gefürchteten und verhassten Urbaramt-
mannes von Matrei, Stefan Lantaler, der
sich 1542/43 wegen Betruges, Korruption,
Zinswuchers und Erpressung vor Gericht
verantworten musste. Besonderen Unmut
erregte ein nicht geeichtes Vierlingsmaß,
mit dem Lantaler
„sein eigen Säckl
“ füllte.
Lantaler wurde in allen Punkten schuldig
gesprochen, bekam eine Geldstrafe, deren
Höhe unwesentlich war; härter dürfte ihn
der Verlust seiner Stelle als Amtmann ge-
troffen haben.
1560 werden Vinzenz, Wolfgang und
Blasius (Sohn des Sigmund) als Besitzer
des Gutes Kaltenhaus genannt; Wolfgang
und Blasius auch als Wirte unterm Tauern.
Im selben Jahr übernahm Hans Perger aus
Mittersill, Schwager des Wolfgang Teisl,
Kaltenhaus und Gastschwaige.
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Wolfgang Teisl zog in ein Söllhäusl in
Matrei und verdiente sein Brot als Säu-
mer.
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Er starb 1608.
Hans Perger kam mit Frau Margarethe
und fünf Kindern nach Matrei. Der Wirt
war vermutlich ein unangenehmer Zeitge-
nosse. Immer wieder eckte er an: bei der
Obrigkeit wegen ungebührlichen Verhal-
tens, bei den Nachbarschaften wegen un-
erlaubter Weidenutzung, Einzäunens von
Weideflächen, Schlagens von Erlen usw.
Er starb 1599.
Jakob Perger, Sohn des Hans, wurde nun
Wirt. Ab 1612 trug die Gastschwaige nur
mehr mäßigen Gewinn, und Jakob musste
– um über die Runden zu kommen – Geld
leihen, etwas verkaufen oder Hypotheken
aufnehmen. 1613 war er krank, sah sein
Ende kommen, und schrieb sein Testa-
ment. Er machte seine Söhne Abraham
und Wolfgang zu seinen Erben; die beiden
sollten
„brüderlich und einig“
die Güter
verwalten. Jakob starb im Juli 1629.
Mit der Teilung der Güter zwischen
Abraham und Wolfgang begann der Ab-
stieg der Wirte unterem Tauern. Wolfgang
starb noch vor seinem Vater im Jänner
1626; er hinterließ seine Frau Susanne und
sechs Kinder. Abraham starb im Jänner
1630; zurück blieben seine Frau Maria und
vier Kinder. Die noch unmündigen Nach-
kommen der Brüder erhielten 1630 einen
sogenannten „Mithäuser“: Alban Stainer.
Im „
Zulasskontrakt- und Vertragsbrief“
vom 16. Mai 1630 wird die Übernahme
der Gastschwaige mit sechs Gastbetten
festgeschrieben. Das Bestandsverhältnis
zwischen den Gerhaben der Pergerischen
Kinder und Alban Stainer lief 1638 aus –
Stephan (Sohn des Abraham) und Veit
(Sohn des Wolfgang) waren volljährig und
nun gemeinsam Wirte unterm Tauern.
Die Zusammenarbeit verlief nicht gut.
Es störte Veit, dass die Mutter des Stephan
in der Gastschwaige mitwirtschaftete. Er
beklagte 1646 vor Gericht, dass Stephan
ihn bei der „Führung des Haushaltes“ bei-
seite schiebe. Die Konflikte konnte auch
das Gericht nicht lösen. 1650 kam es
schließlich zum Bruch und zur Teilung der
Güter zwischen Veit und Stephan. Vor
allem die Teilung des Gutes zu Kaltenhaus
war kurios: Das Wohnhaus wurde entlang
des Firstes halbiert!
