über-

nachten und waren am Morgen ausge-

schlafen und frisch. Der Marsch von Ma-

trei über den Tauern nach Mittersill dauerte

immerhin zirka 14 Stunden.

1

Neben dem karitativen Effekt der Ein-

richtung der Tauernhäuser ergab sich auch

ein wirtschaftlicher: Die Übergangs-Fre-

quenz stieg an und damit auch die Ein-

nahme der Salzburger Fürsterzbischöfe

aufgrund der mit dem Saumhandel ver-

bundenen Mautpflicht.

Pflichten der Tauernwirte

Dazu gehörten: Erhaltung der Saum-

wege, Setzen von Steinpyramiden als

Wegweiser und Errichtung von Schnee-

stangen. Der Matreier Tauernwirt hatte

zudem zwei Zufluchtshäuschen zu be-

treuen und mit Kaminholz zu bestücken;

das eine stand am Göttlichen Stein, das

zweite nahe dem Tauerntörl.

2

Tauernhäuser waren für jeden Fremden

offen zu halten, es war ihm Obdach zu ge-

währen und er war zu

verköstigen, wobei

dies für arme Rei-

sende gratis zu sein

hatte. Die Rettung von

Verirrten und Verun-

glückten, auch Ber-

gung und Transport

von Leichen der auf

den Tauern Verun-

glückten zum nächs-

ten Friedhof sowie

ein christliches Be-

gräbnis waren ebenso

Aufgaben des Wir-

tes. Zur Orientierung

für Wanderer blies

der Wirt am Abend

ein Horn oder läu-

tete eine Glocke. In

einem Erlass des Erz-

bischofs Wolf Dietrich

von Raitenau aus

dem Jahre 1606 heißt

es: „

Item darumb

süllen seu den armen

leuten, die nicht Ze-

rung haben und lon

vermügen, über den Vellrer tawren helfen

und durch gots und der pfründ willen zu

essen geben, und süllen auch den tawrn

bewarn mit zaigern und sölher notdurft.

Item es haben auch vor jarn ir vorvo-

dern ettlich an dem abent innen auf den

ängern unter dem tawren geschriern oder

geplasen ain horn, ob iemand obn an dem

tawern und sich verspatt oder vergangen

hiet, daz si dem herab hülfen, damit das

sohls arms volk an dem tewern nicht abgee

und verderb.

3

Allen diesen Verpflichtungen konnte der

Wirt alleine nicht nachkommen. Er stellte

daher sogenannte Tauernknechte ein, die

alle Gefahren des Überganges, Vorzeichen

herannahender Unwetter kannten und

aufgrund ihrer Erfahrungen die besten Be-

gleiter waren.

4

NUMMER 8-9/2015

83. JAHRGANG

OSTTIROLER

HEIMATBLÄTTER

H e i m a t k u n d l i c h e B e i l a g e d e s „ O s t t i r o l e r B o t e “

Das Matreier Tauernhaus (1.512 m) mit Wirtschaftsgebäude und Kapelle mit Blick auf

den Felbertauern, um 1924.

Foto: Foto Lottersberger, Matrei i. O.

(Fotoarchiv der Gemeinde Matrei i. O.)

Renate Bolda-Hudovernik

Die „Gastschwaige“ unterm Matreier

Tauern und der Saumweg