Stephan erhielt im unteren Teil Küche
samt Gäderl und die halbe Labe, im oberen
Stock Kachlstube mit Kammerl, Kasten
und Söller, unterm Dach, wie „
der First es
scheidet“
den inneren Teil, wobei die
halbe Dachung einzuhalten war; in der
Futterbehausung den oberen Teil samt
Stall und Stadel an der Landstraße und die
daneben liegende Dunglacke, das Höfl
zwischen oberem Futterhaus und Feuer-
behausung, die Wagenhütte, die halbe
Badstube, je die Hälfte von Mühle und
Stampf. Letztere konnten von Stephan am
Montag, Dienstag und Mittwoch benutzt
werden. Alle Wiesen und Äcker, die zum
Gut Kaltenhaus gehörten, der Garten
sowie die Gastschwaige mit Wirtsgerech-
tigkeit gingen an Stephan. Ein- und Aus-
gang musste von beiden benützt werden.
Veit bekam im unteren Teil des Hauses
das dem Hof zugewandte Gewölbe, wo er
sich eine Küche einrichten konnte, und die
halbe Labe. Unterm Dach gehörte der äu-
ßere Teil dem Veit; auch ein Teil der Fut-
terbehausung und der Dunglacke, die halbe
Badstube und der Kasten unter der Land-
straße. Mühle und Stampf durfte Veit don-
nerstags, freitags und samstags benützen.
Das Zusammenleben unter einem Dach ge-
staltete sich vermutlich schwierig, denn
1652 verkaufte Veit seinen Anteil am Gut zu
Kaltenhaus dem Stephan Wohlgemuth, der
als Strohmann für Stephan Perger aufgetre-
ten war. Wohlgemuth verkaufte am selben
Tag die Teile von Kaltenhaus dem Stephan
Perger, und erhielt für die Vermittlertätigkeit
ein Kalb und einen Taler.
Veit verließ mit seiner Familie das Tau-
erntal und zog nach Mittersill, wo er das
Gut „Gartt“ erstand.
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Er starb dort 1692.
Ab 1650 war Stephan Perger alleine
Wirt unterm Tauern. Auch er litt ständig
unter Geldnot. Ansuchen um Steuerbe-
freiung wurden negativ beschieden, die
Auszahlung an die Geschwister war noch
nicht erfolgt, Kredite wurden aufgenom-
men – die Schulden wurden mehr. Doch
der größte Schuldenberg war noch gar
nicht bekannt! Stephan war „Zechprobst“
der St. Laurentius-Kapelle im Schloss
Weißenstein. Als 1691 Michael Perger die-
ses Amt übernahm, standen dort für die
Pergerischen 1.000 Gulden Schulden zu
Buche. Er bat in Salzburg um Schuldener-
lass mit der Begründung, sein Vater sei des
Lesens und Schreibens nicht sehr kundig
und außerdem bereits etwas vergesslich
gewesen! Dort wurde recherchiert und
festgestellt, dass die Schulden wohl durch
Ungeschicklichkeit entstanden waren. Die
Pergerischen wurden als dienstfertig, sehr
beliebt und fleißig beschrieben. Es wurde
ein Nachlass um dreißig bis vierzig Gul-
den erwogen! Michael hatte wohl mit
einem weit höheren Schuldenerlass ge-
rechnet, denn fast zeitgleich kaufte er eine
„Bürger- und Wirtsbehausung“ im Markt
um 1.000 Gulden – die er nicht hatte.
Michael Perger heiratete in zweiter Ehe
1693 die Witwe Maria Rauter, geborene
Aigner, die der sehr wohlhabenden Wirts-
familie Aigner in Abfaltersbach ent-
stammte. Gemeinsam mit ihrem Sohn
Leonhard Rauter verhinderte sie das völ-
lige Verarmen der Familie Perger. Leon-
hard war übrigens Begründer der bekann-
ten Matreier Wirtsfamilie Rauter.
Als Stephan Perger 1699 starb, wurde
Michael Besitzer von Kaltenhaus und der
OSTTIROLER
NUMMER 8-9/2015
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HEIMATBLÄTTER
Eintragung der Abgaben für das Tauernhaus im Urbar der Herrschaft Windisch-Matrei,
1560 (U 62/1, fol. 22‘).
Foto und zur Verfügung gestellt vom Tiroler Landesarchiv, Innsbruck
Besitzübergänge der Gastschwaige 1761,
1781, 1799 und 1800; Kataster von Win-
disch-Matrei 125/1a, fol. 551 (Eintragun-
gen 1729 bis 1804).
Foto und zur Verfügung gestellt vom
Tiroler Landesarchiv, Innsbruck